Thüringens Nahverkehr braucht einen Paradigmenwechsel

Dr. Gudrun Lukin

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/8684

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich wollte mich gerade etwas kritisch mit der Formulierung der Aktuellen Stunde auseinandersetzen, aber jetzt möchte ich noch mal zwei Sätze zu dem eben gehaltenen Beitrag verlieren, und zwar: Hier geht es um den Nahverkehrsplan, nicht um Verkehrspolitik an sich.

 

(Beifall SPD)

 

Der Nahverkehrsplan zeigt, was wir in den nächsten Jahren von 2023 bis 2027 hier in Thüringen hauptsächlich auf der Schiene – er geht darüber hinaus, das ist ein Vorzug von ihm – und auch im Bereich Bus und Verknüpfung mit dem Rad und ähnlichen Schwerpunkten setzen wollen. Und Sie machen hier ein Plädoyer für Parallelverkehre, Sie machen eine Auseinandersetzung, die eigentlich gar nicht im Raum steht. Hier geht es schlicht und ergreifend nicht um eine Diskussion, welches Verkehrsmittel ich nutze, sondern welches Angebot den Thüringerinnen und Thüringern und natürlich auch den Gästen in den nächsten Jahren unterbreitet wird.

 

Und hier habe ich ein bisschen das Problem mit der Formulierung, weil hauptsächlich geht die Nummer 1 in dieser Diskussion auf die Frage des passwortgeschützten Nahverkehrsplans und der Frist von vier Wochen für eine Stellungnahme. Nun möchte ich daran erinnern, dass wir selbst bei den Workshops dabei waren, die dem Nahverkehrsplan vorausgingen. Gemeinsam mit kommunalen Vertretern, den Aufgabenträgern, den Verkehrsunternehmen, Fahrgastverbänden, Verkehrsverbünden, Gewerkschaften und politischen Vertretern haben wir die Diskussion geführt, und zwar über die Eckpunkte, Prämissen und über die Zielstellung dieses Nahverkehrsplan. Das ist hier in dieser Formulierung gar nicht mit erwähnt.

 

Der Nahverkehrsplan beinhaltet eine Bestandsaufnahme – sehr kritisch: Was wurde von 2018 bis 2022 erreicht, welche Zielsetzungen müssen übernommen werden und was muss noch weiterentwickelt werden? Gleichzeitig sind Handlungskonzepte und auch die Finanzplanung dort formuliert. Hier kommen wir wieder an die Stelle, dass wir in Thüringen Konzepte aufstellen können, wie wir wollen. Ich meine, gut, wir haben jetzt auch einen Bundesminister, der die Schiene propagiert. Die Regionalisierungsmittel wurden für 2023 um 1 Milliarde Euro erhöht, klar, die Dynamisierung auch, aber trotzdem haben uns die Verbände vom VDV bis zum Gemeinde- und Städtebund und den anderen ins Stammbuch geschrieben, dass diese Mittel nicht reichen werden, um das Angebot zu erhalten und auszubauen. Das heißt also, wir können zwar die Erfolge des 9-Euro-Tickets und auch das Deutschlandtickets mit verbuchen, werden sie aber kofinanzieren müssen. Also 19,9 Milliarden Euro wird auch der Freistaat nicht so schnell aus der Tasche zaubern, um das Deutschlandticket hälftig mitzufinanzieren. In diesem Jahr wird der Bund noch einen Nachschuss mitgeben. Im nächsten Jahr müssen wir gucken, wie es dann aussieht. Also, langer Rede kurzer Sinn: Die Gesetze sind nun mal so. Die Regionalisierungsmittel, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das Bundesschienenwegeausbaugesetzes und die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung sind wesentliche Bestandteile, auch für die Finanzierung eines Nahverkehrsangebots hier in Thüringen wie in allen Bundesländern. Und klar, auch dieser Nahverkehrsplan benennt die Probleme. Um es mal ganz deutlich zu sagen, die Förderung mit 15 Prozent Landesmitteln ist ein wenig zu gering. Das können wir durchaus vor der nächsten Haushaltsdiskussion so anbringen, können das auch auf den Tisch legen, können auch sagen, dass wir das Verkehrsangebot gerade im ländlichen Raum mit Busverbindungen und Ähnlichem ausbauen wollen.

 

Ich denke aber, dass der Nahverkehrsplan dort auch schon einen sehr guten Ansatz bietet, indem er nicht nur die 25 landesbedeutsamen Buslinien, die im vergangenen Nahverkehrsplan aufgebaut und entwickelt wurden, mitnimmt, sondern auch die Verknüpfungspunkte mit den anderen mobilen Mitteln. Hier sollten wir noch mal alle gemeinsam darüber nachdenken, was wir wollen. Der Nahverkehrsplan gibt einen Rahmen. Aber wenn wir die entsprechenden Mittel und die entsprechenden konkreten Fahrplanangebote nicht jährlich neu benennen und sie wieder öffentlich diskutiert werden, dann haben wir die Problematik, dass wir dann dem Wunsch der Thüringer und Thüringerinnen, das Nahverkehrsangebot auszubauen, zu qualifizieren und auch auf vielen Strecken, die ja auch benannt sind, zu erweitern, und der Sache nicht nachkommen. Voraussetzung ist, dass der Bundesverkehrswegeplan, der ja nun auf diesem Gebiet nicht allzu viel für Thüringen vorsieht, dass die Mittel vom Bund kommen, denn sonst bekommen wir keine Elektrifizierung für Gotha, Leinefelde und wir stemmen ja schon die neuen Planungskosten für den zweigleisigen Ausbau der MDV. Aber auch die Landesmittel dort sollten eigentlich noch mehr für den flächendeckenden ÖPNV eingesetzt werden. Ich fordere noch mal alle auf, die Bundesmittel müssen kommen. Es gibt ein gutes Vorzeichen und die Landesregierung und wir sind aufgefordert, unseren Haushaltsplan mit den entsprechenden Kofinanzierungsmitteln auszustatten.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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