Polizei entlasten – Begleitung von Großraum- und Schwertransporten novellieren

Zum Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 6/1765


Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich muss eine Bemerkung machen, die vielleicht nicht unmittelbar zum Thema passt, aber mittelbar einen großen Teil in der Rede des Abgeordneten Fiedler eingenommen hat. Wenn wir sehr kritisch hier zum Ausdruck bringen und sagen, wenn Steinwürfe und Flaschenwürfe Journalisten und Polizisten treffen, ist das eine Straftat und nicht zu akzeptieren, dürfen wir aber nicht verkennen, in der Relation darzustellen, dass am Mittwoch 3.000 Menschen friedlich auf die Straße gegangen sind, um gegen einen


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– das muss man akzeptieren – durch das Gericht ermöglichten Fackellaufmarsch am 20. April zu demonstrieren. Das eine wiegt das andere nicht auf und ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch in der Darstellung die Verhältnismäßigkeit wahren.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Gewalt ist Gewalt!)


Im Zusammenhang mit dem Antrag ist viel über die notwendige Entlastung der Polizei gesprochen worden. Frau Marx ist darauf eingegangen, auch haben wir uns bereits im Koalitionsvertrag damit auseinandergesetzt. Ich gebe Ihnen auch recht, Herr Fiedler, man darf natürlich diese Diskussion um polizeifremde Aufgaben nicht über Jahre stetig immer wieder führen und einfordern. Man muss zu gegebener Zeit endlich auch zu einer Entscheidung kommen, sonst macht das Ganze keinen Sinn, sonst wirkt man tatsächlich dem Eindruck vor, dass man eigentlich nichts verändern will.


Es gibt gute fachliche Gründe, auch im Bereich der Begleitung von Schwerlasttransporten für eine Entlastung zu sorgen. Einige Zahlen der Unterlegung für Thüringen hat der Abgeordnetenkollege Adams hier genannt. Auch die Expertenkommission der alten Landesregierung kam in ihrem Vorschlag zur Funktional- und Verwaltungsreform zu einem ähnlichen Ergebnis.


Es gibt natürlich auch strukturelle Gründe, die in der Thüringer Polizei begründet sind, nämlich die tatsächliche Belastung, die Sie hier auch sehr anschaulich geschildert haben. Aber, Herr Fiedler und Herr Walk, ich kann Ihnen nicht ersparen, dass Sie in Ihren Aufzählungen der Belastungen für die Thüringer Polizei einen der wesentlichsten Aspekte nicht genannt haben. Natürlich ist die Belastung der Polizei in den letzten Jahren


(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau!)


größer geworden auch durch Demonstrationen, durch die Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte, sicherlich auch im Zusammenhang mit der Aufnahme vieler Menschen hier in Thüringen, auch natürlich durch gestiegene Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Fußballspielen. Darüber muss man reden. Da muss man auch Ursachen, glaube ich, manchmal etwas gerader rücken, als sie hier dargestellt werden, aber eine der wesentlichsten Belastungen für die Thüringer Polizei ist das Stellenabbaukonzept Ihrer Landesregierung,


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


was der frühere Innenminister hier bis zuletzt immer wieder durchgesetzt und weiter verfolgt hat. Und es war diese Regierung, die gesagt hat, wir setzen dies für die Thüringer Polizei aus. Denn die Ursache dafür, dass wir gegenwärtig weniger Einsatzbeamte haben, liegt daran, dass es in Ihrer Verantwortung lag, vor zwei, vor drei, vor vier Jahren eben nicht die notwendige Anzahl an Polizeianwärtern tatsächlich einzustellen und die Voraussetzung dafür zu schaffen. Diese Fehler der letzten Jahre, die sich jetzt in der Polizeistruktur auswirken, müssen natürlich auch aufgearbeitet, müssen korrigiert werden und ich hoffe, dass die eingesetzte Expertenkommission hierzu auch einen fundierten Vorschlag unterbreiten wird.


Ich kann es mir deshalb auch nicht ersparen, Ihnen auch eine mangelnde Ernsthaftigkeit zu unterstellen, denn wenn es Ihnen wirklich darum geht, auch Fehler der Vergangenheit zu korrigieren und zu einer Entlastung beizutragen, hätte ich mir mehr an auch Kreativleistung und Initiative hier für den Thüringer Landtag gewünscht, damit wir auch mit Ihnen über einen wirklich weitgehenden Vorschlag diskutieren können und uns auch auseinandersetzen können.


