Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 / Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes und andere Gesetze

Zu den Gesetzentwürfen der Landesregierung - Drucksache 5/473 und 5/479 - Zweite Beratung hier: Einzelplan 10 - Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr - und: Einzelplan 18 - Staatliche Hochbaumaßnahmen


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, charakteristisch für diesen Haushaltsteil und die vorgenommenen Kürzungen durch SPD, CDU und auch für die Änderungsvorschläge der FDP war eine gewisse Ignoranz gegenüber den Zukunftsaufgaben im Bereich Bau, Verkehr und Regionalplanung. Weder der Versuch, ernsthaft die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene voranzutreiben, noch die Unterstützung der Kommunen bei Maßnahmen zum Lärmschutz, beim Winterdienst oder bei der Verringerung von Umweltbelastungen werden deutlich sichtbar. Im Gegenteil, gerade bei den noch zusätzlich eingefügten Kürzungen wird munter kleinteilig losgestrichen, vorwiegend mit der Begründung Reduzierung der Nettoneuverschuldung, so zum Beispiel bei der Ersatzbeschaffung der schon 2009 benötigten Technik und im Bereich Fortbildung. Die logische Schlussfolgerung hieße hier, entweder war das Ministerium zu innovativ und großzügig im Planansatz oder die Koalition nimmt auch im Technikbereich eine gewisse Kontinuität und Altertumsregelung mit in Kauf. Besonders krümelig war die Herangehensweise der Koalition bei der Reduzierung der ohnehin kümmerlichen Position „straßenbegleitende Radwege“ und das, obwohl wir vom Minister informiert wurden, dass die Kosten pro gebautem Kilometer Radweg enorm gestiegen sind. Sehr geehrte Koalitionäre, wenn Sie schon kein großes Herz für diese alternative Fortbewegungsform haben, dann tun Sie doch bitte etwas für die Entflechtung von Rad- und Autoverkehr, also für die Verkehrssicherheit im Freistaat.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Wort zu unserem Antrag, 2 Mio. € aus der Verlustfinanzierung des Erfurter Flughafens zu entnehmen: Erstens sind wir der Meinung, dass der öffentliche Nahverkehr viel dringender gestärkt werden muss gerade im Zusammenhang mit zunehmender Feinstaubund Lärmbelastung und den Fragen des Klima- und Umweltschutzes.

Zweitens: Bei der Diskussion zur Position „Flugverkehr“ führte der Minister aus, dass es Ziel der Landespolitik sei, eine langfristige Unabgängigkeit der Fluggesellschaften von öffentlichen Mitteln unter weitgehender Wahrung der volkswirtschaftlichen Funktion zu wahren. Ein schöner Satz und ein hehres Ziel. Deshalb verwundert uns die Einstellung von zusätzlich 3 Mio. €, um Ertragsverluste der Erfurter Flughafen GmbH auszugleichen. Wir denken, dass sich die Landesregierung ernsthaft und schnell mit einem Luftverkehrskonzept beschäftigen sollte. Es ist einfach nicht tragbar, dass der Flughafen Erfurt in Millionenhöhe jährlich mehr Schulden einfährt. Entweder, es gelingt in einer konzertierten Aktion endlich nach vielen Anläufen Marketing, Tourismus, Verkehrs- und Wirtschaftsanbindung des Flughafens und der Verkehrslandeplätze z.B. in Leipzig-Altenburg im Konzept zusammenzuführen, oder man muss die Notwendigkeit eines überdimensionierten Thüringer Flughafens in Erfurt ernsthaft infrage stellen,


(Beifall DIE LINKE)


ebenfalls die Subventionierung von Linien, die ungenügend genutzt werden. Ich möchte hier einen prominenten Zeugen anführen. Lothar Späth war schon kurz nach seiner Ankunft im Freistaat nicht umsonst der Meinung, dass die Region Mitteldeutschland sich auf einen gut ausgebauten Flughafen hätte einigen sollen. Bisher konnte er noch nicht widerlegt werden.

Noch einige Worte zu unseren Erwartungen, die sich leider nicht erfüllten. Wo sind Anreize zur verstärkten Nutzung des ÖPNV? Wir sehen auch nur eine geringe Untersetzung der löblichen Regierungsabsicht, einen einheitlichen, gut vertakteten Verkehrsverbund in Thüringen zu entwickeln, keine zusätzliche finanzielle Unterstützung für die Entwicklung einer einheitlichen Thüringer Tarif- und Fahrplanabstimmung. Hier reicht es eben nicht aus, nur die Bundesmittel wie in den Vorjahren zu verteilen. Deshalb wären die Kürzungen der Mittel für den Flughafen oder eine verstärkte Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs ein erster Ansatz in Thüringen, die Verkehrsentwicklungen mitzugestalten. Wir vermissen auch zusätzliche Anstrengungen, Wirtschaftsvorhaben und Verkehrsentwicklungen sinnvoll miteinander zu verzahnen, zum Beispiel bei der Entwicklung touristischer Schwerpunkte die öffentliche Nahverkehrsanbindung und Koordinierung mitzudenken, damit der Tourist, aber auch der Thüringer Bürger nicht an Kreisgrenzen scheitert, umsteigen oder vergeblich auf den früher dort vorhandenen Nahverkehr warten muss.

