Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 1/3

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/1541 -


Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, wir reden heute über den Landeshaushalt 2011. Es ist heute aber schon etwas ganz Besonderes, ja etwas Einmaliges, was uns die Landesregierung hier in den letzten Tagen und Wochen präsentiert hat, und sie treibt es jeden Tag bunter. Mitten in den wichtigen Haushaltsberatungen, eine Woche vor der abschließenden Beratung des Haushalts im Plenum, wird die Finanzministerin zurückgezogen. Die Ministerin, die zuvor monatelang versucht hat, einen nach allen Irrungen und Wirrungen der letzten Monate irgendwie gearteten Haushalt auf die Beine zu stellen - offenbar vergeblich. Ministerin Walsmann war erfolglos und nicht in der Lage, klare Strukturen für das Sparen zu schaffen. Das waren die Kommentare in den Medien zum Agieren der nun für Erfolglosigkeit auch noch in die Staatskanzlei beförderten Ministerin.


(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsidentin: Auch Medien können irren.)


Richtig. Aber nun öffentlich den schwarzen Peter an Frau Walsmann weiterzureichen, das geht in die falsche Richtung, denn die gesamte Regierung muss sich an dem nun vorgelegten wirklich schlechten Haushaltsentwurf messen lassen.


(Beifall DIE LINKE)


Die Verantwortung für die Vorgänge um den Haushalt im Allgemeinen, die verspätete Einbringung in den parlamentarischen Gang, dafür tragen Sie, Frau Ministerpräsidentin, als Person und die gesamte Landesregierung die Verantwortung.


(Beifall DIE LINKE)


Das können Sie nicht Frau Walsmann allein in die Schuhe schieben.

Nun aber noch einmal zum vollzogenen Wechsel im Finanzministerium: Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten, um diesen beachtenswerten Ministerwechsel zu verstehen. Entweder ist es der Landesregierung vollkommen egal, was passiert, wenn sie mitten in den Beratungen aus fraktions- und koalitionsinternem Taktieren die Verantwortliche zurückzieht oder sie hat in letzter Sekunde die Notbremse gezogen, um ein vollkommenes Versagen beim Haushalt zu verhindern. Beides heißt aber, die bisherige Finanzpolitik der Landesregierung mit ihrer Ministerpräsidentin ist gescheitert.


(Beifall DIE LINKE)


Die Landesregierung kann es offenbar nicht, einen solchen Landeshaushalt in entsprechenden Zeitschienen auf die Beine zu stellen.


(Beifall FDP)


Sehr geehrte Damen und Herren, ich erinnere mich noch gut an die Ergebnisse der gemeinsamen Pressekonferenz von Ministerpräsidentin Lieberknecht und Christoph Matschie am 2. November in der Thüringer Staatskanzlei. Damals - die Spekulationen über eine Umbesetzung im Kabinett schossen schon ins Kraut - stritt Frau Lieberknecht noch alles ab: keine Probleme in der Koalition, keine Aussagen zur Neubesetzung, politisch alles in bester Ordnung.


(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsidentin: Ja, natürlich.)


Ihre Aussage war, die Ziele des Koalitionsvertrags sind bereits im Wesentlichen erfüllt - fragt man sich, was kommt jetzt noch oder ist es alles nur eine Vernebelungsstrategie pur, wie wir heute sehen können und sehen konnten in den letzten Tagen.


(Beifall DIE LINKE)


Doch das Agieren der Koalition wird noch interessanter. Wenn wir uns mal vor diesem Hintergrund die Fraktion der CDU anschauen, da sehen wir, Haushaltspolitik aus einem Guss ist es nicht, was uns da präsentiert wird. Da kämpfen vor den Augen der Öffentlichkeit zwei Flügel der Partei miteinander um die Richtung. In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom letzten Samstag war dazu ein sehr aufschlussreicher Artikel über die Thüringer Haushaltsberatungen zu lesen. Der Autor hatte sichtlich Schwierigkeiten, dass Gerangel in der CDU noch erklären zu können. Da, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, müssen Sie sich mal tatsächlich entscheiden, wohin Sie eigentlich gehen wollen.


