Sieben Prozent müssen bleiben – Thüringen für eine Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Speisen im Gastronomiegewerbe

Knut Korschewsky

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/8346

 

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Rund und auch außerhalb dieses Landtags! Die Sorgen der Hotellerie und der Gastronomie, die in dem Antrag der CDU-Fraktion dargestellt werden, kommen nicht von ungefähr. Inflation, hohe Energiepreise und Personalmangel setzen den betroffenen Branchen wie Restaurants, Cafés und Imbissbuden schon länger zu. Aber ich will eins an dieser Stelle gleich sagen: Nicht nur die Hotellerie, Gastronomie und Cafés, Imbissbuden sind davon betroffen, das betrifft mindestens genauso in gleicher Weise die Schulküchen, Alteneinrichtungen, Krankenhäuser, Pflegeheime und Mensen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Deshalb ist dieser Antrag eigentlich ein viel weitreichenderer Antrag, der nämlich auch die sozialpolitischen Gesichtspunkte, die in diesem Zusammenhang zu sehen sind – ich komme darauf noch einmal zurück –, sehr wohl mit in den Blick nimmt und nicht nur auf die Fragen der Hotellerie und Gastronomie abstellt. Aber trotzdem ist drauf zurückzukommen.

 

Der Bundesverband DEHOGA und auch der deutsche Konditorenverband warnen vor den Folgen einer möglichen Mehrwertsteuererhöhung für Speisen in der Gastronomie und appellieren an die Ampelregierung, den reduzierten Steuersatz von 7 Prozent auf Speisen auch im Jahr 2024 beizubehalten. Laut DEHOGA Thüringen wurde im Thüringer Gastgewerbe für 2022 im Vergleich zu 2019 ein Verlust von 4.869 zu 3.967 Betrieben festgestellt – ein Rückgang von 18,53 Prozent. In den kreisfreien Städten waren es 32,4 Prozent der Betriebe und in den Landkreisen 17,14 Prozent. Aktuell liegen die Umsätze im Gastgewerbe bundesweit nach drei schwierigen Jahren auch im I. Quartal 2023 mit minus 12,5 Prozent deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Hier ist es besonders wichtig zu erwähnen, dass fast 90 Prozent dieser Unternehmen in Thüringen kleine Familienunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten sind und genau hier ist auch der Ansatz zu suchen. Sie sind am meisten von dieser möglichen Steuererhöhung von 7 Prozent auf wieder 19 Prozent betroffen. Wenn die Bürgerinnen in Zukunft noch tiefer in die Taschen greifen müssen, wenn sie ihr belegtes Brötchen beim Bäcker, die Bratwurst im Imbiss oder die Lieferung vom Partyservice bezahlen, werden viele lieber verzichten und das ist nicht nur schlecht für die Verbraucher. Ausbleibende Kundschaft ist auch Gift für jedes Geschäft und es Gift für die Entwicklung in den Regionen. Es ist Gift für die Wirtschaftsentwicklung.

 

