Solidarität mit den Beschäftigten von Opel Eisenach und den Zulieferern

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/54 -

"Wir saßen einst in einem Boot, der Käptn lebt, die Mannschaft tot." Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Arbeitsplätzen darf man nicht Monopoly spielen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sage ich ganz bewusst und vorweg, denn es geht nicht nur um die Arbeitsplätze bei Opel, es geht um die Arbeitsplätze bei den direkten Zulieferbetrieben und bei den Zulieferbetrieben der Zulieferbetriebe. Es geht um die gesamte Region in Thüringen. Immerhin bis zu 20 Prozent unseres Industriepotenzials hängen direkt oder indirekt an der Verclusterung in diesem Automobilsegment. Die Frage, ob ein solches Unternehmen in Thüringen noch produzierend vorhanden ist oder nicht mehr vorhanden ist, ist für uns von großer entscheidender Wichtigkeit. Deswegen, werter Herr Machnig, der Antrag, dass Sie Alternativen prüfen sollen, ist nicht von uns, der ist von der FDP. Da ist schon ein Unterschied. Wir möchten, dass keine Alternativen zum Standort Eisenach und zu Opel geprüft werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir möchten, dass alles getan wird, dass Opel produzierend in Thüringen erhalten bleibt und in der Vernetzung die Zulieferer und die Drittzulieferer weiterhin qualitativ leisten können und unterstützt werden. Wir müssen uns also über eine Mehrzahl an Maßnahmen verständigen. Dazu gehört unter anderem zum Beispiel für kleine und mittelständische Betriebe, die im Automotivebereich tätig sind, eine Unterstützung durch die Banken. Wir erleben geradezu, dass der gesamte Automotivebereich auf die Watchliste der Banken gesetzt worden ist, dieselben privaten Banken, die zurzeit Staatsknete nehmen und Monopoly spielen, als wenn nichts gewesen wäre. Die kommen derzeit ihrer Verpflichtung nicht nach, den Betrieben, die im Moment Eigenkapitalsicherung und Eigenkapitalunterstützung brauchen, entsprechend Geld zur Verfügung zu stellen. Denen helfen auch keine weiteren Zuschüsse. Denen hilft nur Eigenkapital oder eigenkapitalersetzende Maßnahmen. Ich sage das deswegen auch in Anwesenheit der Kolleginnen und Kollegen von Opel Eisenach, weil ich zurzeit E-Mails bekommme von Menschen aus Thüringen, die sagen, hört doch auf, über Opel zu reden. Hört doch auf, ihr macht alles für Opel und für alle anderen tut ihr nichts. Dabei wird übersehen, wenn Opel nicht mehr da wäre, wären die kleinen und mittelständischen Betriebe, die alle an dem Cluster hängen, auch weg. Das heißt, wir müssen darauf achten, dass Opel Synonym ist für viel mehr, als einfach nur den Corsa bauen. Mir ist es - ehrlich gesagt - zu wenig, wenn Ihr nur den Corsa baut. Ich möchte, dass Opel Eisenach in Zukunft ein innovatives Leistungszentrum wird, bei dem auch der Ampera eine Zukunft hätte und wir ein Forschungs- und Entwicklungszentrum wären. Insoweit unterstützen wir die Landesregierung in ihrem Bemühen, in die Richtung zu agieren.