Frau Ministerpräsidentin, im Jahr 2009 - im Wahljahr - forderte Ihr Fraktionskollege Mike Mohring Nullverschuldung als Normalfall solider Haushaltspolitik. Davon ist nun aber wirklich gar nichts übriggeblieben, Kollege Mohring. Man hätte es schon lange wissen müssen, auch zum damaligen Zeitpunkt, dass das, wie Sie es vorgeschlagen haben, Herr Mohring, sowieso nicht funktioniert. 470 Mio. € neue Schulden, das ist nun wahrlich keine Nullverschuldung. Das müssen Sie den Menschen erklären, wie das zustande kommt. Ich sage an dieser Stelle, Wahlkampf 2009 Nullverschuldung à la CDU. Nach drei Jahren ohne Nettoneuverschuldung zum Preis des Zurückfahrens von Standards im Land werden nun wieder neue Schulden aufgenommen. Da erzählen Sie uns noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie könnten mit Geld umgehen, und das, wo Sie auch noch im nächsten Jahr mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen können, und trotzdem die Neuverschuldung erhöhen. Geben Sie es doch zu, Herr Mohring, Sie sind mit Ihren Forderungen nach Nullverschuldung in dieser Regierung eindeutig gescheitert.


(Beifall DIE LINKE)


Was Sie wirklich wollen, Herr Mohring, das wird klar, wenn man sich mal Ihr Strategiepapier aus dem Januar 2010 gemeinsam mit Saskia Ludwig, Christian Wagner und Steffen Flath anschaut. Da haben Sie klipp und klar gesagt, worum es Ihnen geht. Sie interessiert nicht die Frage, was ist gut für die Menschen hier im Land. Sie interessieren sich doch gar nicht für die Lebensverhältnisse der Menschen. Sie interessiert auch nicht, ob die Kitas oder die Kommunen ordentlich ausfinanziert sind. Sie interessiert nicht, ob die Kinder in den Schulen mittags ein warmes Essen auf den Tisch bekommen. Ihnen geht es ausschließlich um Ideologie und das Ziel, den Absturz Ihrer Partei zu verhindern.


(Beifall DIE LINKE)


Ich zitiere Sie, damit das auch klar wird: „Um die eigenen Anhänger zu motivieren, braucht die Union eine prägnante Botschaft und ein klares Bekenntnis zu unseren Zielen. Wir wollen einen Staat, der seine Haushalte nicht nur durch Steuererhöhungen, sondern auch durch Ausgabenreduzierung in Ordnung bringt.“


(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: So ist das.)


Und weiter: „Die größte Herausforderung besteht darin, die wirtschaftsliberalen Stammwähler zurückzugewinnen.“ Darum geht es Ihnen und um nichts anderes; nicht um die Menschen hier in diesem Land.


(Beifall DIE LINKE)


Mit der Ernennung des harten Sparfuchses Herrn Voß zum neuen Finanzminister gehe ich davon aus, haben Sie sich auch offenbar in Ihrer Fraktion und in der Regierung durchgesetzt, Herr Mohring. Personen stehen auch immer für ein politisches Signal; so hat sich Frau Lieberknecht in den letzten Tag geäußert. Als Mann der Haushaltssperren gilt Herr Voß als eiserner Sparkommissar. Aber was ist denn das für ein Signal? Was ist denn das für ein politisches Ziel? Was ist denn das für ein Schwerpunkt? Diese Fragen müssen Sie sich stellen lassen. Sparpotenziale, Sparfuchs ist doch kein politisches Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall DIE LINKE)


So gelingt Ihnen mit Ihrer Kabinettsreform und mit diesem Haushalt kein Befreiungsschlag, kein Neustart, Frau Lieberknecht. Wenn das einzige politische Rezept, das Sie noch haben, „Sparen bei den Menschen“ lautet, dann bleibt in Thüringen alles beim Alten und wird nur noch schlimmer.

