Thüringer Gesetz zur Erstattung der Mindereinnahmen während der Schließung der Schulen und Kindertageseinrichtungen nach dem Infektionsschutzgesetz

Daniel Reinhardt

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/2602

 

Jedes Kind ist wichtig und die Pandemie nervt uns alle.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Sehr geehrter Herr Präsident – diesmal habe ich darauf geachtet, bei Ihnen nicht die weibliche Grußformel zu nutzen –, werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Kindergärten, Kindertagespflege und Horte, Freie Schulen mit Ganztagsbetreuung sind Bildungseinrichtungen. Es sind Bildungseinrichtungen, in denen unsere Kinder Spielgefährtinnen treffen, sich selbst verwirklichen können, Struktur, Beziehungen und Bildung erhalten. Wir sprechen darüber, welche Belastungen Familien und unsere Kinder in der Pandemie aushalten müssen. Wir sprechen darüber, wie gerecht es ist, dass Eltern Gebühren für Leistungen bezahlen sollen, die sie nicht in Anspruch nehmen konnten, oder aber Gebühren für den Kindergarten zahlen sollen und aufgrund der schlechten Randbetreuung, die wir gerade haben, zusätzlich noch eine Betreuung für ihre Kinder vor Ort zu Hause bezahlen müssen, denn wenn der Kindergarten um 15.00 Uhr schließt, kann man mit einem Vollzeitjob sein Kind eben noch nicht abholen.

 

Das vorliegende Gesetz soll und wird Klarheit schaffen. Es ist flexibel und es ist dynamisch – dynamisch, wie die Entwicklung der Pandemie in unserem Freistaat. In der heutigen zweiten Lesung, nach der Diskussion im Bildungsausschuss, nach vielen Gesprächen liegt nun also ein geeinter veränderter Gesetzentwurf vor. An dieser Stelle möchte ich gern noch mal daran erinnern, dass wir als Linke ein anderes Ziel hatten. Wir als Linke hatten das Ziel, eine pauschale Gebührenübernahme für alle umzusetzen, analog der Schließung im Frühjahr 2020. Das hätte tatsächlich mal den Vorteil gehabt, dass jene Familien, die in der Pandemie die Doppelbelastung haben, also sprich die systemrelevanten Arbeitnehmer/-innen, die arbeiten gehen müssen und ihr Kind betreuen und doppelt bezahlen usw., tatsächlich mal ein Dankeschön erhalten, und zwar einen Geldwert und nicht nur das sogenannte Klatschen vom Balkon. Leider hat sich das nicht durchsetzen können. Das ist einfach eine aktuelle Form der Politik, wie wir sie gerade wiederfinden. Wir mussten also Kompromisse finden.

 

Ich denke aber, dass wir einen guten Kompromiss gefunden haben, der eben flexibel und dynamisch ist. Hier an dieser Stelle möchte ich dem Abgeordneten Wolf noch mal für seine Einigungstätigkeit danken, die, glaube ich, nicht ganz selbstverständlich ist und die hier wirklich sehr viel Raum eingenommen hat. Also an dieser Stelle vielen Dank, Abgeordneter Wolf.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir haben im Gesetz – und darauf gehe ich hier nur stichpunktartig ein – eine Gebührenübernahme für die Kindergärten vorliegen, was natürlich analog dann auch auf die Ganztagsbetreuung im Hort zutrifft. Wir werden dann übernehmen, wenn eine landesweite Schließung angeordnet wurde, das trifft jetzt beispielsweise noch auf die Monate Januar und Februar in diesem Jahr zu. Und wir werden in Zukunft – das Gesetz gilt vom 01.01. bis zum 31.12.2021 – auch dann Gebührenübernahme in Aussicht stellen, wenn regional eine Schließung durch eine Kommune, durch einen Landkreis angeordnet worden ist und vorher mit dem Ministerium abgestimmt wurde, ob aufgrund einer hohen Inzidenz und der konkreten Lage vor Ort eine Schließung auch befürwortet wird.

Ich mache das mal am konkreten Beispiel klar: In der Stadt Gera haben wir eine Inzidenz von 113. Wenn unser Oberbürgermeister Herr Vonarb morgen sagen würde, deswegen machen wir alle Kitas zu, obwohl wir mit der Inzidenz noch so weit unten sind, dann würde das sicherlich keine Gebührenübernahme für die Eltern vor Ort bedeuten. Wenn wir aber eine Inzidenz von über 200 haben – wovon man im Laufe des Jahres, das noch vor uns liegt, auch leider ausgehen kann –, und er eben sagt, jetzt müssen wir aber die Kindergärten und Schulen schließen, weil es höchste Eisenbahn ist, und sich dazu mit dem Ministerium abstimmt und das Ministerium sagt, ja, Herr Oberbürgermeister, das ist eine sinnvolle Maßnahme, das unterstützen wir, dann greift diese Gebührenübernahme auch.