Das bedeutet aber - und da unterscheiden wir uns dann in der Tat -, der Antrag in der heutige Sitzung, das haben Sie völlig richtig festgestellt, ist nicht gestellt worden, um hier einen Regierungs-Oppositions-Klamauk zu machen. Ich habe auch ausdrücklich die Ministerpräsidentin angerufen und ihr angekündigt, dass es tatsächlich um die Solidarität des Landtags und der Landesregierung, aller Politiker in Thüringen geht, weil die Sorge um das, was da geschieht, viel, viel größer ist, als dass wir zulassen könnten, dass wir an die Industrieproduktion in Thüringen Luft heranlassen würden. Ich halte die Entscheidung von GM für eine ausgesprochen schwierige, um nicht zu sagen, eine seltsame. Ich zitiere die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", den Herrn zu Guttenberg. Herr zu Guttenberg hatte noch als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie einen Brief an den Mutterkonzern General Motors sowie an die Opel-Treuhandgesellschaft geschrieben. Darin hatte er im Namen der Bundesregierung versichert, dass die zugesagten Staatshilfen von 4,5 Mrd. € nicht nur Magna, sondern jedem Investor zugute kämen. Dies wird als Umstand gewertet, der GM dazu bewog, Opel nicht zu verkaufen. Guttenberg verweist darauf, dass alle Formulierungen mit dem Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium und den Ländern mit Opel-Standorten abgestimmt worden seien. Das heißt, es müsste ja auch mit Thüringen abgestimmt worden sein und dann hätten wir noch Klärungsbedarf, den wir dann aber im Ausschuss bereden. Da sage ich dann, es soll niemand so tun, als wenn mindestens einer der Treuhänder, der Opel in den Händen hat, mal auf einer ganz anderen Seite stand. Der ist jetzt ausgetauscht worden, aber Herr zu Guttenberg, Entschuldigung, hat eine Rolle gespielt, die ich als ausgesprochen dubios und zweifelhaft betrachten muss.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: 17. Oktober.)

Vor einem Jahr hat Herr Forster öffentlich angekündigt, dass Opel Europa Hilfe braucht. Er hat das sehr mutig angekündigt, er hat deutlich gemacht, wir haben große Schwierigkeiten. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Opel-Werke alles atomisierte Produktionsstandorte des weltweit agierenden Konzerns sind und dass das einzelne Werk in der Konzernstrategie überhaupt keine Rolle spielt, sondern dass die Werke immer nur in einer bestimmten Funktion eingesetzt werden. Eisenach ist über Jahre hinweg als Benchmarkwerk gegen den Rest der Welt eingesetzt worden. Je besser ihr produziert habt, desto mehr haben die in Korea oder sonstwo gewusst, wie man das Wort "Eisenach" schreibt, nämlich immer dann, um deren Produktionskennziffern zu drücken.

Opel war nie ein europäischer Konzern, deswegen ist unsere Lesart - da unterstützen wir Sie -, aus der Marke "Opel" muss ein Konzern "Opel" werden, muss eine Aktiengesellschaft werden. Das darf nicht nur Opel AG heißen, sondern es muss ein europäischer Konzern sein, der kann dann auch nach Aktienrecht verfasst sein, aber es muss ein eigenständiger Konzern sein, und zwar unabhängig davon, ob GM beteiligt ist oder Ripplewood oder Magna. Bei Ripplewood will ich nur in Erinnerung rufen, das sind die, die gesagt haben, Eisenach für zwei Jahre stilllegen und alle in Kurzarbeit schicken. Dann hätten wir die 1.700 in Kurzarbeit und fünf- bis sechsmal so viel bei den Zulieferern und soundsoviel Betriebe, die gleich hops gegangen wären, nur weil ein Finanzmakler damit Kohle zocken will. Deswegen habe ich vorhin den Satz "Wir saßen einst in einem Boot, der Käpt'n lebt, die Mannschaft tot." Gesagt. Denn manche der Finanzinvestoren sind nur daran interessiert, auszuweiden, und andere sind daran interessiert, Marktbereinigung zu betreiben. Deswegen, meine Damen und Herren, geht es uns bei der Antragstellung nicht einfach nur um ein "Weiter so" in Eisenach. Wir müssen uns einen Plan machen, der davon ausgeht, den Ist-Zustand zu analysieren. Da habe ich auch ein paar Fragen, die wir heute auch nicht bereden müssen, die wir im Ausschuss bereden sollten. Die Frage ist: Wo sind eigentlich die Opel-Anteile von GM derzeit abgeblieben? Hat GM sie eigentlich oder sind sie auf den Treuhänder übergegangen? Denn die Zahlung der Staatsmittel war daran gekoppelt, dass GM seinen Eigentumsanspruch auf den Treuhänder überträgt. Insofern verweise ich auf das, was Herr Drissen am 28.05. im Namen des Wirtschaftsministeriums im Wirtschaftsausschuss im Rahmen einer Selbstbefassung von uns vorgetragen hat, nämlich dass GM die Lizenzen und Patente sowie die gewerblichen Schutzrechte auf eine Zweckgesellschaft übertragen hat. Die Frage ist: Wer ist Eigentümer der Zweckgesellschaft und wer ist zurzeit der Verfügungsberechtigte dieser Zweckgesellschaft? Ist es der Treuhänder dann muss man die Frage stellen: Treuhänder, was machst du damit? Du bist derjenige, der eigentlich im Sinne einer staatsfernen Regelung handeln soll. Du bist nicht in der Lage, eine Konzernbereinigung zu betreiben, wo Marktbereinigung betrieben wird. Es geht bei den Lizenzen immerhin um 7,1 Mrd. €, die GM gegenüber Opel in Rechnung gestellt hat. Damit würde sozusagen das Damoklesschwert gleich wieder von dem Konzern obendrüber gestülpt werden, egal, wie viel Staatsgeld wir reingeben.

