Thüringer Gesetz zur Anpassung gerichtsverfassungsrechtlicher Ausführungsbestimmungen an das Gerichtsdolmetschergesetz und zur Änderung justizkostenrechtlicher Regelungen

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/6557

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und am Livestream, Gegenstand des vorliegenden Gesetzentwurfs ist im Kern das Dolmetscher- und Übersetzerwesen bei Gericht und in der Justiz. Dies ist ein Bereich, der für die Justiz von großer und – ich möchte sagen – von zunehmender Bedeutung ist. Denn die fortschreitende Globalisierung unseres gesellschaftlichen Lebens und die kulturelle Vielfalt in allen Lebensbereichen bringen es mit sich, dass Gerichte, Notariate, Staatsanwaltschaften mit Menschen zu tun haben, die nicht oder nicht ausreichend der deutschen Sprache mächtig sind. Man denke nur an die steigende Zahl von Verfahren im Aufenthalts- und Asylrecht bei den Verwaltungsgerichten oder auch an die grenzüberschreitenden familiengerichtlichen Verfahren und auch an die in den Notariaten zunehmend vorzunehmenden Beglaubigungen ausländischer Urkunden und Dokumente.

 

Da die verfassungsmäßig verbriefte Rechtweggarantie für alle Menschen gleichermaßen gilt, sind Sprachbarrieren durch Sprachmittler zu überwinden. Das betrifft selbstverständlich auch die Menschen, die sich durch eine Behinderung sprachlich nicht ausdrücken können. Dolmetscher und Übersetzer sowie auch Gebärdensprachdolmetscher tragen daher in erheblichem Maße zu einer funktionierenden Rechtspflege bei. Umso wichtiger ist es festzustellen, dass die in den verschiedenen Bereichen der Justiz zum Einsatz kommenden Sprachmittler nach persönlicher Eignung und fachlicher Qualifikation hohe Standards aufweisen.

 

Die Vorgaben hierzu waren bisher ausschließlich landesgesetzlich geregelt, nämlich für alle Sprachmittler, die in Thüringen für gerichtliche, staatsanwaltschaftliche und notarielle Zwecke zum Einsatz kommen, sowie für die Gebärdensprachdolmetscher. Nun hat aber der Bund für die Gruppe der Gerichtsdolmetscher – und nur für diese Gruppe – von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht und mit Wirkung vom 01.01.2023 ein Gerichtsdolmetschergesetz in Kraft gesetzt, das die Voraussetzungen, die Bedingungen und das Verfahren für eine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern bundesweit einheitlich und damit neu regelt. Das ist zu begrüßen. Die Folge davon ist aber auch, dass die entsprechenden Regelungen für diesen Personenkreis aus dem bisherigen Landesrecht herausgelöst werden, während für die anderen Sprachmittler in der Justiz, also die bereits genannten Dolmetscher für staatsanwaltschaftliche und notarielle Zwecke, die Übersetzer und Gebärdensprachdolmetscher, die bisherigen landesrechtlichen Regelungen Anwendung finden.

 

Das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es nun, diese Aufsplittung, also teilweise landesgesetzliche, teilweise bundesgesetzliche Regelungen, zu überwinden und einheitliche Standards und Zugangsvoraussetzungen für alle in der Justiz zum Einsatz kommenden Sprachmittlern festzulegen. Dementsprechend sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Vorgaben für Gerichtsdolmetscher nach dem Gerichtsdolmetschergesetz des Bundes entsprechend nun auch für die allgemeine Beeidigung der Dolmetscher für staatsanwaltschaftliche und notarielle Zwecke und der Gebärdensprachdolmetscher sowie für die Ermächtigung der Übersetzer gelten sollen. Hierdurch wird gewährleistet, dass das Dolmetscher- und Übersetzerwesen insgesamt einheitliche Standards der Bundesvorgaben aufweist, die der Qualitätssicherung in allen Verfahren dienen.

Die Angehörten im Ausschuss begrüßen einheitlich diese Vereinheitlichung und Gleichstellung der verschiedenen Gruppen von Sprachmittlern in der Justiz und betonen vor allem auch deren praktische Relevanz – Frau Kollegin Rothe-Beinlich hat bereits darauf hingewiesen. Die praktische Relevanz zeigt sich darin, dass viele Sprachmittler in einer Person oft verschiedene Aufgaben wahrnehmen. Sie sind zum Beispiel Dolmetscher und Übersetzer in einer Person. Der im Ausschuss angehörte Thüringer Notarbund schlägt deshalb gerade für die Fälle eine Regelung zur umfassenden Beeidigung für die verschiedenen Arten von Sprachmittlerleistungen vor – auch darauf hat die Berichterstatterin bereits hingewiesen. Ein entsprechender Vorschlag der Notarkammer wurde in den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen dann auch aufgenommen.

Gegenstand des Änderungsantrags ist darüber hinaus eine Klarstellung, wie mit den vor Inkrafttreten des Gesetzes schon erteilten Beeidigungen für Dolmetscher und Übersetzer umzugehen ist. Während für die Gerichtsdolmetscher für diese Altfälle uneingeschränkt das Dolmetschergesetz des Bundes gilt, bedarf es nun für die übrigen Sprachmittler einer Übergangsregelung in unserem Gesetzentwurf, denn es stellt sich konkret die Frage, ob die bereits erteilten Beeidigungen für die Dolmetscher für staatsanwaltschaftliche und notarielle Zwecke und der Gebärdensprachdolmetscher sowie die Ermächtigungen der Übersetzer mit Inkrafttreten des Landesgesetzes nach den veränderten Vorgaben des Bundes hinfällig werden oder neu beantragt werden müssen. Der Gesetzentwurf sieht dazu vor, dass für diese Sprachmittler die bereits erfolgten Beeidigungen fortgelten sollen – das ist auch bereits benannt worden. Durch diesen Bestandsschutz wird sichergestellt, dass Sprachmittler trotz Rechtsänderung weiterhin uneingeschränkt in der Thüringer Justiz zur Verfügung stehen.

 

Nun handelt es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Mantelgesetz, das heißt, es enthält noch weitere Regelungsgegenstände. Das betrifft neben einer Reihe redaktioneller Änderungen und Anpassungen landesrechtlicher Regelungen an geänderte Bundesgesetze unter anderem auch eine Änderung des Thüringer Justizkostengesetzes im Bereich des Betreuungsrechts. Konkret geht es darum, dass ehrenamtliche Betreuer nach Bundesrecht ab dem 01.01.2023 zum Nachweis ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit der Betreuungsbehörde unter anderem eine Auskunft aus dem Zentralen Schuldnerverzeichnis vorzulegen haben. Dafür entstehen regelmäßig Gebühren, mit denen dieses verantwortungsvolle Ehrenamt nicht belastet werden sollte. Deshalb wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf insoweit eine Anpassung zur Gebührenfreiheit festgelegt. Ich erwähne diese spezielle Anpassung des Thüringer Justizkostengesetzes deshalb, weil sich daraus die in den Änderungsantrag aufgenommene gesplittete Regelung zum Inkrafttreten des Gesetzes erklärt. Das Gesetz soll danach in Zukunft, nämlich ab 01.06.2023, in Kraft treten. Nur für die Regelung zur Gebührenfreiheit ehrenamtlicher Betreuer für die Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis soll das Gesetz rückwirkend ab dem 01.01.2023 gelten, um hier einen Gleichklang mit der bundesgesetzlichen Regelung sicherzustellen.

 

Ich werbe um Ihre Zustimmung für diesen Gesetzentwurf und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE)

Dateien