Ich will aber auch ganz deutlich sagen: Die Frage der Mehrwertsteuer wird keine – ich sage bewusst: keine – einzige Kneipe in Thüringen retten, diese 7 Prozent. Hier sind ganz andere Faktoren wichtig. Hier sind die Faktoren wichtig wie die Nachwuchssorgen der Beschäftigten endlich loszuwerden. Die Frage der Entwicklung in den Betrieben ist hier wichtig, endlich gute Löhne für Beschäftigte zu schaffen, damit auch wieder Beschäftigte da sind – das sind die Sorgen, die diese Betriebe haben und die möglicherweise auch dazu führen, dass sie Insolvenzen anmelden müssen. Ich will auch ganz bewusst sagen: Es bedarf auch gezielter Investitionsprogramme für diese Betriebe vor allem im ländlichen Raum, das ist notwendig, hier müssen wir etwas tun. Das wird dafür sorgen, die Anzahl von Gaststätten im ländlichen Bereich, von denen wir derzeit mittlerweile nur noch sehr wenige haben, wieder zu erhöhen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen nicht nur die Problematik Geringverdienender, die sich das Essen in der Gastronomie nicht mehr leisten können, sondern wir sehen vor allen Dingen auch die Problematik für Schülerinnen und Studierende, die unter den erhöhten Preisen in den Mensen leiden, und die Belastung für das Portemonnaie älterer Menschen, die täglich mit Essen beliefert werden. Ich will mal ein paar Zahlen für Thüringen nennen: Allein 49.000 Studierende in Thüringen nehmen täglich ein Essen in der Mensa zu sich. Auch dies würde wieder ansteigen und das kann eigentlich nicht das Ziel sein. Hier müssen wir dafür sorgen, dass diese Menschen – die Studierenden, die jungen Leute, auch weiter mindestens die 49.000 – in den Mensen essen gehen und nicht noch mehr Geld dafür bezahlen müssen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das betrifft das Schulessen. In den einzelnen Gemeinden liegt es zwischen 1,50 Euro und mittlerweile 5 Euro. Es kann nicht das Ziel sein, dass der Preis für das Schulessen weiter erhöht wird. Wir müssen dafür sorgen, dass es in den Schulen gesundes Essen für einen vernünftigen Preis gibt. Auch dafür ist es notwendig, dass die 7 Prozent erhalten bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Gleiches könnte ich auch für die Altenheime, für die Krankeneinrichtungen sagen. Es ist einfach notwendig, dass es dabei bleibt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch mal einen anderen Punkt ansprechen, der mir auch ganz wichtig ist: Das ist die Frage der Steuergerechtigkeit. Jetzt gucke ich mal meinen Kollegen Kalich an, der mit seiner kleinen Kneipe in Blankenstein eine Bratwurst to go rausgibt – er muss extra dranschreiben „Bratwurst to go“ –, die er dann für 2 Euro verkauft. Wenn er sie in seiner Kneipe verkauft, dann muss er 12 Prozent bis 19 Prozent drauflegen, dann ist es die Bratwurst im Haus. Es kann doch nicht sein, dass beispielsweise solche Konzerne wie McDonald‘s oder Burger King 7 Prozent haben, weil sie nur nach außen verkaufen, aber wenn die Speisen drinnen verkauft werden, dann müssen sie mit 19 Prozent besteuert werden. Das hat doch nichts mit Steuergerechtigkeit zu tun.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, leider ist es so, dass es sich hier um eine Thematik der Bundespolitik handelt. Ich kann mich hier für die rot-rot-grünen Fraktionen nur dafür aussprechen, dass sich die Ampelregierung für eine deutliche Verlängerung des 7-Prozent-Satzes einsetzen soll. Für uns ist es wichtig, dass wir sagen, wir wollen dieses.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Landesregierung auch von Rot-Rot-Grün aus bitten, sich dafür einzusetzen, dass diese Fragen neu durchdacht werden. Nicht umsonst haben wir einen Änderungsantrag – ich will sogar sagen, es ist nur ein Ergänzungsantrag – eingebracht. Ich hoffe, dass wir den gemeinsam dann auch mit dem Antrag der CDU beschließen. Hier geht es darum, dass sich die Landesregierung für eine grundlegende Reform des § 12 und der Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes einsetzt. Da ist uns als Linke auch besonders wichtig, dass Waren des täglichen Bedarfs für Kinder, apothekenpflichtige Arzneimittel sowie alle Lebensmittel inklusive deren Zubereitung einen ermäßigten Steuersatz erhalten. Das soll aktuell dauerhaft erfolgen und nicht bloß zeitweise.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine letzte Bemerkung von meiner Seite: Wir haben in Thüringen nicht die Handlungshoheit dafür, aber wir können auch ein Zeichen setzen, dass wir hier gemeinsam dafür sorgen wollen, dass mehr Steuergerechtigkeit eintritt, dass die Kolleginnen und Kollegen sowohl im Gastgewerbe, aber auch in den anderen Gewerben, die ich genannt hatte, das Gefühl haben, dass wir etwas für die Menschen in diesem Land tun wollen. Ich habe es bewusst auch gesagt: Unser Ergänzungsantrag zielt darauf ab, den Menschen tatsächlich mehr Geld in die Tasche zu geben, dass sie mehr Geld behalten. Das ist sozial gerecht, das soll auch so bleiben, und das soll von der Kneipe bis zur Apotheke so sein, bis zu den Kindereinrichtungen, bis zu den Krankenhäusern, bis hin zu den Nahrungsmitteln für Kinder. Nichts anderes soll mit diesem Antrag bewirkt werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinsam dieses auch so beschließen. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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