Lassen Sie mich aber auch an dieser Stelle ein paar Worte zu Ihrem neuen Minister, Ihrem Staatssekretär für eine Nacht, Herrn Voß, sagen. Erst einmal willkommen hier in Thüringen, Herr Voß! Man soll jedem Menschen in einer neuen Funktion auch eine Chance geben. Ich will das auch bei Ihnen gern tun. Ich gebe Ihnen 100 Tage Zeit, Ihre Strategie für die Thüringer Finanzpolitik der Zukunft zu entwickeln, und ich hoffe - und ich sage das bewusst -, ich hoffe für die Menschen hier in diesem Land, dass diese Strategie nicht nur darin besteht, den Gürtel enger zu schnallen und mit dem scharfen Schwert der Kürzungen zu arbeiten, wie Herr Mohring seine Hoffnung heute früh in den Medien zum Ausdruck gebracht hat. Diese Hoffnung möchte ich hier deutlich zum Ausdruck bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will eines - bevor ich ins Detail gehe - vorweg deutlich machen: Thüringens Landesfinanzen und die Finanzen unserer Kommunen sind aufgrund der vollkommen falschen Steuer-, Finanz- und Wirtschaftspolitik des Bundes ausgelaugt. Die Bundesregierung der letzten Jahre hat mit ihrer Politik die Staatsfinanzen völlig ruiniert. Haushaltspolitik besteht eben nicht nur aus der Ausgabenseite, sondern vor allem erst einmal aus der Einnahmenseite. Sparen ist das eine; die Definition gesellschaftlich notwendiger Aufgaben und die daraus folgende Finanzierung das andere. Eben darum geht es, um das andere, nämlich um die Erhöhung der Einnahmeseite.


(Beifall DIE LINKE)


Der Haushalt 2010 war von der Landesregierung noch als Übergangshaushalt charakterisiert worden. Er enthielt viele Korrekturen der Althaus-Politik. Die Kehrseite war eine hohe Nettoneuverschuldung in Höhe von 820 Mio. €. Diese Neuverschuldung hat allerdings nichts, gar nichts dazu beigetragen, das Land zu sanieren, und entgegen allen Ankündigungen der Regierung war das schon damals keine Sparpolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall DIE LINKE)


Auch die Ankündigungen von strukturellen Reformen blieben heiße Luft. Eine Strukturkommission wurde unter Beteiligung der Ministerien und mit großen Worten angekündigt und installiert. Man tagte und vergab Prüfaufträge. Aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, was uns nun im November vorgelegt worden ist, das sind doch keine Ergebnisse, sondern das ist schlicht und ergreifend enttäuschend. Der Zwischenbericht nennt bisher nur 10 von 71 erledigten Prüfaufträgen, in acht Monaten sind erst ganze zehn abgearbeitet. Das ist aus meiner Sicht mehr als dürftig. Das große Thema, das uns wirklich langfristig eine Konsolidierung des Haushaltes bringen könnte, die Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform, die wird von Ihnen, Frau Lieberknecht, Herr Matschie, auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht einmal das angekündigte Gutachten in Auftrag gegeben worden, was nichts anderes bedeutet, als dass in dieser Legislaturperiode wieder nichts mehr passieren wird in dieser Richtung.


(Beifall DIE LINKE)


Wichtig ist für die Haushaltspolitik der nächsten Jahre bis 2020 zudem, dass die von der CDU eingeführte falsche Schuldenbremse eine antizyklische Wirtschaftspolitik unnötig erschwert. Die Situation wird enger; die Geldquellen aus Berlin und Brüssel werden schwächer sprudeln. Dafür brauchen Sie neue Rezepte - und diese auf der Einnahmenseite und nicht bei den Einsparungen -, wie ich hier noch einmal deutlich machen möchte. Es geht darum, die Einnahmeseite weiter zu erhöhen.


(Beifall DIE LINKE)


Für uns, für Thüringen stellen sich daher zwei entscheidende Zukunftsfragen aus haushalterischer Sicht: Erstens und am wichtigsten - die Verbesserung der schon benannten Einnahmesituation. Das ist wesentlich nur auf der Bundesebene zu erreichen.


(Beifall SPD)


Ziel ist nicht allein eine gerechte Lastenverteilung in der Gesellschaft, sondern sie ist ökonomische Notwendigkeit, denn Zinsgewinne der Reichen werden heute leider dort eingesetzt, wo höchste Rendite wartet - also an den Finanzmärkten. Diese Logik führt zur Wirtschafts- und Finanzkrise, wie wir sie in den letzten Jahren erleben mussten. Wer in Zukunft rationales Wirtschaften ermöglichen und die Realwirtschaft stärken will, wer Menschen Stabilität und Sicherheit geben will, wer Spekulationen zulasten auch der Thüringer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler eindämmen will, der muss zwingend - und ich betone zwingend - eine Vermögensbesteuerung einführen.


(Beifall SPD)


(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: So ein Quatsch!)


DIE LINKE hat auf Bundesebene ein umfassendes Steuerkonzept für solide Staatsfinanzen vorgelegt.


