Rettungsschirm für die Thüringer Kommunen

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/353 -

Danke, Frau Präsidentin, auch für das Benennen der Restredezeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist dem Innenminister zuzustimmen, wir sind Spitze, was die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs betrifft in der Bundesrepublik. Wenn ich in anderen Bundesländern bin, fordere ich dort die kommunale Ebene auf, einen vergleichbaren Weg einzuschlagen. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, die jetzigen Regelungen sind nicht das Ergebnis von politischen Einsichten der Regierungsfraktion, sondern das haben uns die Gerichte vorgegeben. Das ist das Bedauerliche. Also nicht die CDU war das, die eingesehen hat, dass da jahrelang was falsch gelaufen ist, nicht nur was falsch, sondern auch verfassungswidrig, um die Einschätzung des Verfassungsgerichts zu zitieren, sondern das Verfassungsgericht hat das letztlich auf den Weg gebracht dank einer Klage der SPD. Trotzdem besteht jetzt die Gefahr, dass einige Dinge, einige Vorgaben des Verfassungsgerichts uminterpretiert werden. Da sind wir gefordert, Prof. Huber. Daraus schöpfe ich meinen Optimismus, dass er dafür Sorge tragen wird, dass diese Landesregierung und die Regierungskoalitionen eben diese Uminterpretation der Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht vollziehen. Das geht auch gar nicht anders. Wie soll er in der Rechtsgeschichte dastehen, wenn er einerseits die Klage zum Erfolg führt und sich dann auf politischem Wege diesen Erfolg wieder in Teilen wegnehmen lässt.

Frau Lehmann hatte gebeten, noch mal darzulegen, wie wir auf unsere Zahlen kommen. Jetzt bekomme ich natürlich ein Problem, Frau Präsidentin, ob das in der Zeit zu schaffen ist. Aber ich muss es machen, mehr Redezeit haben wir nicht. Also Frau Lehmann, Konjunkturpaket II, hat nicht nur die Säule einmaliger Investitionszuschüsse, sondern die zweite Säule Steuerrechtsänderung. Im Übrigen, das wissen auch Sie, Herr Innenminister, wirken die Konjunkturmittel nur einmal, die Steuerrechtsänderungen wirken dauerhaft. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat ermittelt, dass spätestens 2011 die einmaligen Effekte des Konjunkturpakets durch die Steuerrechtsänderungen schon kompensiert sind. Bei den Steuerrechtsänderungen, Frau Lehmann, ist der Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer auf jetzt 8.004 € erhöht worden. Der Eingangssteuersatz ist von 15 auf 14 Prozent reduziert worden. Sie wissen, die Kommunen sind mit 15 Prozent an der Einkommensteuer beteiligt. Damit schlägt das voll auf den kommunalen Anteil durch. Bei der Unternehmenssteuer wurde die degressive Abschreibung für Unternehmen für zwei Jahre ermöglicht. Das reduziert den Gewinn der Unternehmen, die Gewerbesteuer ist in großen Teilen gewinnorientiert. Das führt natürlich zu dramatischen Einbrüchen bei der Gewerbesteuer. Das sind die Probleme. In diesem Jahr können die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung bei der Einkommensteuer noch geltend gemacht werden. Das führt zu einer weiteren Reduzierung der Einkommensteuer, auch des kommunalen Anteils. Die Gewerbesteuer ist im vergangenen Jahr nach dem vorläufigen Kassenabschluss um 40 Prozent in Thüringen eingebrochen. 400 Mio. hat sie betragen, 40 Prozent von 400 Mio. sind schon 160 Mio. Wir haben nicht mit 40 Prozent gerechnet, sondern nur mit 30 Prozent und sind so auf unsere Zahlen gekommen. Wir werden sicherlich im Laufe des April, dort müssen die endgültigen Jahresabrechnungen vorgelegt werden, sichere Zahlen haben. Was aber noch zu ergänzen ist, ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Dort wirken insbesondere die 20 € Kindergelderhöhung auch auf die Kommunen durch, weil das Kindergeld aus dem Aufkommen der Einkommensteuer entnommen und reduziert damit die Einkommensteuer grundsätzlich und damit auch die 15 Prozent Anteil. Ich finde es unanständig, wenn der Bund und die Länder das beschließen; die Kommunen sitzen nicht mit im Bund und können da mitentscheiden. Da muss einfach der Ausgleich dafür her und da ist uns die bisherige Ausgleichsformel der Landesregierung uns zu gering. Der Innenminister hat dort Nachbesserung versprochen und wir werden ihn einfach beim Wort nehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch mal zur Verschuldung: In der Verschuldungsstatistik von Frau Lehmann fehlt die Verschuldung der Wohnungswirtschaft, der kommunalen Wohnungsunternehmen und es fehlt die Verschuldung der Stadtwerke. Da gab es übrigens mal eine Anfrage in der 4. Legislaturperiode von mir an die Landesregierung, da habe ich mir alles aufschlüsseln lassen. Wenn ich die Tilgung einbeziehe, dann ist die pro-Kopf-Verschuldung bei den Kommunen bei 5.800 € und des Landes bei inzwischen 6.700/6.800 €. Also fast identisch. Deswegen es bringt nichts, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das bringt wirklich nichts Frau Lehmann.

