Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2022 (Thüringer Haushaltsgesetz 2022 - ThürHhG 2022-) 2/2

Ronald Hande

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/4170

 

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wissen, dass die Ausgangsbedingungen, unter welchen wir die Haushaltsverhandlungen begonnen haben, nicht vergleichbar sind mit dem, was wir in Thüringen parlamentarisch und gesellschaftlich bisher hatten. 22 Stunden, das war die Dauer einer der letzten Verhandlungsrunden, was wohl verdeutlicht, dass es nicht einfach war. Wir haben diskutiert, gestritten und uns schließlich geeinigt. Wir haben es geschafft, Positionen zusammenzuführen und in den Haushalt zu integrieren und dennoch das rot-rot-grüne Profil dieses Haushalts zu bewahren. Eine Minderheitskoalition misst sich eben daran, wie verhandlungsfähig sie ist und wie konstruktiv sie mit Herausforderungen umgeht.

Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen. Auch ich möchte zunächst noch mal auf die 330 Millionen Globale Minderausgabe zu sprechen kommen, die uns die CDU abverhandelt hat. Auch für lang gediente Haushälter ist das Instrument der Globalen Minderausgabe ein eher ungewöhnliches. Seit 2005 wurde es nicht mehr in dieser Form angewandt. Ob sich der Wunschtraum der CDU erfüllen wird und sich die haushalterischen Effekte einstellen, die Sie sich erhoffen, sei dahingestellt.

 

Ich möchte kurz ansprechen, wie diese Minderausgabe wirkt. Die Landesregierung wird dazu gezwungen, Einsparmöglichkeiten zu evaluieren und diese zu nutzen. Es bleibt dabei der Regierung überlassen, wo sie diese Einsparungen am sinnvollsten anwendet. Dieser Umstand ist mein größter Kritikpunkt, denn wir geben damit unser Königsrecht, nämlich die Gestaltung des Haushalts an die Exekutive ab.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ja, das Kabinett wird gezwungen, darüber nachzudenken, wo und wie es sparen kann, sicherlich. Aber das wird schmerzhaft für unser Land werden. Sehr geehrter Herr Kowalleck, das ist eben etwas, was unser Land nicht voranbringen wird.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Mitnichten stellt die Globale Minderausgabe ein Instrument dar, um durch die Bank weg alle Ausgaben unkontrolliert zu kürzen. Sie darf nicht dazu genutzt werden, die politische Ausrichtung des Haushaltsgesetzgebers zu konterkarieren. Der politische Wille innerhalb des Haushalts muss auch nach den Ansatzreduzierungen noch erkennbar sein. Die Globale Minderausgabe ist eben kein politisches Spielzeug, es ist ein ernsthaftes und zumeist letztes Mittel, das zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden kann.

Wie mit dieser Minderausgabe die letzten Wochen von einigen Oppositionspolitikern umgegangen wurde, zeigt jedoch eher eine Plan- und Hilflosigkeit als eine seriöse Haushaltspolitik.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Die Landesregierung wird nun recht zügig entscheiden, wie diese Minderausgabe zu vollziehen ist. Frau Ministerin Taubert arbeitet sicherlich schon an einer Umsetzung. Ich rate aber an und bitte darum, hier mit Augenmaß und Bedacht vorzugehen.

Als nächsten Punkt möchte ich auf die Tilgungsleistungen dieses Haushalts und die Änderungen durch uns als Gesetzgeber eingehen: 171 Millionen Euro Tilgung waren im Entwurf veranschlagt, davon 100 Millionen Tilgung der Corona Kredite und 71 Millionen Euro nach dem Thüringer Nachhaltigkeitsmodell. Zum Haushaltsentwurf kommt nun auch der Ihnen vorliegende Entschließungsantrag zur Tilgung dazu. Dieser legt fest, dass aus den Haushaltsresten noch einmal 50 Millionen Euro getilgt werden sollen, womit wir in eine lineare Tilgung der Corona-Kredite einsteigen und diese sicherstellen. Diese ist in dieser Form zwar nicht verpflichtend, aber natürlich auch nicht verwerflich.

 

Wer der Landesregierung und der sie tragenden Koalition mangelnde Tilgungsanstrengungen vorwirft, sollte sich in Erinnerung rufen, dass erst Rot Rot Grün den Schuldenberg der CDU langsam, aber sicher abbaut. Mein Kollege Steffen Dittes hatte heute in der Grundsatzaussprache bereits einiges dazu gesagt. Bemerkenswert ist tatsächlich, dass wir trotz Corona-Krediten noch immer deutlich unter dem Schuldenniveau der vorigen Regierung liegen und die Tilgungszahlungen werden fortgesetzt.

