Proteste gegen Corona-Maßnahmen in Thüringen – Auflagen im Sinne des Infektionsschutzgesetzes achten, Verstöße konsequent ahnden

Katharina König-Preuss

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE - Drucksache 7/4502

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen bis zur CDU-Fraktion! Vorab – Herr Bergner – weitgehendes Danke und dann doch an einer Stelle ein Widerspruch. Ich will – und ich glaube, auch Sie wollen – keinen Konsens mit rechten Strukturen, Antisemiten, Verschwörungserzählern, die gerade auf die Straße gehen. Von daher an der Stelle zumindest ein Widerspruch, genauso wie ein Widerspruch dazu – ich glaube, das kam von Herrn Walk –, dass die Solidargemeinschaft wiederhergestellt werden muss. Ja, aber ich würde sagen, die existiert, und auch hier: Ich sehe keine Notwendigkeit, eine Solidargemeinschaft mit diesen Personen zu bilden, sondern ich bin dann eher ein Fan davon, die klare Abgrenzung zu suchen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir hatten hier ja – das ist ja der Vorteil, wenn man als Letztes redet, dass man auch so ein bisschen in der Lage ist, ein bisschen Faktencheck zu machen – die Rede der Bürger-für-Thüringen-Verschwörungsparteivertreterin im Landtag, und ich möchte, da sie darauf verwiesen hat, was im Thüringen-Monitor steht, Sie alle mal darauf verweisen, was da wirklich auf Seite 43 steht, für den Fall, dass Sie es selbst nachlesen wollen: Da geht es nämlich darum, ob man bereit wäre, für die jeweiligen Ziele zu kämpfen, auch wenn dazu Gewalt notwendig ist. Die Frau Bergner hat hier 96 Prozent der Thüringer und Thüringerinnen zitiert, die keine Gewalt einsetzen würden. Das ist lustig, dass gerade Sie das zitieren, denn die 96 Prozent – bei denen handelt es sich um diejenigen, die die Corona-Maßnahmen vertreten, die sich daran halten.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Von den Personen in Thüringen, die eher Ihrer Ideologie oder auch Ihrer Partei folgen, sind es nämlich richtig viele, die Interesse haben oder die bereit sind, auch Gewalt einzusetzen, um ihre Ziele umzusetzen.

 

Das vielleicht ganz kurz mal an den Zahlen. Von den Nichtskeptikern sind maximal 2,6 Prozent bereit, Gewalt einzusetzen, währenddessen bei den Corona-Skeptikern, also Ihre Leute sozusagen, mehr als doppelt so viele, 5,9 Prozent bereit sind, Gewalt einzusetzen, um ihre Ziele in die Tat umzusetzen. Ich glaube, es macht echt Sinn, wenn man sich hier vorn hinstellt, so tut, als ob man Statistiken lesen könnte oder mit Statistikern geredet habe, sich dann auch mal konzentriert den Thüringen-Monitor rauszusuchen, durchzulesen, und zwar nicht nur Zahlen zu suchen, die in die eigene Vorstellung passen, sondern auch zu schauen, was genau sind denn diese Zahlen, was wurde eruiert, was wird da dargestellt.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich möchte mich einmal bedanken bei denen, die sich hier ganz klar dafür ausgesprochen haben, das Versammlungsrecht nicht zu beschränken und zu begrenzen. Auch für meine Fraktion kann ich das ganz klar erklären und wir haben angeregt, dass in der aktuellen Corona-Verordnung bzw. dem Entwurf, der jetzt vorbereitet wird, auch entsprechende Änderungen vorgenommen werden,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

weil auch wir diese Begrenzung auf 35 für ein fatales Signal halten, weil es am Ende nicht diejenigen trifft, die man treffen will, sondern es trifft die Vernünftigen, es trifft diejenigen, die bereit sind, mit einer vorherigen Versammlungsanzeige auf die Straße zu gehen, Hygieneschutzmaßnahmen einzuhalten usw., usf. Und an der Stelle würde ich mir eine klarere Linie aus dem Innenministerium wünschen, dass man sozusagen die Vernünftigen nicht noch weiter begrenzt, sondern die auch im Sinne der Versammlungsfreiheit an den Stellen unterstützt.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Der und die eine oder andere hat ja auch hier vorn von einer Radikalisierung der Szene gesprochen. Ich glaube, es gibt keine weitere Radikalisierung. Diese Radikalisierung ist wirklich spätestens in der Qualität mit dem Mord in Idar-Oberstein abgeschlossen. Das mag nichts daran ändern, dass von der Quantität her, also von der Menge der Menschen, die bereit sind, entsprechend gewalttätig vorzugehen, definitiv noch Spielraum nach oben ist, aber von der Qualität her können wir seit Monaten nicht mehr die Augen verschließen und ist es, ehrlich gesagt, auch aus meiner Sicht so ein Stück weit Ausdruck einer fehlenden Analyse und damit einhergehend eines Kontrollverlustes, wenn man jetzt immer noch von einer weiteren Radikalisierung spricht, anstatt endlich zur Kenntnis zu nehmen, was sich seit mehr als eineinhalb Jahren andeutet, und zur Kenntnis zu nehmen, was Wissenschaftlerinnen, Journalistinnen aber auch andere Strukturen seit Monaten in Artikeln, in Exposees, in Dossiers usw. uns allen in der Politik zur Verfügung stellen, und es wird einfach nicht erstgenommen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Die Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen haben ja schon darauf hingewiesen, dass es massive gewalttätige Ausschreitungen gegeben hat in Thüringen. Ja, die gab es und das ist fatal, dass es dabei zu – ich weiß gar nicht, wie vielen insgesamt – verletzten Polizistinnen gekommen ist. Ich finde das krass. Aber ich möchte auch eines noch ergänzen: Es gab in den Monaten vorher Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, es gab Angriffe auf Menschen, die sich dem entgegenstellen, es gibt Feindeslisten, es gibt Drohungen gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, gegen Politikerinnen und Politiker, die sich klar positionieren.

 

Präsidentin Keller:

 

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit.

 

Abgeordnete König-Preuss, DIE LINKE:

 

Ich würde mir wünschen, dass es solche eindeutigen solidarischen Erklärungen insbesondere aus der CDU auch gibt, wenn nicht Polizistinnen und Polizisten davon betroffen sind, sondern, wenn Menschen davon betroffen sind, die an anderen Stellen versuchen, diese Corona-Pandemie mit einzudämmen. Ich wäre da sozusagen über eine Haltung sehr froh.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

An die AfD der letzte Satz: Sie sind Brandbeschleuniger in dieser kompletten Eskalation, die hier seit Monaten stattfindet. Ihnen würde ich empfehlen, einfach nur den Mund zu halten, anstelle sich hier vorn hinzustellen und so zu tun, als ob Sie auch nur irgendwie im Sinne von Bürgerinnen und Bürgern argumentieren würden.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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