Das nächste Problem - positives Finanzierungssaldo: Da werde ich wirklich immer ganz böse. Das positive Finanzierungssaldo ist die Quelle für zwei Dinge, für die Tilgung, die haben wir den Kommunen pflichtig vorgeschrieben, und zweitens, das haben Sie gemacht, Sie haben die Investitionspauschale abgeschafft, so dass die Investitionspauschale, das sind 90 Mio., jetzt in den Verwaltungshaushalten der Kommunen erwirtschaftet werden müssen, um sie als Eigenmittel im Vermögenshaushalt für Investitionen darzustellen. Dadurch muss der Überschuss steigen, sonst haben die Kommunen überhaupt keine Eigenmittel mehr für Investitionen. Das jetzt den Kommunen anzulasten, das finde ich einfach unanständig. Ich bin überzeugt, Sie wissen es, zumindest derjenige, der Ihnen das aufgeschrieben hat weiß es. Sie erzählen hier etwas völlig anderes, um somit die Situation in den Thüringer Kommunen schönzuzeichnen. Das geht nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann die Anpassungshilfe, Frau Lehmann, die Anpassungshilfe war der Ersatz für die Vorwegschlüsselzuweisung und ist das Ergebnis Ihres gescheiterten zentralen Ortekonzeptes. Jetzt wollen Sie die Anpassungshilfe streichen. Jetzt müssen Sie sich mal einig werden, Frau Doht muss sich jetzt dafür einsetzen. Eisenach hat 13,50 € pro Einwohner noch bekommen als Anpassungshilfe. Da kann man sich ausrechnen, 1,3/1,4 Mio. gehen Eisenach verloren. Der Oberbürgermeister von Eisenach - der heißt auch Doht - fordert einen Rettungsschirm für seine Stadt. Er geht nämlich zum Land und sagt, ich brauche Bedarfszuweisungen und er verhandelt mit dem Innenminister über Bedarfszuweisungen. Sie haben recht, das Haushaltsdefizit in Eisenach ist nicht die Schuld der dort verantwortlichen Kommunalpolitiker, sondern ist ein strukturelles Problem, weil eine unsinnige Entscheidung in einer Großen Koalition getroffen wurde, die bestand aus SPD und CDU, die erste Große Koalition, nämlich Eisenach Kreisfreiheit zuzuordnen. Das war der Fehler.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Das stimmt auch nicht.)

Herr Innenminister und Frau Lehmann, es nützt nichts, wenn Sie hier jammern und sagen, das Land hat kein Geld. Sie haben 1 Mrd. € verschenkt jedes Jahr durch Ihre Steuerrechtsänderung. Wenn Sie das Geld dem Bund und den Unternehmen überlassen, ist das Ihre Sache, aber nehmen Sie nicht die Kommunen in Mithaftung. Also jammern auf hohem Niveau gibt es da nicht, wird nicht akzeptiert.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nun ist es aber gut.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Meyer, zwei Dinge: Wir wollen ja nicht mit Irritationen raus und ich nehme Ihr Angebot dankend an, was gemeinsame Anträge Verstetigung der Gewerbesteuer angeht, das ist alles in Ordnung. Aber damit Sie mit unserem Antrag nicht mit einer falschen Vorstellung rausgehen. Die Mittel, die wir aus dem Landesausgleichsstock jetzt zur Verfügung stellen wollen, sollen nicht die Projekte bekommen, sondern die Kommunen, und die Kommune entscheidet, welches Projekt das Geld bekommt. Das als Erstes, und das Zweite: Der Zugriff ist unabhängig, ob ein Haushalt vorliegt oder nicht. Auch die Kommunen, die einen Haushalt haben, stehen vor der Misere, weil sie ja nicht wissen, ob die geplanten Landeszuweisungen tatsächlich kommen, dass sie eben an die Projekte und Vereine nicht auszahlen, weil sie sagen, wir müssen erst mal warten, ob wir das Geld vom Land bekommen. Deswegen, beide haben Zugriff, sowohl die, die noch keinen Haushalt haben als auch die, die einen Haushalt haben.

Das habe ich ja gesagt, Herr Innenminister, die Argumentation stimmt, aber die Rechtsaufsichtsbehörden sagen ja: Stopp, so lange wir die Zahlen nicht vom Land haben, zahlen wir nicht aus. Und das müssen wir klären. Und wenn hier der Innenminister zu seinem Wort steht, ist das in Ordnung. 5 Minuten habe ich noch nicht ausgeschöpft. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

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