Sicherheitslücken bei Demonstrationen am ersten Maiwochenende in Saalfeld, Erfurt und Weimar - Fehler des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales bei der Bewertung der Sicherheitslage?

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 6/620


Keine Angst, meine Damen und Herren, ich rede nicht über meine Demonstrationserfahrung. Das tun Sie ja häufig genug.


(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Noch einer, der Erfahrung hat!)


(Heiterkeit CDU, DIE LINKE)


Herr Walk, in einem Punkt bin ich Ihnen ausgesprochen dankbar und in einem weiteren Punkt muss ich ausdrücklich und grundsätzlich Kritik an Ihrem Redebeitrag voranstellen. Das Erste: Wofür bin ich Ihnen dankbar? Dass Sie den ideologischen Schaukampf Ihrer Kollegen Mohring und Fiedler nicht nachvollzogen haben


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und hier das Pult nicht dazu benutzt haben, um eine unsägliche Verknüpfung zwischen der Entscheidung der Landesregierung zur Abschaffung der V-Leute und dem zu verurteilenden Angriff von Neonazis in Weimar auf den DGB herzustellen. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Ich werde aber im Verlauf meines Redebeitrags dennoch etwas dazu sagen müssen, weil Ihre Fraktion genau diesen Zusammenhang in die öffentliche Diskussion gestellt hat.


Was ich kritisiere, ist, was ich schon seit einiger Zeit in Ihrer Fraktion beobachte: Sie stellen sich im Rahmen der Aktuellen Stunde hier hin, verlangen Aufklärung und sagen, wir haben viele Fragen, zählen die auch auf, aber eine Woche zuvor im Innenausschuss haben wir genau diese Fragen thematisiert. Es ist Ihnen doch auch bewusst, dass Sie diese Fragen, die Sie hier stellen, gar nicht im Rahmen einer Aktuellen Stunde, in einem 5-Minuten-Redebeitrag erörtert bekommen. Es geht Ihnen letztendlich um den Effekt. Aber, und das will ich Ihnen zugute halten, ein Effekt ist natürlich mit einer Aktuellen Stunde verbunden und der muss nicht per se schlecht sein, sondern ist auch ein politisches Signal. Ich glaube, da fehlten mir an Ihrem Beitrag einige politische Signale, die wir tatsächlich aussenden müssen, auch hier von diesem Pult aus. Ich will Ihnen eines nennen, das haben die beiden Vorredner bislang nicht getan. Unsere Anteilnahme gilt als Erstes den beiden Menschen, die in Saalfeld schwer verletzt worden sind,


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


von denen ich weiß, dass mindestens einer dieser Beratung beiwohnt. Unsere Anteilnahme gilt auch denen, die in Weimar und in Saalfeld leicht verletzt worden sind. Denn wenn wir etwas konstatieren nach diesem Wochenende und wenn wir diese Zahl der Verletzten auf der Seite derer zur Kenntnis nehmen, die ihre politische Verantwortung gerecht wahrgenommen haben, um gegen Neonazis auf die Straße zu gehen, wenn die verletzt worden sind, dann ist etwas schiefgelaufen, Herr Innenminister. Dann müssen wir auch als Koalitionsfraktionen, als Landesregierung transparent in der Öffentlichkeit für Aufklärung der Ursachen sorgen, die nämlich tatsächlich für die Fehler verantwortlich sind, die am 1. Mai in Saalfeld vor Ort begangen worden sind oder verursacht worden sind, durch wen auch immer. Da müssen wir die Frage nach der Verantwortung der Versammlungsbehörde stellen. Wir müssen die Frage nach dem Zusammenwirken der Landespolizei, der Bundespolizei und der Versammlungsbehörde stellen und wir müssen sicherlich auch einzelne Entscheidungen vor Ort hinterfragen. Aber eines, denke ich, kann man auch hier als politisches Signal einmal aussenden – und das will ich auch aus Sicht der Linke-Fraktion deutlich tun –: Die Gesamteinsatzlage vom 1. Mai bis zum 3. Mai in Thüringen war eine außerordentliche und sie führte zu einer außerordentlichen Belastung von Polizeibeamten an diesem Tag, an diesen Tagen. Wir müssen konstatieren, dass das polizeiliche Einsatzkonzept in der überwiegenden Anzahl der Einsätze tatsächlich Umsetzung gefunden hat. Aber es gab in Saalfeld ein Geschehen, was, glaube ich, tatsächlich als Fehler zu bezeichnen ist. Insofern ist die Ankündigung, dass wir hier zu einer sachlichen Aufklärung beitragen wollen, auch – und so verstehe ich das – aufseiten der Landesregierung ein Diskussionsangebot an diejenigen, die beispielsweise in der Pressemitteilung des Bündnisses aus Saalfeld ihre Erfahrungen von diesem Tag wiedergegeben haben und natürlich auch Antworten auf ihre Fragen zu polizeilichen Entscheidungen, aber auch zu Geschehensabläufen haben möchten. Ich sehe das als ausdrückliches Diskussionsangebot auch unsererseits an diese Menschen, die dort verantwortlich politisch gegen Neonazis auf die Straße gegangen sind.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich aber davon gesprochen habe, dass unsere Anteilnahme den Verletzten an diesem Tag in Saalfeld und in Weimar gilt, dann will ich auch eines noch hinzufügen: Unsere Anteilnahme gilt auch denen, für die die abstrakte Gefahr, die vom Neonazismus ausgeht, alltäglich auch zu einer konkreten Gefahr werden kann, und zwar nämlich in den Situationen, in denen sie sich als Punk, als Mensch mit Behinderung, als Linker an Abenden in Stadtteilen bewegen, in denen sie tatsächlich auch Angriffen, Diffamierung, Beleidigung und Bedrohung ausgesetzt sind. Denen gilt unsere Anteilnahme,


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


auch wenn wir von deren Situation wenig in den Medien lesen und auch wenig hier im Thüringer Landtag selbst diskutieren. Aber, meine Damen und Herren – das will ich Ihnen ganz deutlich sagen – der CDU-Fraktion, auch wenn, Herr Walk, Sie das ausdrücklich hier in Ihrem Beitrag nicht getan haben: Wer nach dem 1. und 3. Mai die Angriffe in Weimar und in Saalfeld dazu missbraucht, um eine ideologische Debatte um den Einsatz von V-Leuten im neonazistischen Spektrum zu führen, der instrumentalisiert Opfer neonazistischer Gewalt,


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und das ist schamlos und das ist politisch verantwortungslos und das weise ich im Namen unserer Fraktion mit aller Entschiedenheit zurück. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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