Politisch motivierte Straftaten in Thüringen am Wochenende des 2. Advents

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/179

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die heutige Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU nimmt Gewalttaten in Weimar zum Anlass. Taten, die wir als LINKE ablehnen,

(Beifall DIE LINKE)

seien sie nun politisch motiviert oder nicht. Unser Leitbild, nicht nur in der Sozialpolitik, sondern auch in der Innenpolitik ist und bleibt, dass alle Menschen angstfrei leben können. Das meint auch, dass wir in einer Gesellschaft leben wollen, wo niemand Sorge haben muss, Opfer einer Straftat zu werden.

(Beifall DIE LINKE)

Darüber sollten wir eigentlich heute reden, wie Kriminalität bekämpft werden kann, wie Opfern geholfen werden muss und welche Anteile Gesellschaft und Bürger daran haben, dass Gewalt kein Mittel der Politik und auch kein Freizeitspaß sein darf.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Äußerungen der letzten Wochen und das, was wir eben von Ihnen, Herr Fiedler, hier hören konnten, zeigt uns aber, dass es hier nicht um eine ernsthafte sicherheitspolitische Debatte geht. Ihnen geht es auch nicht darum, mit den betroffenen Bürgern Solidarität zu üben, die sich nun Sorgen machen, ob und wie der Schaden behoben wird, der ihnen zugefügt wurde. Diese Fragen sind Ihnen ziemlich einerlei. Sie funktionieren die Debatte um in das Sperrfeuer in die eigenen Reihen der Koalition und gegen DIE LINKE. Bis heute haben es anscheinend noch nicht alle verwunden, dass der Landtag einen gemeinsamen Appell für Toleranz und Weltoffenheit verfasst hat. Einige Hände in der CDU-Fraktion sind damals unten geblieben, als es darum ging, Rechtsextremismus und Gewalt zu ächten und für ein anderes Klima in Thüringen zu streiten. Nun sehen Sie Ihre Chance gekommen, auf dem Rücken der Betroffenen und unter Missachtung aller empirischen Fakten, diese Debatte weiterzudrehen.

Wie kann man es eigentlich anders erklären, dass mit der Ächtung der Taten in Weimar in einem Atemzug das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus in Frage gestellt werden soll, wie ich einigen Pressemitteilungen von Herrn Fiedler lesen durfte?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich muss mich an dieser Stelle wiederholen. Wir als LINKE sagen deutlich, wir lehnen Gewalt politisch motiviert oder nicht, von links oder rechts, von oben oder unten ab. Wer die LINKE seit Jahren beobachtet und kennt, der weiß, mit welchen politischen Mitteln wir für unsere Überzeugung streiten und welche Mittel wir verneinen und verurteilen.

So notwendig es auch ist, dies hier zu sagen, so notwendig ist es auch, deutlich zu machen, es ist falsch zu behaupten, es gebe eine gleichartige Bedrohung der Gesellschaft durch sogenannte linksextreme Gewalt und durch Neonazis. Jeden Tag ereignen sich in Thüringen drei rechtsextreme Straftaten. Oft fühlen sich die Täter durch die hohe Verbreitung entsprechender Einstellungen in der Bevölkerung beflügelt. Auch die Gewalttaten vonseiten der Rechtsextremen steigen an. Diese Gewalt macht auch nicht halt vor schwerer Körperverletzung und Mord. 149 Tote durch Neonazis sind seit 1989 zu beklagen. Auch in Thüringen starben sechs Menschen durch Nazihand.

Die Statistik von Polizei und Verfassungsschutz spricht eine eindeutige Sprache. Linksextreme Gewalt und Organisierung erreicht weder qualitativ noch quantitativ das, was von rechts außen an Gefahren zu verzeichnen ist. Da muss schon in den Statistiken, wir haben es jetzt in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage vom Abgeordneten Bergner gelesen, die KPF der LINKEN dazugezählt werden, um nicht eingestehen zu müssen, dass die Anhängerzahl im Bereich des Linksextremismus seit Jahren zurückgeht.

Ich möchte noch auf einen Unterschied hinweisen, die Qualität der Anschläge in Weimar erreicht nicht das, was wir im Bereich der Nazigewalt haben. Denn es ist kein Alltag. Das ist - denke ich - auch festzuhalten. Das ist auch das, was wir betonen wollen. Weimar ist eben kein Vorort von Paris. Jede Äußerung, die in diese Richtung geht, zu sagen - wir hatten es zum Teil in der STZ lesen müssen -, jeden Tag brennen in Thüringen Autos, das ist nicht so. So wichtig es ist, hier ist zu sagen, solche Ereignisse dürfen sich nicht wiederholen, so klar müssen wir auch machen, das, was wir im Bereich des Rechtsextremismus zu verzeichnen haben, ist eine Alltäglichkeit der Gewalt. Zum Glück ist das, was wir im Bereich des Linksextremismus haben, ein punktuelles Ereignis, das wir verurteilen.

(Beifall SPD)

Ich denke, an dieser Stelle sollten wir noch mal festhalten, wo wir am Anfang der Legislatur standen. Da waren wir eigentlich schon einen Schritt weiter. Ich denke, wir sollten nicht solche Taten wie die in Weimar zum Gegenstand machen in einer Richtung, die im Endeffekt zu einer Verharmlosung des Menschen verachtenden Rechtsextremismus führt. Wir sollten sie nicht zum Anlass nehmen, ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus infrage zu stellen, und wir sollten die Diskussion weiterführen an der Stelle, wie wir gemeinsam für Demokratie, Weltoffenheit und gegen Gewalt eintreten. Danke.

Dateien