Deswegen auch unsere klare Auffassung, wir müssen uns einen Plan machen und wir müssen einen Plan haben. Ich möchte ihn ja gar nicht in aller Öffentlichkeit erläutert bekommen, aber ich hätte schon das Bedürfnis, deutlich zu sagen, dass kein Staatsgeld mehr in Unternehmen - und das meine ich jetzt generell - fließen, ohne dass dafür nicht Eigentumsrechte gebildet werden. Warum soll man denn mit staatlicher Hilfe privatrechtliche Unternehmen sanieren, wenn anschließend das Geld privat verwirtschaftet wird oder ein Finanzinvestor einfach das Unternehmen aushebelt oder ausnimmt, je nachdem, wie man es dort gern hätte? Deswegen meine Frage auch: Wo sind die Zweckgesellschaften, wer verfügt über die Zweckgesellschaften und wer verfügt über die Grundstruktur? Aus meiner Sicht gab es eine Überlegung, die will ich gern wiederholen und mahne sie zur Diskussion an. Die Überlegung heißt: Wenn wir aus der Marke Opel einen Konzern Opel, einen aktienrechtlichen Konzern entstehen lassen, einen Mobilitätskonzern, dann dürfen wir nicht nur die vier Standorte Deutschlands nehmen. Ich war langjährig der Vorsitzende der deutsch-spanischen Parlamentsgruppe, ich habe mit dem spanischen Botschafter regelmäßig im Kontakt gestanden, ich war in Saragossa, ich kenne die Leistungsfähigkeit von Saragossa und weiß, dass wir mit Spanien und Belgien und England uns verständigen müssen. Sonst werden sie uns in jeder Entscheidung, wo wir Staatsgeld geben, über die EU ausknocken.

