Thüringer Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Anpassung von Landesvorschriften

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 6/495


Meine Damen und Herren Abgeordneten, es ist schon einiges zur Entstehungsgeschichte und zum verfassungsrechtlichen Ursprung dieses Gesetzes gesagt.


Nur, Herr Kollege Walk, der Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit sollte uns nicht verleiten, ausgerechnet beim Meldegesetz sehr kurz darüber zu gehen. Denn welche Auswirkungen eine nur 57 Sekunden lang andauernde Befassung im Deutschen Bundestag hatte – das ist, glaube ich, den Abgeordneten auch in diesem Landtag noch gut in Erinnerung: Herauskam im Juni 2012 ein Gesetz, was eher ein Datenhandelsgesetz denn ein Datensparsamkeitsgesetz im Meldewesen gewesen ist. Und es sollte uns zumindest ein Stück weit auch davor bewahren, einfach auch über so sensible Themen, die immer grundrechtsrelevant sind, hinwegzugehen.


Natürlich haben im Bundestag und auch in Zusammenarbeit mit dem Bundesrat die Politikerinnen dort das Meldegesetz korrigiert, haben es aktualisiert und haben es auch optimiert, so zumindest im Juli 2014. Im Deutschen Bundestag wurde die Novellierung charakterisiert.


Aber es bleiben eben aus unserer Sicht noch Kritikpunkte, auch aus der Sicht der Länder, die es hier anzusprechen gilt. Es ist nicht unsere Sache, nur weil das Bundesgesetz in Kraft getreten ist, hier diese kritischen Anmerkungen zu unterlassen und einfach in ein Ausführungsgesetz für Thüringen zu überführen. Es wurde angesprochen, der Widerspruchsvorbehalt wurde ersetzt im Jahr 2014 durch den Einwilligungsvorbehalt. Aber es ist eben nicht so, dass der Bürger gegenüber der Meldebehörde seine Zustimmung zur Übermittlung von Daten geben muss, sondern es ist vielmehr so geregelt, dass das Unternehmen, was ja jetzt ökonomische Interessen hat, gegenüber der Meldebehörde dokumentieren muss, dass ihm die Einwilligung des Bürgers vorliegt. Und ich glaube, das ist eben tatsächlich ein problematischer Vorgang, wenn das Unternehmen selbst, was ökonomische Ziele verfolgt, die Einwilligung an die Meldebehörde überträgt, für den nämlich diese personenbezogenen und damit sensiblen Daten angefordert werden. Hier haben wir auch nach der Änderung, nach der Optimierung, nach der Aktualisierung des Bundesmeldegesetzes deutliche Kritik zu formulieren.


Es gibt darüber hinaus auch noch weitere Kritikpunkte im Bundesmeldegesetz. Ich denke da etwa an die Meldepflichten im Hotelgewerbe oder die Mitwirkungspflichten für Hauseigentümer und Vermieter.


Aber auf einen dritten kritikwürdigen Bereich will ich kommen, der auch die Umsetzungsvorschrift in Thüringen selbst betrifft. Das sind eben die Übermittlung von personenbezogenen Daten an die Religionsgemeinschaften. In der Tat, Herr Kollege Adams, wurde das im Bundesgesetz dahin gehend verändert, dass Familienstandsänderungen zwar weiterhin an die Religionsgemeinschaften übermittelt werden dürfen. Nur soll gesetzlich ausgeschlossen werden, dass die Religionsgemeinschaften dies in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen verwenden dürfen. Nun frage ich mich allerdings: Wenn denn der christliche oder kirchliche Arbeitgeber in Kenntnis der Familienstandsänderung ist, welche Möglichkeiten er dann nutzt auch außerhalb der Anwendung dieser konkreten Kenntnis, um tatsächlich in die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung einzugreifen. Wenn man den Arbeitnehmer im kirchlichen Arbeitsverhältnis hätte schützen wollen, dass Familienstandsänderungen Auswirkungen auf sein Arbeitsverhältnis haben, dann hätte man im Bundesgesetz die Übermittlung von Familienstandsänderungen an Religionsgemeinschaften grundweg ausschließen müssen. Aber das war eben nicht im Interesse der Mehrheit des Deutschen Bundestags und auch des Bundesrats.


Und es stellt sich natürlich die Frage, warum im Rahmen des Melderechts geklärt werden muss oder klargestellt werden muss, dass an Religionsgemeinschaften Anschriften, Namen von früheren Familienangehörigen übermittelt werden müssen. Das hat nichts mit Datensparsamkeit zu tun, das ist ein datenschutzrechtlicher Grundsatz in der Bundesrepublik, und das hat auch nichts mit Erfüllung der Aufgaben des Meldewesens, aber es hat auch gar nichts mit Erfüllung der Aufgaben der Religionsgemeinschaften zu tun, weil die Familienangehörigen und insbesondere die früheren überhaupt nicht in ihren Wirkungsbereich und Aufgabenbereich fallen. Und wir sehen insbesondere auch vor diesem Hintergrund die Erweiterung der Ordnungsmerkmale in § 4 Abs. 1 im Thüringer Ausführungsgesetz sehr kritisch und werden die in den Ausschussberatungen natürlich hinterfragen und gemeinsam mit dem Innenministerium diskutieren. Wir haben aber auch Fragen zum Regelungsinhalt in § 5 Abs. 2 Nr. 7. Dort wird dem Landesrechenzentrum die Aufgabe der Auswertung des Datenbestands übertragen, wenn bei den einzelnen Meldebehörden ein unverhältnismäßig hoher Aufwand entsteht. Hier stellt sich für uns die Frage, wie weitreichend diese Auswertungskompetenzen für das Landesrechenzentrum tatsächlich ausgestaltet sein werden und unter welchen und vor allem auch unter welchen überprüfbaren Voraussetzungen die Meldebehörden die Aufgaben an das Landesrechenzentrum übertragen können oder zumindest unter welchen Voraussetzungen die Überlastung erklärt wird, sodass das Landesrechenzentrum in diesen Verantwortungsbereich gerät. Das, meine Damen und Herren, werden Fragen sein, die wir auch beim Ausführungsgesetz hier in den Ausschüssen zu thematisieren haben und wir schließen und als Fraktion Die Linke den Antragstellern zur Überweisung an den Innenausschuss an. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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