Als ich darüber nachgedacht habe, dass Ihrem Antrag möglicherweise die eigene kreative Schaffenskraft oder Schöpfungskraft zugrunde liegt, fiel mir der Abgeordnete Tischner aus der 43. Sitzung des Thüringer Landtags in dieser Wahlperiode ein, der sagte nämlich am 25. Februar hier von diesem Pult aus: „Ihr Antrag ist bis auf wenige Anpassungen komplett abgeschrieben [...]. Ich habe mir mal die Arbeit gemacht, habe es mal markiert. Es sieht aus wie bei einem Schüler, der das Abschreiben noch nicht gelernt hat – fast alles übernommen.“ Herr Fiedler, ich nahm mir den Abgeordneten Tischner auch einmal zum Vorbild und habe dieselbe Arbeit gemacht und habe mal markiert, was Sie aus Ihrem Antrag, aus einem anderen Antrag übernommen haben, und ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, das ist der Hauptgrund, warum wir auch Ihrem Antrag zustimmen werden, denn wir wollen es unserem Koalitionspartner SPD nicht zumuten, einen Antrag, den die SPD

in Hessen eingereicht hat, hier in Thüringen abzulehnen.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen gern die Initiative der Sozialdemokratie in diesem Punkt unterstützen und Ihnen sage ich, wenn Sie wirklich so ernsthaft, wie Sie sich hier immer hinstellen und zum Ausdruck bringen, Polizei entlasten wollen, dann setzen Sie sich hin, entwickeln Sie Eigeninitiative, bringen Sie eigene Vorschläge in die Debatte ein und die werden wir natürlich mit Ihnen auch gemeinsam diskutieren.


Es ist vielfach angesprochen worden, der Bund-Länder-Fachausschuss zur StVO beschäftigt sich mit dem Thema, auch die Bundesregierung beschäftigt sich sehr umfangreich mit dem Thema und verweist darauf ja auch, dass bereits heute der Einsatz Beliehener möglich ist, nämlich unter bestimmten Voraussetzungen, und dass die Bundesregierung ebenfalls bereit ist, die Verwaltungsvorschrift zur StVO zu verändern, um auch in weiteren Fällen den Einsatz privater Beliehener zu ermöglichen, allerdings immer nur dann, wenn vorhersehbar ist, dass keine Gefahren eintreten wie beispielsweise Ermessensentscheidungen zur Gefahrenabwehr, die nur die Polizei treffen kann. Und da liegt, glaube ich, auch eine Fragestellung, der wir uns weiter zuwenden müssen, dann tat-

sächlich im Vollzug. Ich glaube, es ist dann nicht mehr Sache des Parlaments. Das ist nämlich die Frage der unterschiedlichen Befugnisse der Beliehenen und der Polizeibeamten im Falle von notwendigen Gefahrenabwehrmaßnahmen. Es ist die Frage tatsächlich der länderübergreifenden Begleitung und es ist natürlich auch eine Frage – die wir ehrlich dann diskutieren müssen, auch ehrlich hier öffentlich benennen müssen –, es ist auch eine Frage der Kosten, die für die Transportunternehmen entstehen, denn die Kosten werden durch die Begleitung durch Private natürlich höher liegen als die Kosten bei der Begleitung durch Polizeibeamte.


Ich glaube, das sind aber im Interesse einer einheitlichen Regelung im Bund, aber auch im Interesse der Entlastung der Polizei Fragen, die im weiteren Fortgang noch diskutiert werden müssen. Sicher sind wir uns hier einig darin, dass wir im eigentlichen Ziel tatsächlich auch gemeinsam Regelungen schaffen müssen, die auch in Thüringen Geltung haben und die bei der Verwirklichung der Entlastung uns auch voranbringen können. Der Antrag der SPD Hessen ist dafür geeignet. Dem werden wir insofern also zustimmen. Herr Fiedler, wir schlagen Ihnen vor, weil wir die Angelegenheit so wichtig finden, weil wir uns auch in der Sache einig sind, dass wir den Antrag mit unserem Änderungsantrag auch heute schon gemeinsam beschließen. Ich glaube, dass wir in der Sache eine Ausschussberatung nicht notwendig haben. Es ist dann Sache der Landesregierung, die entsprechende Umsetzung vorzunehmen. Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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