Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes – Aussetzung des Anpassungsverfahrens der Abgeordnetenbezüge gemäß § 26 des Thüringer Abgeordnetengesetzes 1/2

Anja Müller

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 7/5370

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren und liebe Interessierte vielleicht noch am Livestream, die AfD hat hier zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die verfassungsrechtlich gar nicht umsetzbar sind, und das ist heute schon mehrfach gesagt worden. Das weiß die AfD und da ist eigentlich das größere Problem, weil sie spielt hier wieder ein einfaches populistisches Schauspiel. Mehr kann man dazu nicht sagen, denn einfach gesagt – und da komme ich jetzt drauf –, die AfD möchte für das Jahr 2022 die automatischen Diätenerhöhungen der Abgeordneten ausgesetzt haben. Doch diese Gesetzentwürfe hätten Sie vor einem Jahr bringen müssen. Da bin ich dabei. Der Anspruch der Abgeordneten entsteht zum 01.01. eines jeden Jahres. Also ist der Erhöhungsanspruch für das Jahr 2022 schon entstanden. Jetzt könnte man locker flockig sagen, na dann schaffen wir halt den Anspruch einfach nachträglich ab und das haben Sie ja auch gerade getan. Das geht aber nicht. Denn egal, ob es um Sozialhilfe, Rentenansprüche oder aber Abgeordnetendiäten geht, der nachträgliche Eingriff in schon entstandene Rechts- und Leistungsansprüche ist grundsätzlich nicht erlaubt. Natürlich stellt sich dann vor allem die Frage: Warum bringen die das denn jetzt zu solch einem Zeitpunkt? In der Hauptsache geht es der AfD wieder darum, die Menschen gegeneinander auszuspielen.

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das machen Sie doch schon!)

 

Mit diesen Gesetzentwürfen wollen Sie die Abgeordneten oder die da oben gegen die da unten ausspielen. Das macht die AfD in ihrer Begründung zum Gesetz auch deutlich, aber darauf gehe ich gleich noch ein. Doch selbst wenn die AfD die Zahl 2022 im Gesetzestitel in die Zahl 2023 ändern würde, werden wir als Linke die Gesetzentwürfe ablehnen, denn für das gerade laufende und das kommende Jahr gehen Experten von einer deutlich schlechteren Wirtschaftsleistung aus. Das schlägt sich dann auch in der Lohn- und Gehaltsniveauentwicklung wieder.

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Kein Wunder bei den Maßnahmen!)

 

Ausgerechnet dann die automatische Diätenerhöhung auszusetzen, wo eine Senkung der Diäten anstehen könnte, das geht gar nicht. An dieser Stelle mache ich für meine Fraktion deutlich, wir als Linke fordern seit Jahren eine umfassende Reform – und das ist, glaube ich, ein ganz großer Unterschied zu Ihrem Ein-Punkte-Gesetz, Sie haben einen Punkt gebracht – des Thüringer Abgeordnetenrechts. Da sind die Schwerpunkte die Abschaffung der automatischen Diätenerhöhung und stattdessen Diätenerhöhung durch Gesetzesänderung in einem transparenten Gesetzgebungsverfahren. Die Abschaffung der steuerfreien Aufwandpauschalen – stattdessen sollen die Aufwendungen für das Mandat beim Finanzamt als Werbungskosten geltend gemacht werden, so wie das jeder andere normale Steuerbürger macht und mit Ausgaben für die Berufstätigkeit. Die Einführung von eigenen Beiträgen der Abgeordneten für die Rentenversicherung und die Versorgung der Hinterbliebenen statt Vollfinanzierung aus Steuergeldern.

 

Seit Anfang der 90er-Jahre kämpfen wir dafür. Verschiedene Gesetzesinitiativen, Anfragen und Anträge wurden durch die PDS und Linke im Laufe der Jahre eingebracht. Daran arbeiten wir auch weiter. Frau Astrid Rothe-Beinlich und auch Frau Lehmann haben es deutlich gesagt, es steht schon seit Monaten ein gemeinsamer Antrag zur Einsetzung einer Expertenkommission, die sich mit dem Abgeordnetenrecht auseinandersetzten soll, auf der Tagesordnung. Da braucht es diese Aktion der AfD nun wirklich nicht.

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Die braucht es immer wieder!)

 

Solange – und das sage ich jetzt auch als linke Abgeordnete gern – der Diätenautomatismus in Artikel 54 leider noch besteht, werden unsere linken Abgeordneten weiterhin ihre automatische Diätenerhöhung spenden. Über 20 Jahre machen wir das schon.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Die Abgeordneten haben dazu einen eigenen Verein. Ich rede von allen Abgeordneten, die hier drinnen gesessen haben.

 

(Unruhe CDU)

 

Selbstverständlich, dazu komme ich gleich.

Die Abgeordneten haben dazu einen eigenen Verein gegründet, der sich „Alternative 54“ nennt. Und jetzt kommt eine unglaubliche Summe: 1.604.980,45 Euro sind dadurch schon verschiedenen Sportvereinen, Sozialvereinen, Feuerwehren und sonstigen Menschen zugutegekommen, die einfach Hilfe brauchen. Wir reden nicht nur oder machen Populismus wie die AfD,

 

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das könnten wir in einem Jahr einsparen!)

 

wir als Linke sind konkret für die Menschen da und helfen ihnen in Notlagen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Was mich alarmiert, ist aber auch die Begründung des Gesetzentwurfs. Sehr wohl gab es in der Corona-Pandemie Hilfen vom Land Thüringen. Auch jetzt setzt sich die Landesregierung für Hilfen gegen die Inflation und Kriegsfolgen ein. Die Behauptung der AfD in der Begründung stimmt schlicht nicht. Das ist Stimmungsmache mit falschen Informationen.

 

In Sachen aktuelle Krisenauswirkung – Stichwort „steigende Energiekosten und Inflation“ – folgende Anmerkung: Der linke Ministerpräsident Bodo Ramelow hat in Richtung Bundesregierung klar öffentlich gesagt, was jetzt dringend notwendig ist. Es braucht ein Energiegeld für Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen. Es braucht ein gesetzliches Verbot von Energiesperren für die Privathaushalte. Es braucht ein Sonderprogramm für kommunale Energieversorger, um unter anderem den Ausbau von Wärmenetzwerken voranzubringen. Also er macht, er handelt.

 

Darüber hinaus wäre wichtig, so finden wir als Linke,

 

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Er handelt nicht, er fordert!)

 

die neoliberale Öffnung des Energiemarkts muss rückgängig gemacht werden. Die in der Bundesrepublik früher bestehende staatliche Aufsicht über die Versorgung und die Preise im Energiesektor muss wieder eingeführt werden. Und Energie darf kein Spekulationsobjekt sein.

 

(Zwischenruf Abg. Czuppon, AfD: Das ist am Thema vorbei!)

 

Wir als Linke wünschten uns Mut, die Rekordgewinne der Konzerne den Menschen zukommen zu lassen, um die Verbraucher jeden Monat spürbar zu entlasten. Frankreich und Italien – vielleicht können Sie das, Herr Montag, an die Bundesregierung mal mitgeben – machen es vor, wie es in der Praxis gerade funktioniert.

 

Mit den beiden populistischen Gesetzentwürfen der AfD zum Diätenmoratorium, die praktisch gar nicht funktionieren, wird es keinem Menschen in Thüringen besser gehen. Es geht der AfD wieder nur mal um die Spaltung der Gesellschaft, wie leider so oft. Dem stellen wir uns entgegen. Wir unterstützen die Menschen mit all unseren Möglichkeiten und unserer Politik. Vielen herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien