Schnellere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im medizinischen Bereich

Lena Saniye Güngör

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/618

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuhörende! Ich möchte zunächst ausdrücklich begrüßen, dass die CDU das Thema der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Bereich Medizin und Pflege wieder auf die Tagesordnung gebracht hat. Ich denke, es ist gut zu wissen, dass wir weiterhin einen überfraktionellen Konsens haben, dass schnellere Anerkennungsverfahren dringend notwendig sind.

 

Dennoch ist es mir wichtig, zwei Dinge anzusprechen, die mir in der insgesamt eher kurz gehaltenen Begründung des Antrags aufgestoßen sind. Die Kontextualisierung dieses Anliegens in der Corona-Pandemie erscheint mir doch symptomatisch für die Position der CDU zur Krise unseres Gesundheitssystems, denn nicht erst seit der Corona-Pandemie gibt es hier Zustände, die untragbar sind. Der Fachkräftemangel ist dabei als Wirkung zu betrachten und nicht als Ursache. Dies liegt vielmehr in den Arbeitsbedingungen, die die Kolleginnen und Kollegen an den Rand der Belastungsgrenzen führen. Wenn Sie sich mit dem Team vor Ort in den Kliniken unterhalten, wird man Ihnen auch klar sagen, die Missstände liegen in den Sparmaßnahmen, die Missstände liegen im Fallpauschalensystem und letztlich in weiteren Anzeichen der Profitorientierung im Gesundheitswesen

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und eben nicht oder zumindest nicht nur in dem als naturgesetzlich dargestellten demografischen Wandel, der in Ihrem Antrag als Begründung herhalten muss. Das heißt, wenn wir uns über die zentralen Probleme in unserem Gesundheitswesen austauschen, sollten wir uns zuerst die Bedingungen vor Augen führen, unter denen Pflege und Medizin aktuell stattfinden.

 

Es ist zudem auffällig, dass die Kolleginnen und Kollegen der CDU migrantische Arbeitskräfte immer dann herzlich willkommen heißen, wenn sie strukturelle Probleme im deutschen Arbeitsmarkt beheben sollen, sei es in der Medizin oder bei der Spargelernte. Die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen ist aber eine grundlegende Herausforderung auf dem Weg Deutschlands hin zu einer solidarischen Einwanderungsgesellschaft. Wir müssen hier endlich aus den verpassten Chancen der Bundesrepublik im Umgang mit den sogenannten Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen lernen. Max Frisch fasste damals die Blindheit der bundesdeutschen Gesellschaft prägnant zusammen: Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen. – Liebe FDP, als Stichwort, Willkommenskultur reicht an der Stelle eben nicht.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Lassen Sie uns also – ich betone das noch mal – einige Generationen später ganz grundsätzlich darüber nachdenken, wie Thüringen der Realität der Migration gerecht werden kann. Für den Bereich der Arbeit bedeutet dies insbesondere ein konsequentes Vorgehen gegen Lohndumping und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Das trifft in besonderem Maße auf die Pflegekräfte zu, um deren Anwerbung Sie in Ihrem Antrag zu Recht bemüht sind. Die zentrale Forderung der Lohnerhöhung hat der Abgeordnete Hartung bereits dargestellt.

 

Ich stimme der CDU-Fraktion daher zu, wenn sie erneut eine Beschleunigung der Anerkennungsverfahren anmahnt. Ich glaube, das wurde im Saal auch deutlich, das Problem ist bekannt. Der Vorschlag eines digitalen Antrags unter II.2. wird hier gut umgesetzt in die richtige Richtung. Eine Berichterstattungspflicht der Landesregierung, wie sie in II.7. gefordert wird, bedeutet hingegen eine Berichterstattungspflicht der zuständigen Landesbehörde, also noch weniger Zeit für die Bearbeitung von Anträgen durch einen erhöhten bürokratischen Aufwand durch Berichtserstellung.

 

Nach dem guten Beschluss, den der Landtag im Juli letzten Jahres gefasst hat und auf den sich der vorliegende Antrag bezieht, brauchen wir allerdings durchdachte Forderungen und hierbei beziehe ich mich nochmal konkret auf II.5. Ich sehe das Vorhaben der CDU durchaus kritisch, Fachkräfte direkt in anderen Ländern anzuwerben, da dies den bereits jetzt verheerenden Braindrain in den globalen Norden stärkt. Und das hat, ganz wichtig, nichts mit geringerer Qualifikation zu tun.

 

Herr Abgeordneter Lauerwald, Sie sprachen von Landeskindern. Kinder wurden übrigens noch nie von nationalstaatlichen Gebilden geboren. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder, alle Menschen, unabhängig vom Geburtsort, hier in Thüringen ein Zuhause haben.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Gemeinsam sollten wir uns also eher für eine Kontrolle der privaten Rekrutierungsaktion einsetzen, deren teils dubiose Praktiken bekannt sind. Auch ich spreche mich hiermit für eine Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung aus und hoffe, dass wir dort gemeinsam Maßnahmen erarbeiten können, die den bestehenden Beschluss sinnvoll ergänzen. Herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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