 

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Vergleicht mal die Einnahmen!)

 

Gestatten Sie mir, auch noch ein paar Worte zum Corona-Sondervermögen: Mit dem Abschluss 2021 befinden sich noch rund 86 Millionen im Sondervermögen. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir beraten, dass die Steuermehreinnahmen noch zugeführt werden sollen. Damit hat das Sondervermögen künftig ein Volumen von rund 168 Millionen Euro.

 

Das ist ein guter Start für dieses Jahr, jedoch hat zum Beispiel auch Minister Holter schon offengelegt, welche Bedarfe er im Bereich zum Beispiel der Testkapazitäten sieht. Grundsätzlich dient dieses Sondervermögen künftig vorrangig den pandemiebekämpfenden Maßnahmen und weniger der Abfederung von Pandemiefolgen.

Aber, wie in der Vergangenheit auch, wird sich der Wirtschaftsplan fortlaufend der pandemischen Entwicklung anpassen und anpassen müssen. Grundsätzlich aber ist dieses Sondervermögen in seiner Ausgestaltung einzigartig in Thüringen. Es ist das erste, aber vielleicht auch nicht das letzte Sondervermögen, an dessen Bewirtschaftung das Parlament über den Weg des Haushalts- und Finanzausschusses ein Mitspracherecht hat.

 

Ein weiteres Haushaltsthema muss ich ebenfalls anschneiden: Es geht um das mehrfach umstrittene Haushaltsvolumen. Ein Beispiel: Wenn Gelder des Bundes zufließen, zum Beispiel 59 Millionen mehr für Kosten der Unterkunft, dann erhöhen sie ganz unweigerlich das Haushaltsvolumen. Wir können nicht damit anfangen, diese Gelder nicht auszugeben, vor allem dann nicht, wenn sie zweckgebunden sind. Auch auf der Ausgabenseite wird es immer Erhöhungen geben, ganz unweigerlich zum Beispiel da, wo wir die Bezüge von Beamten und Angestellten anpassen müssen. Die Entgelte steigen jedes Jahr, auch um eine verfassungsgemäße Alimentation zu gewährleisten. Auch wir hier im Rund bekommen jedes Jahr eine Diätenerhöhung. Die Abgeordneten meiner Fraktion spenden diese übrigens entsprechend, das ist Ihnen vielleicht bekannt.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Aber auch solche automatisch vollzogenen Ausgabensteigerungen erhöhen auch das Haushaltsvolumen. Ich lade Sie daher an dieser Stelle gern noch einmal dazu ein, diese automatische Diätenerhöhung abzuschaffen. Dass das Haushaltsvolumen wächst, zeigt doch aber auch, wie leistungsfähig Thüringen ist. Die Steuereinnahmen steigen. Das liegt natürlich auch daran, dass die Menschen fleißig und die Unternehmen erfolgreich sind. Es sind die Thüringerinnen und Thüringer, die diese Steuereinnahmen erwirtschaften. Unsere Pflicht als Gesetzgeber ist es, diese erarbeitete Leistung umzusetzen und durch den Haushalt zum Wohl der Menschen in unserem Land zu verwenden. Mein Eindruck dabei ist, die rot-rot-grüne Koalition macht das ziemlich gut.

 

Ich möchte im Folgenden auf ein paar Punkte eingehen und die Mittelverwendung noch einmal mit den politischen Intentionen und Zielen untersetzen, Herr Kemmerich.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Gerne, ja!)

 