Insoweit müsste man aus unserer Sicht - sagen wir jedenfalls - das staatliche Geld einsetzen, um diese Aktiengesellschaft entstehen zu lassen. Ich verweise ausdrücklich auf ein sehr erfolgreiches Staatsmodell, das heißt VW. Das hat die VW-Beschäftigten gerade vor einer unbotmäßigen Übernahme durch Porsche, und zwar durch Porsche-Finanzanlagestrategien, verhindert. Dieses VW-Gesetz ist mittlerweile europasicher. Für mich wäre es ein Leichtes, auch die ersten 1,5 Mrd., die schon geflossen sind, das war ja der Barzuschuss, 500 Mio., die als Bargeld an Opel gegangen sind, also Opel Europa, und der Rest an Bürgschaften, der dazu gegeben wurde. Meine, unsere Vorstellung wäre, dass man am Schluss eine Opel Aktiengesellschaft entstehen lässt, bei der der Staat, gebildet aus den vier Bundesländern, 25,1 Prozent Anteile an dieser Aktiengesellschaft hält - also Staatsgeld nur gegen Eigentum. Das heißt damit überhaupt nicht, eine Entscheidung gegen GM zu treffen. Das heißt nur, eine eigenständige Struktur entstehen zu lassen, damit aus Detroit nicht ständig zugegriffen werden kann auf einen einzelnen Standort rund um den Globus, und das Ausspielen von einem Standort gegen den anderen. Es gab das Angebot der Händler, bis zu 20 Prozent an Eigentumsanteil aus dieser entstehenden Aktiengesellschaft zu übernehmen. Ich habe im Bundestag damals den Bundeswirtschaftsminister gefragt, ob er bereit wäre, eine Ausfallbürgschaft für ein solches Beteiligungsmodell der Mitarbeiter und der Händler zu gewähren. Die Bundesregierung hat damals im Parlament gesagt, sie können sich das vorstellen, wenn damit eine Eigentumsstruktur entsteht; warum nicht 15 Prozent der Händler, 10 Prozent der Mitarbeiter - das wären 25 Prozent, 25,1 Prozent die vier Bundesländer und wir hätten eine Sperrmajorität, bei der dann General Motors ein gleichberechtigter Partner im Konzern wäre. Aber er wäre Aktionär; die Aktiengesellschaft unterliegt dann dem Aktionärsschutz und kann nicht so angewendet werden, wie wir es gerade bei Eisenach erleben. Eisenach ist jahrelang Benchmarkwerk gewesen. Das heißt, es habt beste Produktionsergebnisse und Kennziffern dargestellt, danach mussten andere sich richten, gleichzeitig sind die Vorprodukte so teuer geworden, dass in Eisenach steuerrechtlich derzeit ein dreistelliger Millionenbetrag in der Bilanz als Verlust ausgewiesen wird. Das versteht doch kein Mensch mehr, dass man arbeitet auf Teufel komm raus, und anschließend vorgehalten bekommt, steuerrechtlich habt ihr Verluste produziert ohne Ende. Das ist die Methode, wie Finanzinvestoren und Finanzjongleure Unternehmen und Menschen kaputt machen.

(Beifall DIE LINKE)

Das bedeutet, dass es doch ein Zynismus ist, der sich gegen die Menschen richtet, die so produzieren. Die sind im Zweifelsfall immer auf Hochtouren, liefern beste Ergebnisse ab und trotzdem werden sie von dem Genuss, den andere haben, nie etwas haben, nämlich einen Anspruch, dass sie auch die Leistung, die sie erbracht haben, in schwierigen Zeiten auch einmal zurückerstattet bekommen. Insoweit ist unser Werben, dass man aus den Werken zusammenfassend ein Gesamtunternehmen entstehen lassen muss.

