Terrorgefahr ernst nehmen – Sicherheitsbehörden vorbereiten 1/2

Zum Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 6/373


Meine Damen und Herren, dass die Kollegen der CDU-Fraktion auf die Möglichkeit der mündlichen Einbringung und Begründung ihres Antrags verzichten, spricht für den Antrag und wird dem in gewisser Weise auch gerecht. Aber bevor ich zur inhaltlichen Bewertung Ihres Antrags komme, will ich eine Vorbemerkung machen: Als wir in der der vergangenen Woche am Donnerstag Ihren Antrag im parlamentarischen Gang vorgefunden haben, haben wir uns natürlich zusammengesetzt gemeinsam mit den Mitarbeitern der Fraktion und ihn bewertet und sind zu einem Ergebnis gekommen. Ich will vorweggreifen: Das Ergebnis ist aus unserer Sicht ziemlich verheerend. Wir haben uns aber dann die Frage gestellt bzw. wurde diese von einem Mitarbeiter gestellt: Moment mal, hätten wir diesen Antrag auch in der gleichen Art und Weise bewertet, wenn wir noch Oppositionsfraktion gewesen wären? Das heißt, wir wollten nun selbst kontrollieren, ob wir, seitdem wir Regierungsverantwortung haben, Ihre Anträge anders bewerten, möglicherweise etwas losgelöst vom eigentlichen Inhalt, der in diesem aufgeführt wird. Ich muss Ihnen sagen, wir sind nach kurzer Diskussion zu dem Ergebnis gekommen: Egal, aus welcher Sicht wir diesen Antrag bewerten, er ist unsachlich, er ist politisch motiviert, er ist alles andere als hilfreich in einer aktuellen Debatte.


(Beifall DIE LINKE)


Er ist alles andere als hilfreich hinsichtlich eines Sicherheitsgefühls in der Öffentlichkeit und – und das muss man Ihnen wirklich zum Vorwurf machen – Sie spielen mit den Ängsten der Menschen in diesem Land und das ist unverantwortliche Politik.


(Beifall DIE LINKE, SPD)


Meine Damen und Herren, letzte Woche haben wir im Innenausschuss einen Antrag Ihrer Fraktion beraten. Da stellten Sie an die Landesregierung die Frage: Ist denn die Thüringer Polizei eigentlich auf die Gefahrenlage im Bereich des Terrorismus ausreichend vorbereitet? Sind die Polizeibeamten ausreichend ausgebildet? Sind Sie ausreichend ausgestattet? – und – Liegen die entsprechenden Konzepte vor? Und um eine solche Frage zu beantworten, muss man sich natürlich auch zuerst der Frage annähern: Welche Gefahrenlage haben wir eigentlich in Thüringen vorzufinden, auf die die Thüringer Polizei vorbereitet sein muss? Nur, meine Damen und Herren, genau diese Frage haben Ihre Kollegen im Innenausschuss nicht gestellt, sie haben diese Frage mit der Landesregierung überhaupt nicht diskutiert. Am nächsten Tage haben wir Ihren Antrag vorgefunden und daher weiß ich auch die Antwort darauf, warum Sie diese Frage nicht gestellt haben. Denn es geht Ihnen gar nicht um eine Analyse aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte. Es geht Ihnen nicht um eine Bewertung aufgrund der Erkenntnisse von Sicherheitsbehörden. Ihnen geht es darum, dass eine politische Mehrheit in einem Landtag beschließt, wie die Sicherheitslage in diesem Land einzuschätzen ist und das ist unfachlich und unsachlich und entbehrt eben auch jedweder Grundlage.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir haben in unserer Fraktion aber auch semantische Probleme mit Ihrem Antragstext. In Punkt I.1 schreiben Sie: „Die abstrakte Bedrohungslage durch terroristische Aktivitäten und Anschläge ist derzeit in Thüringen als erhöht einzuschätzen.“


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ja!)


Erhöht gegenüber was? Gegenüber 2001? Gegenüber 1995? Gegenüber November 2014? Gegenüber möglicherweise auch völlig sachfremden Erwägungen? Was heißt das eigentlich, wenn eine abstrakte Bedrohungslage erhöht ist? Heißt das, sie ist noch abstrakter geworden, also weniger konkret? Was heißt das wirklich? Was wollen Sie damit zum Ausdruck bringen? Aber Sie wollen auch hier tatsächlich, dass die Mehrheit beschließt, wie etwas einzuschätzen ist. Da wird schon im Wortsinn deutlich, dass es hier überhaupt keine Grundlage für diesen Antragstext gibt, den Sie hier einbringen.


(Beifall DIE LINKE)


Eine Begründung sind Sie mündlich schuldig geblieben, aber auch in Ihrer schriftlichen Ausführung zum Antrag sind Sie die Begründung schuldig geblieben.


Meine Damen und Herren, ich komme zum Punkt 2 in I. Ich finde schon erstaunlich, was Sie hier niedergeschrieben haben, zumal ja der vorherige Innenminister auch Mitglied Ihrer Fraktion ist und mich würde ehrlich gesagt – Sie werden es mir nicht sagen – interessieren, wie sich dieser zu diesem Antrag in Ihrer Fraktion verhalten hat, denn was Sie hier beschreiben, ist doch ein verheerendes Bild der letzten 15 Jahre CDU-Ministeriumsverantwortung im Thüringer Innenministerium.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was Sie hier attestieren, ist, dass 15 Jahre CDU im Thüringer Innenministerium eben nicht ausgereicht haben, die Thüringer Polizei, unabhängig meiner eigenen Position inhaltlicher Art dazu, tatsächlich auf die Sicherheitslagen entsprechend aufzubauen, zu entwickeln und auszustatten. Was ich noch erstaunlicher finde, ist, dass Sie mit Ihrem Antrag dokumentieren, hier auch eine erwartungsvolle Hoffnung in Rot-Rot-Grün zu legen. Dafür bin ich Ihnen dankbar, aber ich finde, dieser Realitätssinn war aus unserer Sicht schon etwas überraschend.


Überrascht hat mich natürlich auch, dass Sie genau diese Frage, die Sie hier aufwerfen, nämlich die Feststellung, dass die Thüringer Polizei nicht vorbereitet ist auf mögliche Gefahren hinsichtlich von Terroranschlägen, obwohl wir im Innenausschuss genau zu dieser Frage diskutiert haben, dass Sie Ihren Antrag nach der Innenausschusssitzung nicht relativiert haben, nicht verändert, nicht weiter konkretisiert haben. Sie haben nämlich dieser Feststellung, dass die Thüringer Polizei ausreichend ausgebildet ist, dass sie grundsätzlich auch ausreichend ausgestattet ist, dass die Konzepte bestehen, aber fortentwickelt werden müssen, im Innenausschuss nicht widersprochen.


(Beifall DIE LINKE)


Das verwundert mich natürlich auch nicht, weil diese Beratung hat am 19. März stattgefunden, aber am 18. März haben Sie bereits eine Feststellung getroffen, die letztendlich nur dazu dienen soll, hier in der Öffentlichkeit ein politisches Brimborium zu veranstalten und eben tatsächlich mit dem Sicherheitsgefühl der Thüringer Menschen zu spielen, aber auch ein Stück weit natürlich den Ausbildungsstand der Thüringer Polizeibeamtinnen und  beamten zu diskreditieren.


(Beifall DIE LINKE)


Das ist nicht sachgerechte Oppositionspolitik. Wenig sachlich, meine Damen und Herren, ist auch Ihr Antrag in II. und das verwundert mich noch mehr. Die vorige Landesregierung hat die Veröffentlichung eines Deckblatts des sogenannten „Papstbefehls“ im MDR zum Anlass genommen, sämtliche Emailkonten von Thüringer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu kontrollieren und zu observieren und Polizeibeamte mit Strafverfahren zu überziehen. Und Sie beantragen hier, dass wir ein organisatorisches und personelles Sicherheitskonzept der Thüringer Polizei gegenüber möglichen Terroranschlägen zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung machen. Meine Damen und Herren, ich hatte von Ihnen mehr fachgerechten Umgang mit den tatsächlichen sicherheitspolitischen Anforderungen erwartet, als diesen Antrag.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen werden wir diesen auch in aller Deutlichkeit zurückweisen. Meine Damen und Herren, Sie haben in der letzten Woche im Innenausschuss, als Sie feststellten, es gibt überhaupt keinen weiteren Beratungsbedarf zu diesem Thema, auch dokumentiert, dass sich eine Ausschussüberweisung Ihres Antrags an den Innenausschuss erübrigt. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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