Thüringer Gesetz zur Änderung bestattungsrechtlicher und waldrechtlicher Vorschriften

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/2169


Meine Damen und Herren, der Grund meiner Redemeldung ist ein ähnlicher wie der von Madeleine Henfling, Frau Tasch, weil ich eben nicht glaube, dass in diesem Land in verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu wenig über den Tod geredet wird. Es wird gerade seit vielen Jahren diskutiert, wie man die Erinnerung an verstorbene Angehörige wachhält und im Rahmen der Familie, des Freundeskreises pflegt. Es wird viel offener auch mit Eltern, mit Großeltern gesprochen, wie sie sich ihre Beerdigung letztendlich vorstellen und in welcher Verantwortung sie auch die Nachkommen sehen. Aber ich glaube, was wir feststellen konnten, ist, dass das, was sich in der Gesellschaft in den letzten Jahren an Debatten entwickelt hat, sich eben in der Rechtsänderung nicht widergespiegelt hat. Das heißt, die Ergebnisse dieser veränderten Einschätzung haben sich tatsächlich im Bestattungsrecht nicht fortgesetzt. Ich bin auch etwas befremdet von ihrer doch sehr religiös geprägten Rede für die Fraktion. Ich glaube, ihre persönliche Haltung ist durch jeden Abgeordneten hier im Landtag zu respektieren und sie betrifft eben auch Ihre ganz persönliche Entscheidung und die möchte ich in überhaupt keiner Form bewerten, sondern absolut respektieren. Doch wenn wir über das Gesetz selbst diskutieren, müssen wir uns bewusst machen, dass wir weder über Jüdinnen und Juden, Muslime, Katholiken, Protestanten, auch nicht über Atheisten, Agnostiker oder Materialisten entscheiden, sondern ein Recht schaffen müssen, was für alle Thüringerinnen und Thüringer gilt, was ihre individuellen Bedürfnisse mit den rechtlichen und öffentlichen Erfordernissen in Einklang bringt. Ich glaube, da gehen wir mit der jetzigen Reform des Bestattungsrechts einen ersten Schritt. Aber wir wollten dokumentieren, auch im Ergebnis der Anhörung und der dort gehaltenen Wortbeiträge, dass diese Diskussion damit für uns nicht beendet sein kann, weil es eben nur ein kleiner Schritt ist, auf die stattfindenden Debatten zu reagieren.


Herr Fiedler, ich habe mich aber auch auf Ihren Wortbeitrag gemeldet, weil ich glaube, die große Sachlichkeit, die wir im Innenausschuss hatten, die wir auch mit den Anhörungsbeiträgen hatten, die wir in vielen Redebeiträgen hatten, haben Sie mit Ihrer Erwiderung auf den Entschließungsantrag ein Stück weit aus den Augen verloren. Wenn Sie hier vorne auf unseren Entschließungsantrag rekurrieren und sagen, Rot-Rot-Grün möchte wohl, dass in Zukunft alle Menschen sarglos bestattet werden, dann könnte ich salopp sagen, ein großes Problem früherer PISA-Untersuchungen war es, dass das verstehende Lesen nicht ganz ausgeprägt war. Das will ich nicht tun, Herr Fiedler. Aber wenn Sie fragen, was wir damit meinen, wenn wir sagen, die Landesregierung soll folgenden Themenbereich prüfen, die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für sarglose Bestattung, dann antworte ich Ihnen: Damit meint Rot-Rot-Grün, dass die Landesregierung unter anderem den Themenbereich Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für sarglose Bestattung prüfen soll. Das ist der eigentliche Inhalt des Entschließungsantrags. Es ist wirklich auch schon unlauter, daraus eine Debatte zu machen, dass sich dahinter ein neuer Zwang verstecken könnte. Eine solche Diskussion habe ich eher aus dieser Richtung erwartet, aber nicht von Ihnen, wie gesagt, auch mit dem Hintergrund der Erfahrung der sachlichen Debatte im Innenausschuss.


Wenn Sie dann zwei weitere Themenbereiche besprechen, dann muss ich Ihnen sagen, vielleicht entschuldige ich mich auch dafür im Namen von Rot-Rot-Grün, sind diese Irrungen, die da entstanden sind, auch ursächlich bei dem schmalen Zeithorizont der Einreichung des Entschließungsantrags bis zur jetzigen Debatte liegend. Aber, Herr Fiedler, ich habe es Ihnen schon mal im Innenausschuss gesagt, Sie sind ein erfahrender Abgeordneter, Sie wissen ja, so eine Koalition mit mehr als nur einem Partner, also mit zwei oder sogar drei, braucht etwas Zeit zur Abstimmung. So war das bei Ihnen und so ist das auch bei uns.


Was Sie angesprochen haben, Probleme bei der Leichenschau und der Todesfeststellung sind natürlich immer wieder in der Debatte. Oftmals wird es wenig fundiert vorgetragen, sondern wabert in Fachpublikationen und der öffentlichen Meinung herum. Genau das war für uns Anlass, das in diesem Entschließungsantrag aufzugreifen und zu sagen: Landesregierung, geh doch einmal gemeinsam mit Ärzten, mit Fachleuten die Frage der Praxis der Leichenschau und Todesfeststellung durch und überprüfe, ob sie in Thüringen so ausgestaltet ist, dass wir dort wirklich jeden Verdacht von Missbrauch oder möglicherweise Fehlern ausschließen können, auch wenn das nicht zu 100 Prozent geht. Schauen wir uns aber vor dem Hintergrund derartiger Meinungsäußerungen auch die Praxis und das Verfahren an und ziehen, wenn notwendig, auch Schlussfolgerungen für das Recht daraus. Wenn das nicht notwendig ist, ist das auch ein Evaluationsergebnis.

Der zweite Punkt, den ich bei Ihnen ansprechen wollte, ist der Punkt 1 e. Da haben Sie natürlich das Gesetz im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag nicht wirklich verstanden. Die Genehmigungszuständigkeit liegt nach § 30 bei den Landkreisen – gegenwärtig.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Der einzige, der alles versteht.)


Nein, ich irre mich auch und bin froh, wenn mich dann jemand korrigiert. Die Zuständigkeit nach § 30 liegt nach dem jetzigen Bestattungsrecht bei den Landkreisen. Sie können aber doch die Landesregierung und auch Rot-Rot-Grün durchaus ernstnehmen, dass das, was sie in einem Leitbild zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform aufschreibt, ernst meinen und in allen Bereichen versuchen, umzusetzen. Dort hat die Landesregierung mit Unterstützung des Landtags die Kommunalisierung von Aufgaben vorwiegend in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden als Prüfauftrag verabschiedet. Das gilt natürlich auch im Bestattungsrecht. Insofern ist dieser Punkt die konsequente Fortsetzung dessen, was im Leitbild zur Funktional- und Verwaltungsreform praktisch auf den Weg gebracht worden ist. Das ist derzeit auch im Gesetz über die Grundsätze zur Funktional- und Verwaltungsreform in der Debatte. Ich glaube, es ist notwendig, dann auch 2018 vor dem Hintergrund dieser Regelung neu zu diskutieren, ob die Zuständigkeiten nach § 30 im Bestattungsrecht auch in der Zukunft fortgeführt werden sollen oder unter diesen Prämissen dann einer Veränderung bedürfen. Es war uns wichtig, da auch eine Stringenz und konsequentes Handeln nachzuweisen. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN)

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