Thüringer Digitalisierungsgipfel: Politische Versäumnisse aufarbeiten und Lösungen entwickeln

Philipp Weltzien

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/2560

 

Meine sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, vor allen Dingen liebe Zuschauer im Livestream! Und – vor allen Dingen – sehr geehrter Herr Montag, meine Vorredner von Rot-Rot-Grün haben Ihnen ja bereits dargelegt, dass Ihre Vergesslichkeit, gerade was die Maßnahmen betrifft, die wir schon im Bereich der Digitalisierung getroffen haben, teilweise haarsträubend ist. An Ihrem heutigen Geburtstag hätte ich Ihnen das ja fast durchgehen lassen, aber eben leider nur fast. Sie haben die Aktuelle Stunde schließlich so aufgerufen, also werde ich auch darauf antworten.

Ich gebe Ihnen und auch meinen ganzen Vorrednern – allen – recht: Die Corona-Pandemie hat im Grunde genommen alles katalysiert, was wir vor der Pandemie auch schon an Problemen eigentlich gesehen haben. Aber vor allen Dingen hat sie in der jetzigen Zeit den Umsetzungswillen dessen, worüber wir uns alle bewusst waren, was wir eigentlich brauchen, sehr stark katalysiert und hat vor allen Dingen uns auch endlich – auch den Letzten – begreifen lassen, wie wichtig es ist, dass wir alle staatlichen Dienstleistungen und Prozesse so gestalten, dass sie einwandfrei digital funktionieren.

 

Und da gebe ich Ihnen recht: Im letzten Jahr hat uns vor allen Dingen die Thüringer Schulcloud wahnsinnig beschäftigt. Wir haben auch wirklich die ganze Zeit daran gearbeitet und Mitte Januar haben wir die aktuellen Zahlen aus dem TMBJS bekommen – mit deutlich gestiegenen Nutzerzahlen/Nutzerinnenzahlen, sowohl bei Lehrern als auch bei Schülern. Und ich kann Ihnen – ehrlich gesagt – Ihre These, die Sie in Ihrer Aktuellen Stunde gesagt haben, einfach nicht mehr abnehmen, wo Sie sagen, es wäre eine Anwenderunfreundlichkeit auf diesen Plattformen zu erkennen. Ich gebe Ihnen recht, wir haben ein Problem der Erreichbarkeit gehabt. Ich gebe Ihnen recht, wir haben Probleme mit den Serverkapazitäten gehabt. Völlig richtig! Das hat aber nichts mit Nutzerunfreundlichkeit zu tun, weil die Plattformen an sich mit Schulcloud, mit BigBlueButton – ich komme selber aus einer Lehrerfamilie, ist mir mehrfach gespiegelt worden –, die Möglichkeiten damit hervorragend sind und sich sehr gut eignen, digitalen Unterricht und einen Austausch mit den Schülern zu machen, sofern sie denn nicht Opfer von Cyberangriffen werden.

 

Ich kann Prof. Dr. Voigt gerade hier nicht ganz folgen, wenn er sagt, Thüringen hätte da eine exponierte Stellung dabei. Das stimmt ja so nicht. Schauen wir doch mal in die anderen Bundesländer rein: im vergangenen Monat allein mehrere Attacken in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und wie sie alle heißen. Von daher ist es kein exklusives Problem, sondern es steckt kriminelle Energie dahinter. Und Opfern von DDoS-Attacken den Vorwurf zu machen, dass sie Opfer einer DDoS-Attacke geworden sind, ist einfach nicht redlich. Das ergibt am Ende keinen Sinn.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Glücklicherweise konnten wir aber, nachdem wir das am Montag auch noch mal öffentlich erfahren haben, die Auswirkungen der Attacke so gering wie möglich halten, sodass man eigentlich ableiten kann – und da bin ich dann wieder bei Dr. Voigt –: Es ist nicht nur wichtig, digitale Infrastruktur bereitzustellen, sondern auch als Staat es zu schaffen, diese so gut wie möglich zu schützen und den Missbrauch von Daten zu verhindern, denn sonst verlieren wir das Vertrauen von unseren Bürgerinnen und Bürgern. Korrekt!

Aber schauen wir doch auch noch mal ein bisschen in die Details rein. Sie schreiben in Ihrer Aktuellen Stunde, die Software SORMAS soll thematisiert werden. Jetzt haben Sie das selber kaum getan, nur ein bisschen angerissen; daran werden Sie sich sicherlich noch mal abarbeiten.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Nutzen Sie das Internet, da steht ganz viel dazu!)

 

Die Durchdringungsquote oder die Quote der Verbreitung in den Thüringer Gesundheitsämtern liegt bei 50 Prozent. Da muss man sagen, das ist eine hervorragende Quote für eine Software dieser Qualität. Das muss ich Ihnen so deutlich sagen. Diese Software soll in der Zielstellung erreichen, Kontakte nachzuverfolgen, Symptome zu dokumentieren und die Daten über Landkreisgrenzen hinweg zu teilen. Korrekt!

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Die gibt es seit 2016! Wir haben jetzt 2021!)

 

Das ist aber einfach nicht der Fall. Diese Software befindet sich – und diese Funktionen, die Sie da gern alle haben möchten, nämlich auch eine direkte Übertragbarkeit an das RKI zum Beispiel zu haben – immer noch in der Beta-Phase. Aber jetzt bin ich an der Stelle, wo ich Ihnen recht gebe. Es ist trotzdem richtig, es in den Gesundheitsämtern einzusetzen, auch wenn es Mehrarbeit erfordert. Es ist eine doppelte Datenerfassung. Aber ich gebe Ihnen recht, wir müssen hier Vorreiter sein, diese Software weiter zu qualifizieren, da auch gern mit Vorreiter zu sein und mit allen Stärken und Schwächen, die diese Software momentan noch hat, durchaus zu arbeiten. Völlig richtig!

 

Dann komme ich noch zu dem dritten Teil, den Sie aufgeschrieben haben, E-Government und OZG. Da muss ich Sie auf eine Sache hinweisen, das haben Sie wahrscheinlich vergessen: Seit letztem Jahr haben wir die KIV umstrukturiert mit kommunaler Beteiligung und haben damit eigentlich auch einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung für Digitalisierung der Verwaltung getan. In den vergangenen Wochen – sprechen Sie mal mit der KIV – sind hier Einführungscluster, Umsetzungscluster gebildet worden mit jeweils mehr als 50 Kommunen, einfach um die Rahmen jeweils überschaubar zu halten. Die KIV wächst ständig.

 

Präsidentin Keller:

 

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

 

Abgeordneter Weltzien, DIE LINKE:

 

Ja. – Damit eben kein Flickenteppich besteht oder entsteht, sollten sich auch alle Kommunen daran halten, auch wenn wir sie dazu am Ende nicht zwingen können.

Was ich Ihnen aber noch mitgeben muss:

 

Präsidentin Keller:

 

Herr Abgeordneter, nein!

 

Abgeordneter Weltzien, DIE LINKE:

 

Ein Digitalisierungsgipfel, wie die FDP ihn fordert, ist aus meiner Sicht unnötig, denn die Probleme haben wir erkannt. Jetzt geht es an die Umsetzung. Vielen Dank.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien