Terror in Paris – sicherheitspolitische Auswirkungen auf Thüringen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 6/1311


Herr Präsident, meine Damen und Herren, 10. Oktober 2015, 102 Tote bei einem Anschlag in Ankara, 12. November 2015 44 Tote bei einem Anschlag in Beirut und 13. November 2015 130 Tote bei mehreren Anschlägen in Paris. Unsere Anteilnahme gilt den Opfern, den Angehörigen, sie gilt aber auch den vielen tausenden Menschen, die Kriegen und Terror alltäglich in dieser Welt zum Opfer fallen.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktionslos)


Während die Anschläge von Ankara und Beirut eine vergleichsweise geringe mediale Aufmerksamkeit und öffentliche Diskussion hervorgerufen haben, haben die Menschen seit den Anschlägen in Paris in Europa Sorge, Sorge deshalb, weil Paris nahe ist, weil die Menschen die Plätze kennen, sie selbst besucht haben und weil sie möglicherweise Freunde und Bekannte haben, die in Paris leben, die in Paris den Urlaub verbracht haben. Die Sorge ist gewachsen, weil sich Menschen gewahr werden, dass sie selbst Opfer eines Anschlags werden können, und diese Sorge besteht als Gefühl jenseits der Frage, ob eine Gefahr tatsächlich konkret oder gegenwärtig ist. Aber die Sorgen der Menschen, meine Damen und Herren – und das sage ich in aller Ausdrücklichkeit –, ist bei der AfD in den falschen Händen,


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


denn eine geeignete und notwendige Antwort auf Ablehnung, Gewalt und Hass geben nicht ein Hassprediger und seine Jüngerin. Mit Ihren mittwochs hier vorm Thüringer Landtag gehaltenen Reden, mit dem Gestus der Beschwörung vorgetragen, unterscheidet sich die AfD kaum noch von denen, die sie vorgibt bekämpfen zu wollen. Und auch heute haben Sie zwar versucht, diesen Gestus der Mittwochsdemonstration zu vermeiden, aber es ist offenbar geworden, dass es Ihnen nicht um die Sicherheitspolitik in Thüringen geht, sondern es geht Ihnen um die Verunglimpfung von Menschen und die Verunglimpfung von Religiosität, wenn Sie die Frage der Anschläge in Paris dazu instrumentalisieren, religiöse Bräuche und Rituale hier zu kritisieren, und die Flüchtlingsaufnahme als humanitäre Verantwortung Europas infrage stellen. Terrorismus bekämpft man dadurch, indem man ihm die vermeintliche Legitimität nimmt und ihm nicht noch durch Abschreckung, Ausgrenzung, Diskreditierung und Diskriminierung, durch ein geschürtes gesellschaftliches Klima zusätzlich Menschen in die Arme treibt, ob es nun Flüchtlinge sind, Muslime, Menschen aus vornehmlich muslimisch geprägten Ländern, Menschen anderer Hautfarbe, Menschen anderer Sexualität. All das versuchen Sie aber in Ihren Reden tatsächlich immer weiter zu provozieren. Sie provozieren noch ein Weiteres in Ihrer öffentlichen Argumentation: Indem Sie permanent nach Paris versuchen, Flüchtlinge zu Tätern zu machen, zu Mitverantwortlichen für Anschläge, machen Sie Flüchtlinge in der Bundesrepublik tatsächlich zu Opfern, zur Zielscheibe von fremdenfeindlichem, rassistischem Hass. Und das muss man Ihnen deutlich sagen: Mehr als 700 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in der Bundesrepublik in diesem Jahr muss uns eigentlich in der politischen Auseinandersetzung dazu bringen, uns anders mit Flüchtlingen auch argumentativ, auch in der Öffentlichkeit, in der Debatte auseinanderzusetzen und sie nicht permanent in die Reihe derer zu stellen, vor denen sie aus den Ländern in Syrien und Afghanistan geflohen sind. Ich glaube, es ist eine notwendige Antwort, die dieses Parlament hier auch geben muss, indem es sich dazu bekennt, Flüchtlinge nicht nur willkommen zu heißen, sondern auch humanitär hier unterzubringen und ihnen den Schutz zu bieten, den sie gerade auch vor Terror hier in der Bundesrepublik gesucht haben.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, die Antwort an die Menschen in diesem Land, die Sorge haben, ist auch Ehrlichkeit und Transparenz, nicht vage Andeutung, nicht Unsicherheit schaffende Desinformation, sondern ein ehrlicher Umgang mit abstrakten Gefahrenlagen, aber auch mit konkreten Gefahrenlagen, wenn sie eintreten. Ein ehrlicher Umgang heißt aber auch natürlich, offen darüber zu reden, was ist wirklich an Sicherheitsmaßnahmen notwendig und was ist vor allem auch geeignet. Es nützt nichts, einfach mit Forderungen nach immer mehr Ausrüstung, immer mehr Befugnissen ein Gefühl in der Öffentlichkeit zu erzeugen, als ob dieses Land nicht vorbereitet wäre oder nicht in der Lage wäre, auch Sicherheit für seine Bürgerinnen und Bürger und die anderen Menschen, die hier in diesem Land leben, tatsächlich zu gewähren. Wir müssen uns in der Tat natürlich damit auseinandersetzen, ob das, was vorhanden ist, ausreichend ist. Aber das erfordert eine sachliche Information, das erfordert ein sachliches Auseinandersetzen und ein Miteinanderreden, so wie ich glaube das in der letzten Woche im Innenausschuss vernommen zu haben. Und das ist dann eben auch die ausdrückliche Einladung an die CDU, gemeinsam darüber zu diskutieren: Was ist tatsächlich angemessen? Was ist geeignet? Was ist notwendigerweise umzusetzen? Ich glaube, da haben wir innerhalb der Fraktionen des Thüringer Landtags, mit Ausnahme der AfD, tatsächlich auch etwas Spielraum, diese Diskussion gemeinsam zu führen und nicht gegeneinander.


Ein letzter Satz, meine Damen und Herren, weil es mir wichtig ist, auch nach Paris ein politisches Signal zu senden. Die Antwort auf Unfreiheit ist Freiheit. Die Antwort auf Krieg ist Frieden. Die Antwort auf Ungleichheit ist Teilhabe. Die Antwort auf Not ist Solidarität und die Antwort auf Ausbeutung ist Gerechtigkeit. Eine Antwort, wie sie die AfD versucht hat zu geben, ist mit Sicherheit keine. Herzlichen Dank.


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