Thüringer Gesetz zur Änderung der Rechtsverhältnisse im juristischen Vorbereitungsdienst

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1216


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Walsmann, Sie haben die Umstellung des juristischen Referendariats in ein Anstellungsverhältnis in sehr düsteren Farben geschildert und völlig ausgeblendet, dass es sehr viel Positives mit sich bringt, wenn diese Umstellung vollzogen wird.


Positiv zu bewerten nämlich ist, dass befristet angestellte Rechtsreferendare anders als im Beamtenverhältnis, in die gesetzliche Sozialversicherung eingegliedert sind. So erwerben sie mit ihren Beitragszahlungen Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung und können, falls sie keine Anschlussbeschäftigung finden, Arbeitslosengeld I beziehen. Dieses unterliegt als beitragsgestützte Leistung keiner Bedürftigkeitsprüfung und dürfte in der Höhe über den bisher für Referendare zugänglichen Leistungen liegen.


Bisher konnten Rechtsreferendare nach ihrem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis bei entsprechender Bedürftigkeit lediglich Arbeitslosengeld II, also das sogenannte Hartz IV, in Anspruch nehmen. Als Beamte haben sie keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und damit auch keinen Anspruch auf ALG I erwerben können. Dies wäre nur dann kein Problem, wenn sich nach dem Referendariat nahtlos eine Beamtenlaufbahn anschließen würde, was indes nur wenigen Rechtsreferendaren heutzutage vergönnt ist. Vor dieser Realität darf man nämlich auch die Augen nicht verschließen. Zuweilen ergeben sich nach dem Referendariat für die Betroffenen Zeiten der beruflichen Orientierung, die auch finanziell überbrückt werden müssen. Der bisher verbeamtet gewesene Referendar musste hierfür auf seine Ersparnisse zurückgreifen, wenn eben wegen dieser Ersparnisse kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestand. Diese Situation wird sich mit der neuen Rechtslage und dem Anspruch auf Arbeitslosengeld I für alle Referendare gleichermaßen grundlegend verbessern. Problematisch an dem Gesetzentwurf ist indes, das ist ausgeführt, dass die Statusänderung der Rechtsreferendare mit einer spürbaren Nettogehaltskürzung verbunden ist. Zwar liegt die vorgesehene Ausbildungsvergütung – Unterhaltsbeihilfe genannt –, das sollte man auch sehen, mit 1.100 Euro monatlich etwa im Mittelfeld der Bundesländer. Doch im Hinblick darauf, dass die Besoldung der Rechtsreferendare im Beamtenstatus bisher netto höher lag, ergeben sich Bedenken dahin gehend, dass Gleiches ohne erkennbaren Grund ungleich behandelt wird. Denn, wenn die bisherige höhere Besoldung für die Tätigkeit der Rechtsreferendare mit Beamtenstatus als angemessen angesehen wurde, erschließt sich nicht, weshalb für dieselbe Tätigkeit im Angestelltenverhältnis nunmehr eine geringere Summe angemessen sein sollte. Zumindest drängt sich die Frage auf, ob hier der Grundgesetz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gewahrt ist.


Darüber hinaus ist zu bedenken, dass von einem tatsächlich existenzsichernden, das heißt einem auskömmlichen, Einkommen abhängt, ob sich die Referendare mit vollem Einsatz ihren Aufgaben im Vorbereitungsdienst widmen können oder ob ihnen dies etwa nicht möglich ist, weil sie einem Nebenerwerb nachgehen müssen. Eine nicht auskömmliche Bezahlung der Rechtsreferendare birgt zudem die Gefahr, dass mancher Betroffene allein aus wirtschaftlichen Gründen von der Teilnahme am juristischen Vorbereitungsdienst absieht oder absehen muss, also seine Ausbildung letztlich nicht zu Ende führen kann. Einer damit einhergehenden sozialen Auslese beim Zugang zu höheren juristischen Berufen ist in jedem Fall zu begegnen, weshalb die Höhe der Vergütung von Rechtsreferendaren im Auge behalten werden muss.


Fazit: Der vorliegende Gesetzentwurf stellt einen Kompromiss dar. Die Änderung des Status der Rechtsreferendare bringt besseren Schutz gegen soziale Risiken, insbesondere bei Arbeitslosigkeit. Zugleich ist die Absenkung des Grundgehalts für Rechtsreferendare im Zuge der zwingend erforderlichen Haushaltskonsolidierung notwendig, was die wirtschaftliche Situation der Betroffenen im Vergleich mit der früheren Rechtslage verschlechtert. Deshalb bedarf es einer Evaluierung des Auskommens der Vergütungshöhe und Nachbesserung des Gehaltsniveaus – jedenfalls dann, sobald sich haushalterische Verhandlungsspielräume hierfür auftun. Das strukturelle Kernanliegen des Gesetzentwurfs, die Statusänderung vom Beamtenverhältnis zum Anstellungsverhältnis im öffentlichen Dienst findet die volle Unterstützung meiner Fraktion. Details der Regelungen werden im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz zu diskutieren sein. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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