(Zwischenruf Abg. Recknagel, FDP: Andere zahlen!)

Mit unserem Konzept wäre es möglich, die notwendigen gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen vom Bund bis hinunter in die Kommunen. Durch eine Reform von Lohn-, Einkommens-, Umsatz- und Unternehmensbesteuerung, den Erhalt einer wirtschaftsbezogenen Kommunalsteuer, die Einführung einer Vermögens- und Finanztransaktionssteuer, die Reform der Erbschaftssteuer und eine Verbesserung des Steuervollzugs könnte der Staat sozialgerecht rund 137 Mrd. € mehr für die Erfüllung seiner Aufgaben haben. Allein dadurch, dass der Steuervollzug bundesweit nicht ordentlich kontrolliert wird, entgehen dem Staat jährlich bis zu 30 Mrd. €. Hier muss nachgebessert werden. Auch hier in Thüringen haben wir Ihnen einen entsprechenden Entschließungsantrag am heutigen Tage vorgelegt.


Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mal ganz realistisch betrachtet, erwarten wir von der Landesregierung nun wahrlich keine Wunder mehr,


(Beifall DIE LINKE)


deswegen wollen wir sie spätestens 2014 ablösen. Aber dass sie diesen ökonomischen Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben erkennt, dass sie den finanzmarktgetriebenen Kapitalismus wenigstens zügelt und dementsprechend im Bundesrat handelt, das erwarten wir auch von der Thüringer Landesregierung.


(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das haben Sie ja 40 Jahre lang erfolglos versucht.)


(Beifall DIE LINKE)


Daher fordern wir auch die SPD auf, ihre Stimmen im Bundesrat für eine Börsenumsatzsteuer zu nutzen und auch die in mehreren Ländern möglichen Mehrheiten zu nutzen, um eine sozialökologische Reformperspektive zu eröffnen und sie nicht länger zu blockieren. Wer heute Europa ansieht, wer heute auf die Banken in Irland schaut, der weiß, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht überwunden ist und sich jederzeit weiter verschärfen kann. Im Casino des heutigen Kapitalismus wird weiter gespielt, das muss gestoppt werden. Wir erwarten endlich ein tragfähiges Steuerkonzept auf Bundesebene. Erst dann werden auch wir hier im Thüringer Landtag und in den Kommunen wieder vernünftige Politik für die Menschen machen können.


(Beifall DIE LINKE, SPD)


Doch der Wille ist aus unserer Sicht nicht da. Stattdessen bestand und besteht der Wille für die Verursacher der Krise, in aller Schnelle einen Bankenrettungsschirm aufzuspannen - 480 Mrd. € schwer. Wir würden uns wünschen, dass Ihre Abgeordneten im Bundestag von CDU und SPD auch einmal bereit wären, für Kitas, Schulen, Hochschulen und Kommunen innerhalb einer Woche die notwendigen Beträge zur Verfügung zu stellen und nicht nur für das Casino.


(Beifall DIE LINKE)


Wenn Sie die sozial gerechte und ökonomisch richtige Verbesserung der Einnahmenseite nicht angehen, dann wird Thüringen in zehn Jahren nur noch ca. 7 Mrd. € statt heute noch 9 Mrd. € zur Verfügung haben. Dann wäre Thüringen irgendwann gar nicht mehr handlungsfähig.


(Beifall DIE LINKE)

