Thüringer Gesetz über die Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Gemeinden an Windparks (ThürWindBeteilG) 1/2

Markus Gleichmann

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8233

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, wir stellen mit diesem Gesetz sicher, dass es keine neue oder repowerte Anlage in Thüringen mehr ohne direkte finanzielle Beteiligung der Kommunen und Bürgerinnen und Bürger geben wird. Das ist ein Schritt, auf den wir sehr stolz sein können, wenn er uns denn auch abschließend im Gesetzgebungsverfahren gemeinsam gelingt. Das ist endlich mal wieder eine positive Konnotation der Windenergie hier in der Debatte im Thüringer Landtag. Wir diskutieren endlich die Energiewende nach vorn. Deswegen vielen Dank an alle, die bisher an diesem Entwurf mitgearbeitet haben.

 

Das Gesetz – das muss man auch noch mal klarstellen – setzt zu diesem Zeitpunkt an, wenn klar wird, dass es eine Genehmigung einer Anlage und eines Windparks geben wird. Es beeinflusst natürlich nicht das Planungsrecht. Wichtig – und das ist auch eine Errungenschaft dieses Gesetzes – ist, wir machen die Beteiligung der Kommunen nach § 6 EEG in Thüringen zu einem Muss, das sind diese 0,2 Cent pro Kilowattstunde, und erweitern diesen Mindeststandard, der durch das EEG gesetzt wird, um 0,1 Cent für die direkte finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Land. Es gibt natürlich auch welche, die sagen: Ja, dann wird es wahrscheinlich wenige Windkraftprojektierer und Firmen geben, die hier in Thüringen Anlagen bauen werden. Das sehen wir nicht so, denn schon jetzt – und da an dieser Stelle schon einen Dank an die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur – haben wir mit dem Siegel „faire Windenergie“ entsprechende Partnerinnen und Partner an der Hand, die sich bereit erklärt und auch verpflichtet haben, entsprechende Entwicklungen mitzutragen und mitzugehen. Ich gehe davon aus, dass die auch, wenn dann diese Beteiligung zur Pflicht wird, nicht abspringen werden. Jeder Flügelschlag einer Windkraftanlage wird Sinnbild für die eigenen finanziellen Vorteile und den Vorteil der Gemeinschaft werden. Ob das die Finanzierung von Veranstaltungen in betreffenden Orten ist, das Vereinswesen, also das Ehrenamt unterstützt, Zuschüsse für Kindergartenbeiträge oder auch die Umrüstung und die Weiterentwicklung der Treibhausneutralität der öffentlichen Gebäude, all das kann mit diesem Geld finanziert werden. Das sorgt natürlich für ein Plus in der Akzeptanz, das ist uns wichtig. Aber ganz wichtig ist uns auch die Beteiligung der hier erwirtschafteten Gewinne. Es ist natürlich so, dass die Menschen, die mit – einige sagen – Einschränkungen von Sicht leben müssen, auch direkt daran beteiligt werden und dass die Wertschöpfung, die hier in unserem Land geschieht, hier bei den Menschen vor Ort bleibt.

 

Wenn wir beim Thema „Akzeptanz“ sind, dann ist das, was Herr Gottweiss gesagt hat, manchmal vielleicht auch nur eine gefühlte Meinung. Da verweise ich auf das neue soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende, ganz neu herausgekommen vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit im Helmholtz-Zentrum in Potsdam. Dort wird nämlich untersucht, wie denn die gefühlte Wahrnehmung von politischen Klimaschutzmaßnahmen mit den Realitäten einer repräsentativen Umfrage übereinstimmt. Da wird deutlich, dass die meisten Befragten beim Thema „Windkraft im Wohnumfeld“ gesagt haben, die gefühlte prozentuale Befürwortung liegt bei knapp 30 Prozent. In der Umfrage kam aber dann raus, dass die eigentliche Befürwortung bei 60 Prozent liegt. Das können Sie gern auch noch mal nachlesen, da gibt es auch weitere Ergebnisse zum Beispiel zu politischen Maßnahmen wie dem Tempolimit 120, der Freiflächen-Photovoltaik oder auch der Reduktion von Raumtemperaturen und anderen Energiesparmaßnahmen. Da ist meistens die gefühlte prozentuale Befürwortung ganz anders, als sie wirklich ist.

Ganz spannend ist das, was wir gestern auch diskutiert haben, was vor allen Dingen FDP und CDU immer als Heilmittel für alles geben, nämlich die CO2-Bepreisung. Da ist es teilweise genau andersrum, da ist nämlich die gefühlte prozentuale Befürwortung höher als die eigentliche. Das muss man vielleicht, wenn man schon argumentiert, es muss auch Akzeptanz erreicht werden, auch für alles tun.

 

Natürlich, Herr Gottweiss, gibt es auch für uns offene Fragen, die auch Ziel einer entsprechenden parlamentarischen Beratung sind. Und selbstverständlich können wir auch die Thüringer Ziele noch mal anpassen. Allerdings natürlich dann anders, als Sie gesagt oder intendiert haben, Sie haben es ja nicht gesagt, Sie wollen ja gern die Ziele abschwächen. Wir müssen natürlich das, was die Bundesgesetzgebung gibt, als Mindeststandard nehmen, aber natürlich können wir auch noch darüber hinaus gehen. Da sind wir gemeinsam in der Diskussion auch sehr offen.

 

Wir wollen dezentrale, regionale und erneuerbare Energie. Das sind die drei Worte, die wir schon seit 20 Jahren hier immer von uns geben. Wir wollen sie aber auch in Bürgerhand oder zumindest in Kombination von Bürgerenergiegenossenschaften mit entsprechenden Windkraftprojektierern. Und es ist uns deswegen auch ganz wichtig, dass wir in der Anhörung und auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren schauen können, wie wir Bürgerenergiegenossenschaften noch stärker als aktiven Player in dem Bereich „Windkraft“ involvieren können. Das betrifft natürlich auch die Kommunen – wie können wir kommunale Beteiligung noch stärker verankern, damit eben noch mehr der Wertschöpfung hier vor Ort bleibt.

 

Am Ende will ich noch mal auf einen anderen Aspekt dieser von mir schon zitierten Studie kommen. Dort wird nämlich auch abgefragt, was die Menschen am meisten im Bereich der erneuerbaren Energiemaßnahmen und des Ausbaus bei der Energiewende nervt. Und das sind nicht die Maßnahmen an sich, sondern das ist die politische Langsamkeit, die hier in diesem Land vorangetrieben wird. Dass man ewig über Dinge diskutiert, bevor dann wirklich etwas geschieht. Und da sind auch die fehlenden sozialen Komponenten. Deswegen bleibe ich dabei, was wir auch in den ausschweifenden Debatten zum Gebäudeenergiegesetz gesagt haben: Die Energiewende funktioniert nur, wenn sie sozial unterstützt ist. Wenn man die Menschen mit ins Boot holt, und das tun wir mit diesem Windenergie-Beteiligungs-Gesetz. Deswegen bitte ich darum, hier keine politische Langsamkeit walten zu lassen, sondern dass wir im Rahmen der Möglichkeiten das relativ schnell abhandeln, die Experten anhören, die Meinung mit einfließen lassen und am Ende dieses Jahres dieses Gesetz auch noch beschließen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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