Ich habe es sehr begrüßt, Frau Präsidentin, als Sie als amtierende Ministerpräsidentin auf der Eisenacher Solidaritätskundgebung in deutlichen Worten alle Optionen in Ihrer Darstellung mit vorgestellt haben. Alle Optionen hieß damals auch die Option, Eigentum zu bilden. Ich fand das damals einen mutigen Schritt. Ich habe ausdrücklich noch einmal nachgefragt, weil ich das sehr wichtig fand, ob man Staatsgeld gegen Eigentum einsetzt. Dann erlebe ich kurze Zeit später, dass auf einmal aus ideologischen Gründen gesagt wird, aber Eigentum darf nie gebildet werden, weil man sagt, daraus entsteht Volkseigentum oder VEB Opel. Das ist einfach ideologischer Unsinn. General Motors ist verstaatlicht worden.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist heute ein Staatskonzern. Dass die heute mit uns so umspringen, haben Sie der Verstaatlichung durch den US-amerikanischen Staat zu verdanken. Jetzt muss ich aber mal sagen, die Bundesregierung ist rechtzeitig davon informiert worden. Deswegen ärgere ich mich auch so maßlos, dass die Bundesregierung falsche Schlussfolgerungen, ideologische Schlussfolgerungen gezogen hat, indem sie gesagt hat, die Verstaatlichung in Amerika ist zwar angekündigt, Geitner hat damals die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert, einen ähnlichen Schritt zu vollziehen wie in Amerika auch, nämliche eine gleiche Staatsholding als Beteiligung zu machen mit demselben Geld. Wir reden über das Geld des Steuerzahlers, das sowieso zur Verfügung gestellt wird. Der Unterschied ist nur, ob ich das Geld in ein schwarzes Loch schmeiße und das Geld woanders dann herauskommt, oder ob ich das Geld in eine Aktiengesellschaft stecke, bei der ich noch Einfluss als Aktionär über das habe, was da geschieht.

Also, während Amerika die Verstaatlichung vorgenommen hat, rechtzeitig angekündigt hat, hat die Bundesrepublik Deutschland so getan, als ginge sie das nichts an. Herr von und zu Guttenberg hat dann öffentlich immer wieder gesagt, wir prüfen alles in alle Richtungen und man hatte den Eindruck - Entschuldigung, dass ich das mal sage -, ich hatte den Eindruck, dass da eher bayerische Interessen als wirklich politische Interessen eine Rolle gespielt haben, dass man da ein bisschen Marktbereinigung macht und einen lästigen Konkurrenten los wird.

(Beifall DIE LINKE)

Das war damals schon falsch. Ich bin jetzt ja sehr einverstanden, dass der neue Wirtschaftsminister zumindest menschlich ein höheres Maß an Anteilnahme zeigt, wie ich es vorher gewöhnt war. Das ist für mich durchaus lobenswert. Es reicht mir aber nicht, dass wir Alternativen für Eisenach prüfen. Ich möchte, dass wir gemeinsam für den Standort Eisenach, für die Zulieferindustrie und den Originalkonzern kämpfen und dazu ist es völlig richtig und ich begrüße das, dass die Landesregierung eine Idee der LINKEN aufgegriffen hat eine Task-Force zu bilden.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist positiv. Das können Sie nicht wissen, das haben wir hier vorgeschlagen, da hat man das nicht für zielführend erachtet. Ich finde das ein richtiges Instrument. Aber es geschehen ja auch Zeichen und Wunder, die Bundeskanzlerin hat ja heute auch schon erwähnt, dass Börsenumsatzsteuer lobenswert sei. Man wundert sich an dem heutigen Tag über gar nichts, sondern man begrüßt es ausdrücklich, dass es neue Töne in Deutschland gibt, und wenn zu den neuen Tönen der Landesregierung auch gehört, dass wir gemeinsam eine Strategie erarbeiten, wie wir den Automobilstandort Thüringen erhalten, wie wir ins Zentrum der Debatte Zukunft für den Automobilstandort stellen, dann sind wir auf dem guten Weg. Das ist weit mehr, wie einfach nur die Versorgung mit ein paar Modellnachfolgeüberlegungen. Der Corsa allein, finde ich, reicht nicht, auch nicht die Alternative mit einer anderen gleichrangigen Produktion, weil die Finalproduktion in Thüringen einfach zu gering ist. Wir haben eine hoch leistungsfähige Fabrik, aber sie ist eben nur Logistiker. Da arbeiten hoch qualifizierte Metaller, aber im logistischen Bereich just in time. Die entscheidende Frage im Magna-Konzept - deswegen habe ich immer gesagt, alternativ zu dem Aktienvorschlag, den ich hier unterbreitet habe, wäre Magna das zweitbeste, aber immer noch bessere Konzept als Ripplewood, weil Magna eine Ausrichtung nach Osteuropa hatte - wäre gewesen, dass der Standort Eisenach ein zentraler Punkt in der Russlandstrategie gewesen wäre. Wenn GM sich am Schluss entscheidet, Russland nicht über Opel zu bedienen, sondern über Chevrolet oder über andere Marken aus dem Konzern, dann wird das Werk Eisenach überflüssig sein aus der Logik dieser Produktionsentscheidung, weil sie dann nämlich rückverlegen nach Saragossa.