Eine nachhaltige Haushaltspolitik besteht aus unserer Sicht aus zwei Elementen. Neben der Verbesserung der Einnahmen müssen wir auch über die Ausgabenseite reden. Aber das geht nicht auf dem Weg, den Sie einschlagen, den die Landesregierung einschlägt und offenbar in Zukunft mit ihrem eisernen Sparfuchs noch stärker einschlagen will. Gestern haben hier vor dem Landtag die Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der GEW gestanden, denen Sie an das Geld wollen. Letzte Woche haben hier Studierende und Mitarbeiter der Hochschulen gestanden, denen Sie die Gelder streichen. Heute werden vor dem Landtag die Vertreter der freien Schulen gegen Ihre Kürzungspläne demonstrieren. Und vorgestern waren 100 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier vor und im Parlament, denen das Wasser bis zum Hals steht und deren Finanznot zumeist nicht selbst verschuldet ist, sondern durch die Politik von Bund und Land verursacht wurde. Das trifft im Übrigen auch Ihre Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, meine Damen und Herren von der CDU. Für die Bürgermeister wird es auch weiter immer enger, weil die Kita-Finanzierung nicht geklärt ist. Schon wird auch wieder über die Theater gesprochen, und es wird im Sozialen gestrichen was das Zeug hält. Höhere Kita-Gebühren, höhere Elternbeiträge in den Schulen, das ist alles andere als sozial. Das, was Sie hier machen, das ist Politik gegen die Menschen und nicht für die Menschen. Dafür wurden Sie nicht gewählt.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben sich entschieden, Sie wollen kürzen bei den Zukunftsfeldern Bildung, Kultur, Soziales. Wir sagen, wir müssen bei den Strukturen der Verwaltung und bei deren Aufgaben ansetzen. Wer die Menschen hier in Thüringen für eine tragfähige Politik gewinnen will, muss diese Strukturen auf den Prüfstand stellen und dieser Handlungsbedarf ist riesengroß hier in Thüringen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Eine kurze Bestandsaufnahme dahin gehend: Sachsen hat 450 Gemeinden, Sachsen-Anhalt 350 und Thüringen leistet sich immer noch 950. Als zukunfts- und leistungsfähig gelten Landkreise mit 200.000 Einwohnern und mehr. Thüringen leistet sich Kreise mit weniger als 100.000 Einwohnern.


(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsidentin: Aber 5 Prozent Arbeitslosigkeit!)


Drei von sechs kreisfreien Städten in Thüringen haben 2010 keinen Haushalt, sie sind chronisch unterfinanziert. Es gibt 180 Wasserverbände und unnötige Verwaltungsstrukturen. Statt dieser Struktur haben wir ein Konzept für eine moderne Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform vorgelegt, dass die demographische Entwicklung Thüringens besser abbildet. 8 - 2 - 1, das sind die Eckdaten unseres Konzepts: acht Regionalkreise, die Zweistufigkeit der Verwaltung und einräumiges Verwaltungshandeln - so wird Thüringen langfristig zum Land mit der modernsten und effizientesten Verwaltung.

Einen entsprechenden Entschließungsantrag haben wir Ihnen vorgelegt für die heutige Beratung. Aber was macht nun die CDU? Sie ist in beiden - ich betone in beiden - Fragen, die für Thüringens Zukunft so wichtig sind, nicht willens oder fähig, Änderungen herbeizuführen. Reformen bei Einnahmen und Ausgaben, das ist nötig. Doch das Problem ist nicht allein das Problem der CDU, es ist vor allem auch ein Problem der Menschen und - auch das muss man sagen - ein Kardinalproblem für die SPD in ihrer Zange, in der sie sich befinden.


Darüber hinaus mangelt es nicht an Versuchen der CDU - frei nach dem Motto „Zuerst die Partei, dann das Land“ -, allen möglichen anderen die Schuld für Kürzungen oder Gebührenerhöhungen in die Schuhe zu schieben.


(Beifall DIE LINKE)


Die Bürgermeister sollen den Ärger der Bürgerinnen und Bürger vor Ort ausbaden, die SPD im Landtag, sei es Kita, sei es Vergabegesetz, Gesamtschule oder Oberschule. Aus dieser strategischen Misslage, aus dieser unerfreulichen, aber selbst gewählten Umarmung kann sich die SPD befreien. Sie muss es oder sie wird scheitern.


(Beifall DIE LINKE)


An jeder möglichen oder unmöglichen Stelle wird die SPD von Vertretern der CDU immer wieder in Haftung genommen, wie die Veranstaltung zum 20. Jahrestag des Thüringischen Landkreistags am vergangenen Freitag in der Rede seines Vorsitzenden des Landrats Dohndorf wieder einmal deutlich gezeigt hat. Da die Regierung, wie dargestellt, in ihren Kernaufgaben versagt, passiert nun das, was die SPD doch nach eigenem Bekunden eigentlich gar nicht will. Es wird bei Bildung, Kultur, Sozialem, Kommunen und Hochschulen gekürzt. Und dann kommt solch ein Haushalt für das Jahr 2011 raus. Keine Strukturreform, stattdessen Kündigung des Hochschulpaktes und Kürzung um Millionen. Kürzungen bei freien Schulen, in der Erwachsenenbildung, bei den Kommunen. Globale Minderausgaben in Höhe von 60 Mio. €, die das Unvermögen der bisherigen Finanzministerin offenbart und eine Nettoneuverschuldung auf den Cent an der Grenze der Verfassungswidrigkeit. Das ist kein Zustand, das muss geändert werden, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall DIE LINKE)


