Tempo für Thüringen, keine Fahrverbote für Motorräder

Dr. Gudrun Lukin

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/864

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Überschrift des FDP-Antrags heißt ja „Tempo für Thüringen, keine Fahrverbote für Motorräder“. Also schon mit dem Titel Ihres Antrags haben Sie eigentlich dem angezeigten Problem keinen Gefallen getan. Er ist, kurz gesagt, etwas plakativ und irreführend. Wenn ich nicht zufällig Ihr Plakat im Landtag gesehen hätte mit der Überschrift „Tempo für Thüringen“, dann hätte man das auch als Aufforderung für den Fahrzeugführer werten können, mehr Gas zu geben. Aber, liebe Kollegen, Sie wissen doch, dass unangepasste Geschwindigkeit die Hauptunfallursache für motorisierte Krafträder ist.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und was bezwecken Sie eigentlich mit der martialischen Überschrift oder Losung „Keine Fahrverbote für Motorräder“?

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Losungen haben nur Sie!)

 

Ich will nur sagen: Punkt 1 Ihres Antrags ist doch schon mit der CDU damals abgeklärt worden. – Das war wohl im Juni des vergangenen Jahres. – Sie forderten die Landesregierung auf, sich gegen die Einführung pauschaler Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen für Motorräder zu positionieren und nehmen Bezug auf Punkt 7 der Entschließung des Bundesrats 125/20 vom 15.05. des vergangenen Jahres. Aber da steht nichts dergleichen drin – im Gegenteil, die Bundesländer fordern mit großer Mehrheit konkrete Maßnahmen zur Lärmminderung. Vor allem gerichtet an Hersteller, Gesetzgeber und Testverfahren. Und ich zitiere: „Lediglich für besondere Konfliktfälle soll es Geschwindigkeitsbegrenzungen zeitlich beschränkt für Verkehrsverbote aus Gründen des Lärmschutzes geben.“ Was ist davon Ihrer Meinung nach pauschal oder eine Verdächtigung der Motorradfahrer? Welches Bild zeichnen Sie in diesem Zusammenhang von den vielen Fahrern, die sich regelkonform verhalten? Auf der anderen Seite ist das Thema „Zunehmender Straßenlärm“ nicht mehr zu ignorieren.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Gerade deshalb richtet sich auch die Entschließung des Bundesrats vor allem an die Industrie mit der Forderung, weniger lärmintensive Kräder anzubieten, die noch legalen technischen Maßnahmen zur Soundverstärkung zu unterlassen und endlich realitätsnahe Testverfahren unter Alltagsbedingungen einzuführen, das heißt, in allen Betriebszuständen. Es reicht eben nicht, dass Hersteller lediglich das Einhalten der zusätzlichen Bestimmungen der Geräuschemission zwischen 20 km/h und 80 km/h bestätigen müssen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu sind übrigens 2018 schon im Bundestag diskutiert worden.

 

Und liebe Kollegen von der FDP, wieso ist lediglich oder zumindest eine zeitlich begrenzte Fahrpause für Motorräder und meinetwegen auch für Kfz, in Kurorten zum Beispiel, der Untergang des Abendlandes? Ich erinnere an mein Beispiel, das ich gebracht habe, dass in Gartenkolonien in der Mittagspause kein Lärm von Rasenmähern zu hören sein soll. Und ich kann mich auch nicht erinnern, dass es dort Einwendungen gegen die Einschränkung von Individualrechten gibt.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Eine Bemerkung noch zu Punkt 1: Sie lehnen die verpflichtende Einführung von Fahrtenbüchern ab. Gut, kann man machen. Aber wie wollen Sie das in der Entschließung angeführte Problem lösen, dass festgestellte Raser und Lärmer nicht identifiziert werden können, und zwar wegen der Helmpflicht und fehlender Frontkennzeichen? Gerade aus Sicht der Unfallforschung und der Verkehrssicherheit ist die Diskussion zur Halterhaftung oder zumindest Halterkostenhaftung im fließenden Verkehr notwendig. Wenn ein großer Teil der beweissicher dokumentierten Fälle eingestellt werden muss und damit auch hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht sanktioniert werden können, dann haben wir wirklich ein echtes Problem. Denn fehlende Sanktionierung von rechtswidrigem Verhalten fördert die Unfallgefahr und provoziert weitere Übertretungen. Das Ergebnis sind oft schwere Personen- und Sachschäden. Es muss doch zumindest möglich sein, dass der Fahrzeughalter verpflichtet wird, den Namen des Verursachers des Rechtsverstoßes benennen zu müssen oder ein Fahrtenbuch vorzulegen, das übrigens laut § 31a StVZO für Fahrzeughalter auch verpflichtend möglich sein kann, wenn vorher Regelverstöße vorgenommen werden.

 

Aber kurz gesagt: Wollen Sie mit Ihrem Antrag Rechtsverstöße ungeahndet lassen oder zumindest deren Aufklärung behindern? Sie können die Polizei sicher schulen und ausrüsten, um Verstöße gegen Lärmbelästigungen, unzulässige Manipulationen besser feststellen zu können, aber solange Sie die rechtlichen Voraussetzungen zur Täterermittlung nicht akzeptieren, ist das erstens frustrierend für die Polizei und zweitens unzureichend zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.

 

Das Anbringen von Unterfahrschutzvorrichtungen – zu Punkt III Ihres Antrags – an Schutzplanken ist sicher ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit für Kradfahrer. Ihre Darstellung suggeriert allerdings, dass dieses Anliegen bisher eine unzureichende Rolle im Freistaat gespielt halt. Dem ist allerdings nicht so. Thüringen setzt sich überdies im Bund dafür ein, dass vor Einrichtung von Schutzstreifen auch eine Prüfung der Notwendigkeit von Unterfahrschutzvorrichtungen mit erfolgt. Das ist allerdings bisher noch nicht gegeben. Diesen einen Punkt kann man sicher im Ausschuss diskutieren. Aber ansonsten halten wir Punkt I und Punkt II eigentlich für überflüssig, weil plakativ und unzutreffend formuliert.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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