Deswegen fand ich es spannend, als es hieß, zum Werk in Eisenach kommt auch noch das Presswerk dazu. Das wäre die nächste Stufe in der Komponentenfertigung, die ich für notwendig und die ich auch für richtig halte. Den Zuhörern draußen müsste man auch mal sagen, auf dem Gelände gibt es längst ein Presswerk. Das gehört nur nicht zu Opel. Es ist ja hoch kurios, dass ganze Züge aus Saragossa durch ganz Europa ins Opelwerk fahren und jedes Produktionsteil aus einem anderen Fertigungswerk bringen und auf demselben Gelände ist schon ein Presswerk, da müsste nur die Mauer in der Mitte weggenommen werden. Das zeigt nur die Kuriosität in dieser Form, wie Automobile heute gefertigt werden, nämlich eher logistisch als denn wirklich noch im Sinne einer ingenieurtechnischen Leistung, die die Mitarbeiter zu erbringen haben. Deswegen plädieren wir dafür, dass wir gemeinsam mit den Beschäftigten, gemeinsam mit der IG Metall die Frage der Mitarbeiterbeteiligung in den Vordergrund stellen, auch die Frage der Ausfallbürgschaften für die Händler, für die Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften von der Bundesregierung abverlangen. Ich finde es völlig richtig, einzufordern, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie mit den vier Ländern gemeinsam eine Strategie erarbeitet, wie man dann auf den GM-Konzern zugeht. Wenn der GM-Konzern sich dann entscheiden würde, am Ende eines solchen Entwicklungsprozesses, wie ich ihn versucht habe für unsere Fraktion zu beschreiben, ein industrieller Partner zu sein, dann allerdings unter der Bedingung, dass er nur Aktionär ist und ingenieurtechnische Leistung gegen Gegenleistung verrechnen muss, aber dann bestimmt er nicht von Detroit die Preise, die man dann den nachgeordneten Werken überhilft. Wenn wir eine solche Loslösung betreiben würden, dann würden wir den Automobilstandort Thüringen systematisch ausbauen. Dann beginnt die Zukunftsüberlegung, an der Sie, Herr Machnig, ja schon einige Akzente öffentlich deutlich gemacht haben, tatsächlich über das Elektroauto, über die Speicherkapazität, über die Speicherverbindung zum Stromnetz, die Modernisierung der gesamten industriellen Strukturen voranzutreiben. Ich glaube, dass die Frage der Verbindung zwischen Speichertechnik, Antriebstechnik und Strommodernisierung ein Zukunftsthema für die nächsten hundert Jahre ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird eine große Entscheidung sein, ob wir in Zukunft in Mikroanlagen, in Kleinstanlagen und in anderen Stromübertragungswegen sozusagen mikrotechnologisch neue ingenieurtechnische Wege gehen oder ob wir nur veraltete Fahrzeuge nach amerikanischem Modell fahren, diese großen Spritsäufer. Deswegen begrüße ich ausdrücklich auch die ergänzenden Hinweise der GRÜNEN, die darauf noch einmal hingewiesen haben, weil ich denke, es kann nicht darum gehen, eine veraltete Technologie einfach nur fortzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte es eingangs gesagt, unser Ansinnen heute war ein Solidaritätsansinnen und ein klares Bekenntnis zu den Arbeitsplätzen, zu dem Standort und eine Zukunftsoption für unser Land. Dieses Solidaritätsbekenntnis wollen wir nicht kleinreden, indem wir heute über Anträge abstimmen, ob dann noch ein Viertelsatz hineinkommt oder nicht. Ich halte, den Antrag, den SPD und CDU gestellt haben, für eine Entschließung, die man heute verabschieden kann als Deklaration. Meine Bitte wäre, alle anderen Anträge, also auch unseren Antrag, an die Ausschüsse zu überweisen und eine regelmäßig Fortberatung, sowohl im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit als auch im Haushalts- und Finanzausschuss, mit den Fachthemen durchzuführen, denn es geht hier um viel Geld. Ich denke aber, wir werden uns um eins nicht drücken können, um eine Grundentscheidung, ob wir ein automobiler Standort sein wollen oder nicht, ob wir zulassen, dass Opel öffentlich schlechtgeredet wird und ob wir zulassen, dass Opel in Konkurrenz zum kleinen Bäckermeister gestellt wird oder zum klein- und mittelständischen Betrieb. Wir müssen die Tonart so wählen, dass es bei Opel-Entscheidungen eben auch um klein- und mittelständische Betriebe geht, denen wir jetzt helfen müssen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich kenne sieben Zulieferbetriebe in Hildburghausen, die dringend Unterstützung bräuchten und die eine schnellere Unterstützung durch Bankgespräche bräuchten. Deswegen will ich den Fokus nicht nur bei Opel belassen, sondern auch sagen, die Banken - das heißt, die deutschen Privatbanken, die alle sich die staatlichen Gelder geholt haben - müssten gezwungen werden, jetzt schnellstens vor dem Jahresende auch solche Betriebe, die über Monate hinweg Kurzarbeit oder Kurzarbeit Null gemacht haben, zu unterstützen. Das muss draußen gespürt werden, damit man nicht das Gefühl hat, dass man sich nur um die Großen kümmert und bei den Kleinen nichts tun würde.