 

Noch ein weiteres Beispiel: Wir haben im Gesetz die 15-Kalendertage-Regelung beschlossen bzw. eingesetzt. Ich mache das auch noch mal am konkreten Beispiel März. Wenn wir im März beispielsweise eine Schließung vom 1. bis zum 8. – Frauentag – angeordnet hätten, dann hätte die Gebührenregelung an dieser Stelle nicht gegriffen, weil wir eben nicht an 15 aufeinanderfolgenden Kalendertagen diese Schließung hatten. Das bedeutet also im Umkehrschluss: Vom 9. März bis zum 30. März wären die Kindergärten offen gewesen und somit hätten die Eltern hier mehr als die Hälfte des Monats ihr Kind in die Betreuung geben können. Das greift also nicht, schließt aber eben auch aus, dass das Gesetz sofort greifen würde, wenn nur ein einziger Tag geschlossen werden würde. Hier haben wir sozusagen eine flexible Umgangsweise gehabt.

 

Was wir noch obendrauf gesetzt haben – und das finde ich deswegen auch wichtig und richtig, weil es eben die Lebenswirklichkeit der Menschen widerspiegelt –, sind die fünf Tage Notbetreuung. Wir haben also fünf Tage Notbetreuung – in Anführungsstrichen –, wo Eltern sagen konnten, ich musste zum Arzt, ich musste zur Prüfung, ich hatte das oder das vor, ich muss mein Kind jetzt mal in den Kindergarten geben. Die Eltern dürfen also diese fünf Tage Notbetreuung in Anspruch nehmen und dennoch – beispielsweise im Monat Februar war das so – ab dem 23. in der Stufe GELB ihr Kind in den Kindergarten gegeben haben. Das heißt, im Monat Februar hatten wir mehr als diese 15-Tage-Regelung Schließung. Auch hier wird es eine Gebührenerstattung geben. Das trifft allerdings dann nicht zu, wenn Eltern, weil sie systemrelevanten Berufen nachgehen oder aus anderen Gründen, an mehr als sechs, also an sieben, acht, neun oder zehn Tagen ihr Kind in die Notbetreuung geben durften. Dann haben sie auch die Hälfte eines Monats in Anspruch genommen und werden daher auch die Gebühren zahlen.

 

Wir haben einen weiteren Punkt mit aufgenommen – das ist neu, auch neu im Vergleich zum Vorjahr und auch neu im Vergleich zu unserem Vorschlag am Anfang –: Wir haben eine sogenannte Spitzabrechnung. Die ist, glaube ich, insbesondere für die Kommunen und Landkreise wichtig, die gesagt haben, dass die pauschale Abrechnung für sie zu wenig ist und dass sie aus der kommunalen Deckelung zu viel zahlen mussten. Die bekommen jetzt tatsächlich diesen berechneten Ist-Stand, den sie eben wiedergeben und brauchen, finanziert. Vielleicht ein Nachteil, weil es dadurch mehr Bürokratieaufwand gibt, hat aber den Vorteil, dass wir den – und hier kommt wieder dieses Flexible und Dynamische vor – wirklichen Ist-Bedürfnissen gerechter werden können.

 

Wir haben weiterhin auch den Stichtag, also den 01.03.2021 gewählt. Das hat unterschiedlichste Gründe, aber unter anderem auch tarifliche Gründe, Kinderanzahl usw.

In den aktuellen Berechnungen – nur, dass Sie mal kurz sehen, wie viel uns die Rückerstattung auch wert ist und was sie uns auch kostet – werden wir wohl für die Monate Januar und Februar jeweils 5,6 Millionen Euro stellvertretend in die Hand nehmen, also 11,2 Millionen Euro. Das geben wir natürlich gern an die Eltern zurück, an die Träger, an die Kommunen und Kreise.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das ist es uns auch wert.

 

Ich hoffe, dass Sie diesem Gesetz zustimmen können, eben weil es dynamisch und flexibel ist und weil es, glaube ich, den Eltern auch gerecht wird. Wir sprechen hier, wie gesagt, nicht nur vom Kindergarten, sondern auch vom Hort. Dort gibt es sowieso die Erstattung, weil sie geschlossen waren. Wir reden von der Kindertagespflege, also Tagesmütter/Tagesväter sind hier betroffen. Wir reden von der Betreuung analog zum Hort an den freien Schulen. Bitte stimmen Sie diesem Gesetz zu. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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