Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Thüringer Juristenausbildungsgesetz – ThürJAG –)

Dr. Iris Martin-Gehl

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/4753

 

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausbildung von Juristinnen und Juristen in Deutschland vollzieht sich zweistufig. Sie beginnt mit einem Hochschulstudium, das zur ersten juristischen Staatsprüfung führt, und setzt sich mit einer praktischen Ausbildung im Referendariat fort, an dessen Abschluss die zweite juristische Staatsprüfung und bei Erfolg die Erlangung der Qualifikation Volljurist oder Volljuristin steht. Die Details dieser Ausbildung in Thüringen – also Abläufe, Prüfungsverfahren, Ausbildungsinhalte etc. – sind im Thüringer Juristenausbildungsgesetz und konkretisierend dazu in der Thüringer Juristenausbildungs- und  prüfungsordnung festgelegt. Gesetz und Verordnung bilden quasi den rechtlichen Rahmen für diesen Ausbildungsweg.

 

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nun wird das Thüringer Gesetz zur Juristenausbildung novelliert, um es mit bestimmten gesellschaftlichen und rechtlichen Realitäten in Einklang zu bringen. Neben einer Reihe von redaktionellen und formellen Änderungen – der Minister hat darauf hingewiesen –, Klarstellungen, Konkretisierungen, Vereinfachungen sieht der Gesetzentwurf auch neue Regelungen vor. Auf einige, die mir besonders wichtig erscheinen, möchte ich hier kurz eingehen.

 

Zunächst möchte ich auf die neu in das Gesetz aufgenommenen Vorschriften des § 7 Abs. 2 des Gesetzentwurfs verweisen. Hier geht es um Gründe, bei deren Vorliegen Bewerbern und Bewerberinnen die Zulassung für das juristische Referendariat zu versagen ist. Zu diesen Gründen zählen bestimmte noch nicht getilgte Vorstrafen, die Vollziehung von Freiheitsentziehung, das endgültige Nicht-Bestehen von erster oder zweiter juristischer Staatsprüfung. Ein Ausschlussgrund liegt aber auch dann vor, wenn Bewerberinnen und Bewerber gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig sind. Dieser Aspekt verdient, so meine ich, besondere Beachtung, denn Juristinnen und Juristen sind die Repräsentanten unseres Rechtsstaats, unserer Demokratie. Sie müssen fest auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen, unabhängig davon, welchen juristischen Beruf sie nach Abschluss ihrer Ausbildung ergreifen. Deshalb ist es angezeigt, schon bei der Juristenausbildung rechtzeitig Weichen zu stellen, Weichen die verhindern, dass Verfassungsfeinde zu Volljuristen und Volljuristinnen ausgebildet werden und sodann fundamentale Positionen in Staat, Justiz, Verwaltung, Wirtschaft besetzen. Folgerichtig sieht daher nun der Gesetzentwurf einen entsprechenden Ausschlussgrund in den Zugangsregelungen zum juristischen Vorbereitungsdienst vor. Diese Vorgabe ist an sich nicht neu, nur waren diese Versagungsgründe bisher in der Verordnung zum Juristenausbildungsgesetz verankert. Es ist richtig, ja sogar notwendig, dass diese Vorschrift wie vorgesehen künftig im Gesetz verankert ist, weil damit – der Minister hat auch schon darauf hingewiesen – dem sogenannten Wesentlichkeitsgrundsatz bzw. der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts entsprochen wird. Danach sind bestimmte Entscheidungen im grundrechtsrelevanten Bereich vom Parlament zu treffen und dürfen nicht der Exekutive überlassen bleiben. Wenn wie hier bei den genannten Gründen für das Versagen der Zulassung zu einem Ausbildungsgang das Grundrecht auf Berufsfreiheit tangiert wird, greift dieser Parlamentsvorbehalt, sodass die Überführung dieser Regelung aus einer Verordnung in das Gesetz zwingend geboten ist.

 

Eine weitere Neuerung des Gesetzentwurfs sind die Regelungen zur Verarbeitung und zum Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten nach § 8 des Gesetzentwurfs. Hier finden sich die Vorgaben für vorzulegende medizinische Nachweise, wenn Nachteilsausgleich aufgrund von Körperbehinderung oder längerfristigen erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere bei der Ablegung von Prüfungen, beantragt wird. In diesen Fällen, etwa wenn Anspruch auf längere Bearbeitungszeiten, zusätzliche Pausen oder ähnliches beantragt wird, haben die Betroffenen künftig ein amtsärztliches und damit ein medizinisch neutrales Zeugnis zu ihren gesundheitlichen Einschränkungen vorzulegen. Dies gilt gleichermaßen bei der Feststellung einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit. Klargestellt wird zudem, wie mit den so erlangten sensiblen personenbezogenen Gesundheitsdaten datenschutzgerecht umzugehen ist, das heißt, in welchen engen Grenzen sie verarbeitet und gespeichert werden dürfen. Mit diesen Regelungen werden daher zu Recht die Vorgaben des Datenschutzrechts, insbesondere im Bereich des Schutzes natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, umfassend umgesetzt und die danach geforderte spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für den Bereich der Juristenausbildung geschaffen.

Weiterhin möchte ich die Verordnungsermächtigungen nach § 9 erwähnen, die in dem Gesetzentwurf breiten Raum einnehmen. Insoweit ist auf zwei Regelungen besonders hinzuweisen, die neben zahlreichen anderen künftig Eingang in die ebenfalls zu novellierende Thüringer Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung finden werden.

Das ist zum einen die im Verordnungswege zu treffende Regelung, dass der juristische Vorbereitungsdienst ab dem 01.01.2023 unter bestimmten Bedingungen auch zeitweise in Teilzeit abgeleistet werden kann. Damit ist eine entsprechende, bundesgesetzliche Vorgabe des unlängst insoweit geänderten deutschen Richtergesetzes umzusetzen, die den Zugang zum juristischen Referendariat und dessen Ableistung für all diejenigen erleichtert, die minderjährige Kinder betreuen oder die sich um pflegende Angehörige kümmern. Eine solche Regelung ist nach meiner Ansicht gerade im Hinblick auf den notwendigen Abbau von Benachteiligungen von Juristinnen und Juristen mit familiären Verpflichtungen gegenüber Kindern und Angehörigen, die zu pflegen sind, geradezu überfällig.

 

Zum anderen wird durch den Gesetzentwurf im Wege der Verordnungsermächtigung eine Neuerung eingeführt, die vorsieht, dass schriftliche Leistungen in den staatlichen Prüfungen auch elektronisch erbracht werden können. Diese vorgesehene Neuerung geht mit der zunehmenden Digitalisierung der Justiz durch Einführung der elektronischen Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs einher, die logischerweise auch in der Juristenausbildung – soweit sinnvoll realisierbar – Einzug halten muss.

 

Ich will es bei diesen Ausführungen zu einigen aus meiner Sicht zentralen Neuregelungen des vorliegenden Gesetzentwurfs bewenden lassen und die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragen. Ich bin gespannt auf die dort zu führenden Debatten, auch zu weiteren hier jetzt nicht genannten Neuerungen, die teils unscheinbar wirken, aber, so meine ich, doch auch einigen Stoff für Diskussionen bieten werden. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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