Pflegeunterstützung- und -entlastungsgesetz löst Probleme in Thüringen nicht.

Ralf Plötner

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 7/8080

 

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Werte Anwesende, die aktuellen Debatten im Gesundheitswesen treiben viele um, vor allem die Menschen – auch in Thüringen –, die auf Pflege angewiesen sind. Das sind immerhin 8 Prozent der Gesamtbevölkerung in Thüringen, die einen Bedarf an Pflege haben. Entsprechend groß ist der Reformbedarf und deswegen war es auch erst mal richtig, dies im Bund anzugehen.

 

Doch das am letzten Freitag in Berlin beschlossene Ergebnis ist allerdings sehr mager. Es bleibt festzuhalten, dass die Pflege ein Pflegefall bleibt, da es eben keine grundlegende Reform gibt. Die Lösung hier ist eine solidarische Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen und wo auch Gewinne von Kapitalerträgen in die Finanzierung mit einfließen und diese absichern, denn die beschlossenen Maßnahmen beim Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz sind ungenügend und bieten keine Lösung für die angespannte Situation in der Pflege.

 

Wenn Pflegebedürftige in ihrer Häuslichkeit gepflegt werden, haben sie Anspruch auf Pflegegeld. Dies wird ab Januar 2024 – also nächstes Jahr – um 5 Prozent erhöht, leider nur um 5 Prozent. Allerdings werden bereits zum 1. Juli 2023 höhere Beiträge für die Versicherung fällig. Schon jetzt überlegen Pflegebedürftige, welche Pflegeleistungen sie streichen müssen, für welchen Tag sie den Pflegedienst abbestellen, weil das Pflegegeld vorn und hinten nicht reicht. Die Anpassung des Pflegegelds gleicht nicht einmal die Inflation aus. Deswegen kann man leider feststellen, dass am Ende der Reform gar weniger anstatt mehr Leistung im Pflegebereich steht.

 

Für pflegende Angehörige sind die Regelungen alles andere als eine Entlastung, gerade mit Blick darauf, dass die Pflege vor allem durch Ehepartnerinnen und Ehepartner, erwachsene Angehörige oder Jugendliche übernommen wird. Immerhin liegt der Anteil auch in Thüringen bei 85 Prozent, wo Menschen in der Häuslichkeit gepflegt werden. Da kommen eben diese neuen Regelungen viel zu kurz. Sie haben oft auch eine besondere Belastung, da oft die Pflege neben dem Beruf gestemmt werden muss. Da braucht es dringend eine sachgerechte Anhebung von Pflegegeld, die ambulanten Sachleistungen müssen gesteigert werden sowie eine zeitliche und finanzielle Entlastung, um eben besser sozial abgesichert zu werden.

 

In Thüringen haben wir natürlich auch bisher gehandelt. Da sei gerne an erster Stelle AGATHE genannt, wo es darum geht, dass in Thüringen niemand alleine altern muss und Einsamkeit entgegengewirkt wird. Und tatsächlich kann man mit einer guten Beratung und Unterstützung und der Aktivierung von Menschen den Pflegebedarf herauszögern oder gar verhindern. Denn Einsamkeit macht krank. Prävention vor Pflegebedürftigkeit wird da großgeschrieben, um eben auch Pflegende zu entlasten. Das gilt auch für weitere Maßnahmen, die durch das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ gemacht werden. Oder beispielsweise ist auch die sehr aktive Anwerbung von Fachkräften im Bereich der Pflege ein Schwerpunkt der Landesregierung.

 

Woran wir alle arbeiten müssen – und damit meine ich nicht nur den Landtag hier, sondern eben auch die gesamte Gesellschaft –, ist die Würdigung von Pflege. Ob es das Pflegepersonal ist oder die pflegenden Angehörigen, es braucht viel mehr Wertschätzung sowie auch eine Akzeptanz, dass Pflege benötigt wird.

 

Seit Januar 2022 wurden die Eigenanteile für Pflegekosten im ersten Jahr im Heim auch bezuschusst, damals zu 5 Prozent, die neue Regelung sieht jetzt 15 Prozent vor. Bei der nächsten Stufe nach zwei Jahren 25 Prozent bis hin zu dann nach drei Jahren 75 Prozent Bezuschussung. Allerdings gibt es diesen Zuschuss nur für Pflegekosten. Die Kosten für Unterbringung, Verpflegung, Investitionen, die im Durchschnitt etwa 60 Prozent der finanziellen Belastung betragen, sind dort nicht bezuschusst. Es bleibt deswegen leider eine zynische Regelung, zumal es bei dem Eigenanteil diese Unterstützung nur für den Pflegebereich gibt. So ist der Weg zur Sozialhilfe in Form von Hilfe zur Pflege zwingend vorgezeichnet.

 

Zum Abschluss deswegen noch ein kleines Rechenbeispiel: Bei 3.000 Euro Eigenanteil pro Monat für ein Pflegeheim – und das dürfen wir leider getrost als eine Rechengrundlage nehmen – werden von den Pflegekosten, die ungefähr 1.200 Euro betragen, 15 Prozent bezuschusst. Das sind dann 180 Euro im Monat, um die finanzielle Belastung etwas zu mildern. Für das ganze Jahr bedeutet dies, dass Sie anstatt 36.000 Euro im Jahr einen Eigenanteil von 33.840 Euro leisten müssten. Bei einem Ehepaar, was gemeinsam in einem Pflegeheim der stationären Pflege aufgenommen wird, bedeuten die aktuellen Regelungen, dass sie in den ersten drei Jahren im Pflegeheim trotz Zuschüssen insgesamt zum Beispiel 190.000 Euro Eigenanteil ausgeben müssten. Wer soll das bezahlen? Die Armut ist dementsprechend vorprogrammiert. Und der Ausweg aus diesem Dilemma ist eine solidarische Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen und auch Kapitalerträge diesen Topf füllen. Ich danke vielmals für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die Aussprache.

 

(Beifall DIE LINKE)

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