Sozialen Kahlschlag durch die Bundesregierung verhindern – Fortsetzung der Förderung von arbeitslosen Menschen in Thüringen

Lena Saniye Güngör

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 7/8681

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen und vor allem liebe Vertreterinnen der Thüringer Trägerlandschaft, die uns heut digital folgen! In der Aktuellen Stunde möchten wir als Linksfraktion die Auswirkung der Bürgergeldreform auf arbeitslose junge Menschen in Thüringen behandeln, denn vor wenigen Wochen ist an viele Träger der Thüringer Integrationsrichtlinie ein Informationsschreiben zum Auslaufen der Förderung bis Ende des Jahres 2023 eingegangen.

 

Ich denke, Sie alle haben den medialen Aufschrei in Thüringen vernehmen können, der auf dieses Schreiben folgte. Hintergrund für die drastische Maßnahme ist die von der Ampelregierung im Zuge der Bürgergeldreform geplante Umsetzung der sogenannten ganzheitlichen Betreuung nach § 16k Zweites Sozialgesetzbuch. Damit einher geht die Umschichtung der Zuständigkeiten für Beratung und Integrationsleistungen für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren in das Aufgabenfeld der Arbeitsagenturen und damit losgelöst von den Jobcentern. Das mag jetzt erst mal unspektakulär klingen, aber wie so vieles dieser Tage schafft es der Bund, dass damit mehr Probleme entstehen als gelöst werden. Nach gegenwärtigen Stand werden die Fördermaßnahmen für unter 25-Jährige, die durch die Landesebene im Rahmen der Integrationsrichtlinie gefördert werden, mit Ende des Jahres eingestellt werden müssen, denn eine weitere Förderung durch den Freistaat Thüringen wäre nach Artikel 31 Grundgesetz und § 23 Thüringer Landeshaushaltsordnung rechtswidrig. Es droht sonst eine Doppelfinanzierung.

 

Wir sprechen hier also von einer massiven Einschränkung der Förderangebotsvielfalt im Freistaat, denn Maßnahmen innerhalb der Arbeitsagenturen sind begrenzt und können keine ausreichenden Hilfeleistungen bieten. Hinzu kommt, dass die Ampelregierung keinesfalls gewillt zu sein scheint, die eigenen Reformprojekte dann auch ausreichend finanziell zu untermauern. Es winkt eine radikale Kürzungspolitik in nahezu allen Bereichen des Haushalts, es ist jetzt nicht nur auf den Arbeitsmarktbereich bezogen, es ist auch in der Bildung, es ist in der Migration, es ist im Umweltbereich, mit einer großen Ausnahme, dem Rüstungsbereich.

 

So sind auch bei den Jobcentern deutliche finanzielle Einbußen geplant. Allein dieses Jahr sind die Mittel der Jobcenter bereits um 700 Millionen Euro gekürzt worden und nächstes Jahr sollen noch weitere 200 Millionen Euro an Verwaltungsgeldern gekürzt werden. Die Pläne der Bundesregierung sind damit nicht durchdacht und führen nicht nur zum Erodieren der Jobcenterstrukturen, sondern vor allem zu einer finanziellen und auch einer personellen Überlastung der Arbeitsagenturen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss Sie alle nicht daran erinnern, wie sehr wir hier in Thüringen bereits jetzt und in Zukunft mit einem hohen Arbeits- und Fachkräftebedarf konfrontiert sind, und dass jede berufliche Fördermaßnahme, die hilft, jungen Menschen einen Arbeitsplatz zu sichern, auch diese Herausforderung besser meistern lässt. Die jüngst veröffentlichten Zahlen des Thüringer Arbeitsmarktberichts vom August 2023 betonen erneut die Wichtigkeit genau dieser Wiedereingliederungsprogramme. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit in Thüringen bei den 15- bis 25-Jährigen über 15,3 Prozent auf 7.455 Personen zu verzeichnen. Insgesamt sind damit in Thüringen 11,1 Prozent der arbeitslosen Menschen in dieser jungen Gruppe der 15- bis 25-Jährigen. Bundesweit beträgt der Anteil der arbeitslosen Menschen in diesem Altersbereich nur 5,6 Prozent. Hier liegt also offensichtlich dringender Handlungsbedarf für junge Menschen vor. Eine Evaluierung unserer Thüringer Integrationsrichtlinie zeigte, dass 80 Prozent der Projektteilnehmer ihre berufliche, fachliche und persönliche Situation bezüglich der Beschäftigungsfähigkeit verbessern konnten. Das heißt, wir haben hier sogar sehr wirksame Maßnahmen, deren Verlust im Raum steht.

 

Ich sage hier ganz deutlich: Wir als Linksfraktion werden uns konsequent dafür einsetzen, dass diese unsoziale Kürzungspolitik gestoppt wird. Wir wollen den Kahlschlag der Maßnahmenvielfalt durch die Verschiebung der Förderungsmaßnahmen zur Bundesebene verhindern. Hier sind auf Landesebene allerdings bisher nur eingeschränkte Mittel, die wir erkennen können. Die Thüringer Landesregierung mit unserer Arbeitsministerin Heike Werner prüft jedoch derzeit auf Hochtouren Mittel und Wege, wie die Förderungen trotz des Agierens der Ampel fortgesetzt werden können. Sehen Sie diese Aktuelle Stunde deswegen als einen dringenden Appell auch an Ihre Fraktionen auf Bundesebene, ein deutliches Signal so nicht mehr zu geben, denn die Auswirkungen dieser Pläne für junge arbeitslose Menschen in Thüringen sind schlicht unverantwortlich. Vielen Dank.

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