Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum grenzüberschreitenden Abbau von Salzen im Werra-Kalirevier vom 22. März 1996, geändert durch Staatsvertrag vom 8. November 2002

Dr. Marit Wagler

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/2033

 

Sehr geehrte Abgeordnete, liebe Zuschauer am Livestream, Herr Präsident, wir sprechen heute über die Änderung des Staatsvertrags zwischen Hessen und Thüringen. Dieser Staatsvertrag wurde schon einmal geändert, nämlich 2002. Damals ging es um die Durchörterung des Markscheidepfeilers, also desselben Pfeilers, über den wir heute sprechen, um ein Rollloch anzulegen. Es war notwendig, dieses Rollloch zu durchörtern, um die Thüringer Salze, die sich durch eine höhere Kaliumkonzentration auszeichneten als die hessischen, zu den hessischen Verarbeitungsstätten zu bringen.

 

Die heutige Staatsvertragsänderung ist eigentlich notwendig, nur um zwei Bohrlöcher von 30 Zentimeter Stärke durch diese Markscheide zu treiben. Dies geschieht, damit die Prozessabwässer von K+S in die Grube Springen eingestapelt, das heißt entsorgt werden können. Das birgt das Potenzial, dass die Prozessabwässer, die seit über 100 Jahren im Werra-Revier in den Untergrund verpresst wurden und in die Werra eingeleitet wurden, hier entsorgt werden können. Die schädlichen Auswirkungen der Laugenverpressung, die zu einer großräumigen Versalzung des Grundwassers führten, können so beendet werden.

 

Zur Erinnerung: Die letzte Genehmigung der Verpressung von Prozessabwässern in den Untergrund 2016 hat eine zusätzliche Versenkung von jährlich 1,5 Millionen Kubikmetern Lauge pro Jahr bedeutet. 80 Millionen Kubikmeter Grundwasser wurden und werden in diesem Zeitraum nun hoffentlich zum letzten Mal versalzen. Auch die Halden und Prozessabwässer, die bis zum Jahr 2027 in die Werra eingeleitet werden, sorgen dafür, dass die Werra als der am stärksten versalzene Fluss Europas gilt.

 

Mit der Einleitung von Salzlauge in die Werra verbindet mich auch meine persönliche Vergangenheit, denn meine Doktorarbeit handelte von den schädlichen Auswirkungen genau dieser Abwässer auf die Fischfauna. Damals war noch von der Flussgebietsgemeinschaft Weser eine stufenweise Absenkung der Grenzwerte für die Einleitung der Kalilauge in die Werra festgelegt. Diese Absenkung fand bis heute nicht statt. Dazu gab es auch ein EU Vertragsverletzungsverfahren, welches gerade wegen der Zusicherung der deutlichen Reduktion der Salzbelastung von Werra und Weser und dem Stopp der Versenkung ausgesetzt wurde.

 

Wegen der dargestellten untragbaren Risiken für Mensch und Natur ist es von größter Wichtigkeit, dass Abwässer nicht mehr in das Werra-Weser-Gewässersystem und in das Grundwasser gelangen.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Auf der anderen Seite werden von der Kali und Salz GmbH systemrelevante Düngemittel und Mineralien produziert. Viele, viele Arbeitsplätze hängen an der laufenden Produktion. In Zeiten des Wandels – so sehe ich die heutige Zeit – sollten wir nun auch andere Wege gehen und die industrielle Produktion gerade von überlebenswichtigen Produkten, wie Düngemitteln, in eine ökologischere, nachhaltigere Richtung ohne die Versalzung unserer Umwelt und unseres Grundwassers lenken.

 

Die Einstapelung der Kaliabwässer in die Grube Springen birgt – neben der potenziellen Lösung des Laugenproblems für K+S – für Thüringen die Möglichkeit, ein Altlastenproblem aus der DDR-Kaliproduktion zu lösen. Am sogenannten „Querort 23“, einem Gang in ein Grubenfeld, wurde während der damaligen Bergbautätigkeiten zu nahe am Rand der Salzlagerstätte abgebaut. Jetzt kommt es zu Wasserzuflüssen, Süßwasserzuflüssen. Um dieses Problem zu lösen, haben sich auch schon die Umweltausschüsse der vergangenen Legislaturen damit beschäftigt. Bis jetzt gab es das Ziel der trockenen Verwahrung des „Querorts 23“ in der Grube Springen. Das heißt: Zugetretenes Wasser muss für 1,5 Millionen Euro pro Jahr abgepumpt werden. Diese Wasserzutritte sollen nun nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen durch die Einstapelung der aufkonzentrierten Prozessabwässer saniert werden können. Die Standsicherheit des Grubengebäudes und damit die Sicherheit der Bevölkerung an der Oberfläche soll hier oberstes Gebot sein. Deshalb muss sichergestellt werden, dass der „Querort 23“ sicher verwahrt wird. Erst wenn die Gefahr weiterer Zuflüsse ungesättigter Lösungen in die Grube und damit die Gefahr der Schwächung der verbliebenen Stützpfeiler gebannt ist, kann dieser Grubenteil für die Abwasserentsorgung genutzt werden.

 

Die Altlastensanierung für den Standort Thüringen ist für mich vor der Abwasserentsorgung primär. Sicherheitsprobleme am „Querort 23“ müssen mit dem besten zur Verfügung stehenden Verfahren ausgeschlossen werden. Denn die dort zutretenden Wässer haben das Potenzial, langfristig die Grubensicherheit zu gefährden. Das darf nicht passieren, auch im Hinblick auf die benachbarten Grubengebäude auf hessischer Seite und die Untertagedeponie Herfa-Neurode. Nach neueren Erkenntnissen gibt es jetzt die Möglichkeit, die Laugenabwässer derart zu behandeln, dass sie nicht mit den Sicherheitspfeilern reagieren und eine nasse Verwahrung möglich gemacht wird. Dieser Prozess muss überwacht und wird überwacht und abgesichert werden und wird den Umweltausschuss sicher noch lange begleiten.

 

Es bleibt das Potenzial, aber auch die Verantwortung, für eine sicherere und bessere Lösung des Abwasser- und Altlastenproblems im Kalibergbau zu sorgen. Der Landtag hat im Zuge der Zustimmung zum Staatsvertrag 2002 die Möglichkeit genutzt, mit einem Entschließungsantrag den Thüringer Kali-Produktionsstandort Unterbreizbach zu sichern. Wir sollten diese Chance, diese Möglichkeit nutzen und alles Weitere in einer Ausschussberatung erörtern. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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