Thüringen rüstet sich auch in Sachen Katastrophenschutz. Wie wichtig das ist, zeigt sich nicht nur im vergangenen Jahr im Ahrtal. Auch Thüringen war von Unwettern und Starkregen betroffen. Nicht zuletzt deshalb ist es richtig, dass wir Feuerwehren mit 1,5 Millionen Euro mehr ausstatten und 360.000 Euro zusätzlich für die dezentralen Katastrophenschutzlager und ehrenamtlichen Hilfsorganisationen bereitstellen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Neben den bereits vorhandenen Strukturen, die wir für solche Fälle stärken wollen, ist es auch wichtig, dass wir gut ausgebildetes Personal haben. Aus diesem Grund erweitern wir die Brandschutzerziehung und die Katastrophenschutzerziehung, wir stellen den Kommunen auch dafür 425.000 Euro zur Verfügung.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Kommunen sind für uns als Koalition ein zentrales Thema, denn sie sind der Ort, in dem wir leben, in dem Politik besonders greifbar und sichtbar wird. Dort entscheidet sich, ob ein Jugendklub gegründet und eröffnet wird, eine Parkanlage entsteht, ein Freibad öffnen kann und dergleichen mehr, sie kennen das alle. Wir wollen die Kommunen bei diesen Aufgaben unterstützen. Dabei hilft aber eben nicht immer nur mehr Geld. Gerade die digitale Infrastruktur verdeutlicht, dass strukturelle Umsetzbarkeit Voraussetzung dafür ist, Vorgaben erfolgreich durchzuführen. Viele Gemeinden und Landkreise sind gar nicht in der Lage und haben gar nicht die Strukturen, dies zu leisten. Jeder, der einmal in einem Kommunalparlament saß – ich denke, das sind einige von uns –, weiß, wie lange Verfahren dauern, weiß das aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Digitalisierungsleistungen sich kaum Firmen finden lassen, die diese übernehmen könnten. Die kommunale Familie – das sei mir noch gestattet zu erwähnen – hatte noch nie so viel Geld zur Verfügung wie unter Rot-Rot-Grün.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Um diesen Kurs zu verstetigen, haben auch wir der erneuten Aufstockung der kommunalen Finanzausstattung zugestimmt. Sie hatten es bereits angesprochen. Aber dabei sei eben auch erwähnt, dass die Kommunen kontinuierlich Schulen abbauen konnten. Der Verschuldungsstand der Kommunen ist so gering wie niemals zuvor. Im Schnitt hat eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband noch 660 Euro Schulden pro Einwohner. 2011 waren dies noch 1000 Euro. Auch das ist ein wichtiges Zeichen an die Kommunen. Mit Rot-Rot-Grün haben sie einen verlässlichen Partner an ihrer Seite.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Lassen Sie mich noch einmal auf das Haushaltsvolumen zurückkommen. Seit dem Jahr 2014 hat sich das Haushaltsvolumen um ca. 33 Prozent erhöht. Man mag jetzt davon ausgehen, dass alle Bereiche gleichermaßen um 33 Prozent gestiegen sind, aber dem ist nicht so. Mehrere Beispiele: Wir haben die Mittel für Kinder- und Jugendhilfe in dieser Zeit um 112 Prozent erhöht.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Unser Gesundheitswesen, heute noch drängender als zuvor, erfährt einen Aufwuchs von 62 Prozent. Auch der Bereich „Sport und Erholung“ ist hier Spitzenreiter, hier die Steigerung 274 Prozent, auch bei den Mitteln für Umwelt- und Naturschutz plus 188 Prozent. Sie sehen also, Rot-Rot-Grün tilgt, Rot-Rot-Grün investiert. Wir sparen und wir bauen wichtige Bereiche aus, nicht zuletzt den der Bildung. Kurz gesagt: Wir räumen weiter auf und bringen das Land voran.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Haushalt ist kein Selbstzweck und kein Hexenwerk, sondern konkret mit Zahlen untermauerte Politik. Wir haben einen Haushalt verhandelt, der unsere politische Zielrichtung finanziell verstetigt und unser Land handlungsfähig hält. Denn dieser Haushalt sichert die Arbeitsfähigkeit Thüringens, bietet zivilgesellschaftlichen und öffentlichen Strukturen Planbarkeit und finanzielle Sicherheit, ermöglicht politische Handlungsfähigkeit und ist somit im Gesamtergebnis mehr als vertretbar. Damit bleibt mir am Ende meiner Rede, mich nach dieser Debatte zu bedanken. Mein Dank gilt allen an diesem Verfahren beteiligten Personen, das sind neben den Kolleginnen und Kollegen aus der Landesregierung und der Landtagsverwaltung insbesondere die Haushaltsreferenten der Koalitionsfraktionen. Allen voran sind das Herr Schuster und Herr Fahrenbach von meiner Fraktion sowie Herr Schumacher von der SPD und Herr Richter von den Grünen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich weiß, die Zeit war nicht ganz einfach für alle. Lassen Sie uns Thüringen, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Haushalt und auch mit künftigen Haushalten sozial gerecht weiter voranbringen. Dafür bitte ich Sie um Ihre Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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