Stärkung von Informationsfreiheit und Transparenz im Freistaat Thüringen 1/2

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/2137


Meine Damen und Herren, wir haben im letzten Tagesordnungspunkt viel über Bürgerbeteiligung und Formen direktdemokratischer Mitbestimmung gesprochen. Im Kern geht es auch um diese Frage: Wie organisieren, wie gestalten wir diese Gesellschaft, damit Menschen teilhaben können an politischen Prozessen und eben auch direkt an Politik partizipieren können? Eine Grundvoraussetzung dafür – das ist, glaube ich, im letzten Tagesordnungspunkt auch sehr deutlich geworden – ist die Information:


(Beifall DIE LINKE)


Information dergestalt, dass, wenn Sie so wollen, Verwaltung, Politik keinen Informationsvorsprung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern mehr haben und praktisch belehrend erläutern können, warum Entscheidungen so oder so getroffen worden sind, sondern Informationsausgleich zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik dergestalt herzustellen, dass ein Austausch von Argumenten möglich ist, ein Streit in der Sache möglich ist und alle gemeinsam eine Entscheidung auf Grundlage tatsächlicher Informationen treffen können. Davon sind wir in Thüringen in vielen Bereichen noch meilenweit entfernt.


Ich glaube, auch in Bezug auf die besondere politische Situation in diesem Jahr und auch vor dem Hintergrund, dass politische Gruppierungen versuchen, Stimmungsmache in diesem Land zu betreiben, ist es notwendig, den Menschen auch das Signal auszusenden, dass ihr Mittun, ihr Mitmachen, ihr Mitentscheiden in dieser Gesellschaft gewünscht ist. Es ist auch ein besonderes Anliegen, Bürgerinnen und Bürger so in die Lage zu versetzen, dass sie den falschen Argumenten, den falschen Informationen in sozialen Netzwerken und Hetzschriften oder auf Hetzkundgebungen nicht nachrennen, sondern dass sie selbst die Fähigkeit und die Kompetenz besitzen, sich eine Meinung zu bilden.


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, wir haben seit einigen Jahren dafür auch eine Rechtsgrundlage in Thüringen wie in anderen Bundesländern oder auf der Bundesebene mit dem Informationsfreiheitsgesetz. Aber wir mussten feststellen, dass das Informationsfreiheitsgesetz nicht nur in seiner Struktur an den eigentlichen Erfordernissen vorbeiwirkt, weil es eben den Bürger in die Pflicht versetzt, einen Antrag zu stellen gegenüber der Verwaltung auf Informationszugang, über den diese entscheiden kann oder entscheiden wird. Dazu haben wir der Verwaltung noch eine Reihe von Ausnahmemöglichkeiten eröffnet, die das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz de facto unwirksam in der Praxis hat werden lassen. Deswegen haben sich die Linke, SPD und Grüne in den Koalitionsverhandlungen dazu verabredet, das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz fortzuentwickeln zu einem tatsächlichen Transparenzgesetz, was einen Paradigmenwechsel auch in der Verwaltung mit sich bringen wird, nämlich, dass der Bürger nicht mehr Bittsteller für Informationen ist, sondern dass die Verwaltung proaktiv Bürgerinnen und Bürgern, der Öffentlichkeit die ihnen zugänglichen Informationen zur Verfügung stellt und der Zugang entgeltfrei und hinderungsfrei ermöglicht wird.

Wir haben uns dazu verständigt, dass wir uns an den Beispielen in Hamburg und Rheinland-Pfalz orientieren und dort auch die positiven Erfahrungen des Ausarbeitungsprozesses eines solchen Transparenzgesetzes anschauen und uns zum Vorbild machen, aber auch die Erfahrungen im Vollzug dieses Gesetzes berücksichtigen. Es ist auch an der Zeit, diese Erfahrungen im Prinzip in die Fortentwicklung dieses völlig neuen Paradigmenwechsels der Transparenz von Verwaltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern einfließen zu lassen.


Der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat im Februar 2016 einen eigenen Entwurf vorgestellt und die Koalitionsfraktionen haben im Rahmen einer Veranstaltung mit Sachverständigen, mit Experten auch für den Transparenzgedanken geworben, haben diskutiert, wie ein solches Transparenzregister auch für Thüringen ausgestaltet werden muss. Wir wollen nicht nur das Transparenzregister mit dem Transparenzgesetz auf den Weg bringen. Wir wollen auch die nächsten Monate im Erarbeitungsprozess für ein solches Transparenzgesetz dazu nutzen, den Paradigmenwechsel der Transparenz, der proaktiven Veröffentlichung bereits im Erarbeitungsprozess wirken zu lassen: nämlich, dass bereits im Rahmen der gesetzlichen Erarbeitung Bürgerinnen und Bürger, Interessenvertreter, Sachverständige ihre Meinung mit einbringen können. Insofern stellen wir heute einen Antrag zur Abstimmung, der einerseits die Landesregierung auffordert, dem Thüringer Landtag ein Transparenzgesetz als Entwurf vorzulegen. Dieser Antrag beinhaltet Eckdaten, die wir dann bei der konkreten gesetzlichen Ausgestaltung weiter diskutieren müssen, aber der Antrag beinhaltet darüber hinaus ein klares Bekenntnis zur Transparenz, zur Offenheit als Voraussetzung für Partizipation und Mitbestimmung. Dieser Antrag beinhaltet auch


Vizepräsidentin Jung:


Herr Abgeordneter Dittes, Ihre Redezeit ist um.


Abgeordneter Dittes, DIE LINKE:


– mein letzter Satz – der Antrag beinhaltet auch, bereits den Erarbeitungsprozess transparent und unter weitestgehend öffentlicher Beteiligung zu gestalten. In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung heute in dieser Plenarsitzung.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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