Vor diesem Hintergrund und beim Zusehen, wie sich CDU und SPD gegenseitig die Schuld für dieses Nichts an Zukunftsvisionen geben, kann DIE LINKE eigentlich nur ihr ernstes Bedauern ausdrücken für das, was da in den nächsten Monaten zu erwarten ist. Wir werden das nicht hinnehmen. Wir werden uns auch weiterhin dieser Politik widersetzen und eigene Vorschläge unterbreiten.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass CDU und SPD wenig mehr einfällt als vor diesem Hintergrund, die zu erwartenden Steuermehreinnahmen von 147 Mio. € zur Senkung der Nettoneuverschuldung einzusetzen, heißt ja nichts anderes, als dass der Haushalt und die Verschuldung wenigstens besser aussehen sollen, obwohl sie natürlich nach § 3 Haushaltsgesetz haben, der ohnehin vorsieht, Mehreinnahmen zur Senkung der Nettoneuverschuldung einzusetzen. Da ist auch diese Verkündung eigentlich nur eine Kosmetik. Dass dann noch der Flughafen Erfurt künftig mit 6 Mio. € pro Jahr subventioniert werden soll, während sich die Landesregierung beim Flughafen Altenburg immer mehr in Widersprüche verstrickt, aber kein Geld da ist für Schulsozialarbeiter, der Jugendpauschale, auch wenn sie wie im Koalitionsvertrag versprochen, aufgefüllt werden soll, spricht Bände über den Zustand der Koalition. Das ist eben kein guter Zustand für dieses Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall DIE LINKE)


Es fehlt ein Personalentwicklungskonzept, ein Sportstätteninvestitionskonzept, eine Überprüfung der unter Vogel und Althaus vollzogenen Privatisierungen TSI, der Kostenanstieg beim Maßregelvollzug, die höchste Privatisierungsquote bei Krankenhäusern in Deutschland, die teure Reform des Katasterwesens. Konzepte - Fehlanzeige, Ideen - Fehlanzeige, alles Fehlanzeige. Dieses konzeptionslose Regieren macht den Zustand der bestehenden Koalition deutlich.


(Beifall DIE LINKE)


Und wem das alles noch nicht hilft, dem möchte ich noch ein bisschen mehr auf die Sprünge helfen. Der Thüringer Rechnungshof muss, da offenbar auch aus Sicht des Thüringer Rechnungshofes die Landesregierung an den Zukunftserfordernissen vorbei arbeitet, der Regierung in einem Sondergutachten nicht nur die Dramatik der Haushaltslage vor Augen führen,


(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Ach, das soll helfen?)


sondern auch noch methodische Hinweise geben, wie Blockaden innerhalb der Landesregierung aufgelöst werden können. An Ihrer Stelle, Frau Ministerpräsidentin, Herr Matschie und auch ehemals Frau Walsmann, würde ich sehr nachdenklich sein - sehr, sehr nachdenklich.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, DIE LINKEstellt sich der Verantwortung für das Land und seiner Menschen. Wir legen auch für den Thüringer Haushalt 2011 ein Konzept vor, das fundiert und diskussionswürdig ist. Ebenso wie auf der Bundesebene mit unserem Steuerkonzept machen wir Vorschläge, wie die Gesellschaft gemeinsam mit den Menschen anders, gerechter und sozialer gestaltet werden kann.


(Beifall DIE LINKE)


Unser zentraler Gedanke, dafür ist die Gestaltungsfähigkeit von Politik, auch vor dem Hintergrund der Konsolidierungsaufgaben. Unser Konzept beruht auf vier Säulen:


1. Die Haushaltslage darf nicht zum Aufgeben jedes politischen Gestaltungsanspruchs führen. Das macht die FDP so und versucht das dann noch als Politik zu verkaufen. Im Gegenteil, eventuelle Kürzungen sind danach zu prüfen, wen sie wie stark treffen und ob es dabei trotzdem gerecht zugeht. Die Maßnahmen sind auf ihre Auswirkungen auf Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie auf Steuereinnahmen zu prüfen. Dabei müssen zukunftsfähige Strukturen Priorität haben. Wir glauben, dass mögliche Kürzungen an der einen Stelle nur dann eine Chance auf gesellschaftliche Akzeptanz haben, wenn an anderer Stelle entsprechend gestaltet wird. Mit anderen Worten: Für die Einsparungen müssen die Menschen als Gegenleistung ein Mehr an Wohlstand erfahren. Zu diesem Mehr gehören nicht nur fiskalische Leistungen, sondern auch Teilhabe, Partizipation und direkte Demokratie dazu,