Deswegen meine Bitte: Lassen Sie uns gemeinsam heute ein Verfahren wählen, wie wir auch nach außen das Signal geben. Lassen Sie uns nach außen auch vermitteln, der Standort Eisenach und der automobile Produktionsort Thüringen muss für uns Zukunft sein und er muss von uns verteidigt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Er muss mit Solidarität bedacht werden, und er muss Grundlage sein für die weitere Entwicklung. Sonst erleben wir relativ schnell, dass 20 Jahre nach der Wende erneut ein industrieller Bruch passiert, den wir nicht mehr durch Fördergelder auffangen können. Deswegen hilft mir auch kein Konzept, ein staatlich finanziertes Werk noch mal als Mietfabrik neu zu finanzieren. Ich glaube, es geht nicht darum, ob man einzeln Geld nach Eisenach pumpt. Insoweit ist der FDP-Antrag zwar interessant, aber er signalisiert etwas Falsches. Er signalisiert, dass man schon einen Plan B machen müsste, bei dem der Plan A schon heißt, wir haben den Kampf um den automobilen Standort aufgegeben und wir produzieren dann irgendwas. Für die 1.700 Beschäftigten in der Werkhalle wird man vielleicht noch einen Plan B finden; für die zehn dranhängenden Arbeitsplätze an jedem Arbeitsplatz im Opel-Werk werden wir keinen industriellen Nachfolgearbeitsplatz finden. Wir müssen deshalb um eine Vernetzung und Verclusterung auch des Automotivebereichs gemeinsam kämpfen.

Deswegen auch meine deutliche Bitte, lassen Sie uns nach außen signalisieren: Dieser Landtag und die Landesregierung stehen zusammen, wenn es um Automobilbau, um Opel und um die Zulieferer geht. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

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