Eine Bemerkung noch zur Werbekampagne für den Freistaat. Warum werden nicht Mittel aus der Imagekampagne für den Wissenschaftsstandort Thüringen dazu verwandt, ein einheitliches Thüringer Studententicket zu schaffen?


(Beifall DIE LINKE)


Also ein Ticket, mit dem der Student neben der Deutschen Bahn - was ja schon möglich ist - auch den gesamten Nahverkehr im Freistaat nutzen könnte. Ich glaube, diese Art Werbung würde sowohl die Nahverkehrsunternehmen als auch die Studenten mehr begeistern als jedes schöne Plakat oder jeder flammende Aufruf.

Noch ein Wort zum Schienenverkehr. Die Landesregierung wird hier auf Schadenersatz dringen, da die Bahn besonders im Winter in erheblichem Maße Leistungen nicht erbrachte. Sie sollte die erwartete Million allerdings zusätzlich für den öffentlichen Nah- verkehr mit einbringen und nicht gegenrechnen. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, den Bahn- und Busverkehr im Land auszudünnen. Gerade mit dem neu aufgelegten Städtebauförderprogramm „Kleinere Städte und Gemeinden zur Sicherung der Daseinsvorsorge im ländlichen und dünn besiedelten Raum“ wird das Zusammendenken von Verkehr und Stadtentwicklung noch notwendiger als bisher. Eine zielgerichtete Wohnungsbauförderung, Stadtentwicklung und Umlandgestaltung, die bezahlbares Wohnen für alle Bevölkerungsschichten sicherstellt und der demographischen Entwicklungen in Thüringen Rechnung trägt, wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, auch

gerade in Anbetracht der oft thematisierten kommunalen Finanznot, ernsthaft über Alternativen zum kommunalen Eigenanteil und dessen Höhe nachzudenken, gerade bei Städtebauförderprogrammen. So beträgt zum Beispiel der Mitleistungsanteil der Kommunen im Rahmen der Wohnumfeldverbesserung in Wohngebieten gegenwärtig 50 Prozent. Wir hoffen deshalb, dass auch im Rahmen der neuen Verwaltungsvereinbarung „Städtebauförderung 2010“ zur Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder das Land dafür sorgt, den Anteil der Kommunen bei der Mitfinanzierung von Stadtumbau, Wohnumfeldgestaltung oder Wohnungsbau zu verringern.


(Beifall DIE LINKE)


Ich möchte nur noch ein Beispiel dafür bringen. So sind auch in Thüringen die Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ 2009 nicht gänzlich abgerufen worden, aber nicht, weil der Bedarf nicht da ist, sondern weil die Kommunen schlicht an ihre finanziellen Leistungsgrenzen kommen. Wir wissen, und es wurde uns auch bestätigt, dass der Bedarf an diesen Fördermitteln sogar doppelt so hoch gewesen wäre, wie die in Aussicht gestellten Mittel. Die Schlussfolgerung der Bundesregierung ist allerdings realitätsfern. An- stelle der Forderung nach Senkung des kommunalen Eigenanteils und einer besseren Finanzausstattung der Kommunen hat sie schlichterhand Mittel in Höhe von 20 Mio. € aus dem Programm „Soziale Stadt“ umgeschichtet.

Zweitens fordern wir die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften als wichtiger Partner im Stadtumbau erhalten und handlungsfähig bleiben. Weder darf die Privatisierungsdebatte von öffentlichen Wohnungsbeständen wieder aufflammen noch der weitere Stadtumbau an der Altschuldenfrage scheitern.


(Beifall DIE LINKE)


Wenn hier auf Bundesebene zeitnah keine endgültige Lösung zu erwarten ist, sollte das Land wenigstens den Thüringer Wohnungsunternehmen und Genossenschaften kurzfristig helfen. Einen entsprechenden Vorschlag hatte meine Fraktion bereits zur Diskussion gestellt. In Form eines Schuldenmoratoriums sollten die Gesellschaften von der Zinslast befreit werden. Zudem entstünden in diesem Zusammenhang auch Impulse für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Thüringen. Auch vermissen wir ein Landesprogramm „Denkmalschutz“ in Ergänzung des Bund-Länder-Programms.


(Beifall DIE LINKE)


Hier wäre auch noch ein zusätzliches Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Viertens sind wir dafür, dass angekündigte Vorhaben zur Schaffung von Wohnungsbauvermögen recht schnell und ohne Umwege auf den Weg zu bringen sind. Hier fangen wir in Thüringen zwar praktisch wieder von Null an, aber es ist notwendig, dass die Wohnungsbauförderung künftig über das Wohnungsbauvermögen in Form eines revolvierenden Fonds finanziell abgesichert wird. Allerdings stellt sich hier noch die Frage nach der bedarfsgerechten Fördervolumensumme.

Fünftens fordert meine Fraktion die Landesregierung auf, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die geplante Absenkung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft zu streiten. Zwar ist das Gesetz im Bundesrat vorerst gestoppt und auch der Vermittlungsausschuss einberufen, aber das inhaltliche Ziel ist noch nicht erreicht. Schönen Dank.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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