(Beifall DIE LINKE )


(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Märchen!)


aber freilich auch direkte Wohlfahrtsgewinne, deshalb unsere Anträge für Schulpsychologen, Schulessen, Schulsozialarbeit, die Erhöhung der Jugendpauschale - wie im Koalitionsvertrag vereinbart -, Museen und Zukunftssicherung der Theater und verbesserte Kommunalfinanzierung bis zum Zeitpunkt des Beginns einer Funktional-, Gebiets- und Verwaltungsreform.


2. Dringlich ist die Auflösung der Globalen Minderausgaben in Höhe von 60 Mio. €. Dies ist aus Sicht des Parlaments geboten und wir werben um Zustimmung. Jeder angenommene Antrag, selbst jene der Koalitionsfraktionen, kann durch den Finanzminister im Vollzug des Haushalts 2011 wieder kassiert werden. Es ist bedauerlich, dass sich die anderen Fraktionen dieser Aufgabe nicht gestellt haben. Mit anderen Worten: Sie machen mit Ihren Anträgen den Menschen etwas vor, denn Sie haben keine Gewähr, und zwar gar keine Gewähr, dass die Regierung Ihre Anträge nicht wieder kassiert.


3. Die Vorschläge der LINKEN zur Konsolidierung des Haushalts sind höher als die geplanten Mehrausgaben. Deshalb kann mit unserem Konzept die hohe Nettoneuverschuldung in Höhe von 40 Mio. € verantwortbar gesenkt werden, ich sage bewusst und betone das, gesenkt werden, nicht erhöht werden. Mehreinnahmen von rund 65 Mio. € ergeben sich unter anderem aus der Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 3,5 auf 5 Prozent, Holzverkäufen und aus der Auflösung der Stiftung FamilienSinn. Im Haushaltsentwurf sehen wir ein Einsparpotenzial von bis zu 100 Mio. €, die nicht zur weiteren Verschärfung der sozialen Gegensätze führen werden.


4. Mit unseren Entschließungsanträgen wollen wir klarmachen, welchen politischen Schwerpunkt DIE LINKE in Thüringen legt. Wir wollen Bildung und Soziales stärken. Das wird auch aus unseren Entschließungsanträgen deutlich. Mit unseren Anträgen wollen wir dem Haushalt eine Richtung geben und diese vorhandenen Mittel entsprechend umschichten.


Meine sehr geehrten Damen und Herren, sparen Sie sich die Behauptung, es gebe zum rigiden Sparen keine Alternative. Sorgen Sie dafür, dass erstens die Einnahmeseite der Staatsfinanzen ins Lot kommt, zweitens liegt Ihnen das ganz konkrete Angebot einer alternativen und gedeckten Haushaltsplanung der Fraktion DIE LINKE vor. Damit ist es möglich, Politik zu gestalten und dem Land und seinem Haushalt eine soziale, eine gerechte Richtung zu geben. Der Haushaltsentwurf der Landesregierung und die Änderungen von CDU und SPD bedeuten Stillstand und weitere verlorene Jahre. Das Einzige, was Sie uns noch zu sagen haben, ist Ihr Mantra vom Sparen, Sparen und Sparen. Damit gefährden Sie Thüringens Zukunft.


(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Nein, eben gerade nicht.)


Für die Menschen in Thüringen ist der Haushalt der Landesregierung eine Katastrophe. Sie sparen nicht neutral. Ihre Vorschläge sind nicht willkürlich, sondern geben der Politik eine Richtung, eine unsoziale Richtung. Es ist für den einen oder anderen auch sicherlich aus diesem Hause an der Zeit, sich der Konsequenz dieses Stillstands und der Auswirkungen bewusst zu machen. Nicht nur bei den Kommunen sind sie an der Grenze des Machbaren angekommen. Ihr letztes Hemd haben die Kommunen in diesem Land bereits ausgezogen, ziehen wir es nicht auch noch den sozial bedürftigen Menschen aus. Danke schön.


(Beifall DIE LINKE)



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