Papiermüllflut durch Kassenbonpflicht schnellstmöglich beenden!

Ronald Hande

Zum Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/161

 

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag der FDP „Papiermüllflut durch Kassenbonpflicht schnellstmöglich beenden!“ greift einen Umstand auf – das wurde schon gesagt –, der seit Anfang des Jahres in der Öffentlichkeit – ich gebe zu, auch bei mir persönlich – für viel Diskussion gesorgt hat.

Nun sind Anträge von Fraktionen in Parlamenten oft eine Mischung aus Fakten und Polemik, manchmal ist der Anteil der Polemik größer, manchmal kleiner. Die Verwendung des Begriffs „Papiermüllflut“ als erstes Wort in dem vorliegenden Antrag deutet jedenfalls auf eine gewollte Emotionalisierung hin – ich werde später dann auch noch mal darauf zurückkommen. Zunächst möchte ich aber, auch wenn es teilweise schon angesprochen wurde, noch auf den sachlichen Hintergrund des Themas eingehen.

 

Zunächst bleibt festzuhalten, dass das in Rede stehende Gesetz „Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen“ heißt und vor rund drei Jahren beschlossen wurde. Die Belegausgabepflicht war zunächst ab dem 01.01.2019 vorgesehen und wurde nach Anhörung auf Wunsch des Handels um ein Jahr verschoben. Bekannt ist diese Pflicht also schon seit mindestens drei Jahren. Wie der Titel schon sagt, geht es bei dem Gesetz unter anderem um die Benutzung von Registrierkassensystemen mit einer technischen Sicherheitseinrichtung und die Vermeidung von Manipulationen daran. Wer eine sogenannte „offene Ladenkasse“ verwendet, wird auch nicht gezwungen, eine Registrierkasse anzuschaffen und muss auch jetzt keinen Bon erstellen. Es gibt nach wie vor nur die Pflicht – natürlich! – zur ordnungsgemäßen Buchführung. Eine Pflicht zur Benutzung von Kassen gibt es nicht.

 

Nun zu Ihrem Antrag: Sie zielen mit dem Antrag darauf ab, dass die Landesregierung sich um die Änderung des genannten Anwendungserlasses zum § 146a der Abgabenordnung einsetzt. Dieser § 146a regelt die Belegausgabepflicht. In dem Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen und damit auch in der Änderung der Abgabenordnung ist mit keinem Wort von einer „Kassenbonpflicht“ die Rede. Da möchte ich an der Stelle gern – mit Erlaubnis – Ihren Antrag zitieren. Also es geht hier um den § 146a Abs. 2 letzter Satz – ich zitiere –: „Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen entfällt diese Pflicht, sofern eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung genutzt wird.“ Das ist, meine Damen und Herren, der polemische Charakter dieses Antrags. Ihnen geht es nicht um die Abschaffung einer möglichen oder suggerierten Kassenbonpflicht, Ihnen geht es um die Abschaffung, De-facto-Abschaffung der Belegpflicht. Das heißt konkret: Sie reduzieren die Transparenz in dem – ich nenne es mal – „Kaufprozess“ und Sie sorgen dafür, dass Kontrollmechanismen auch für die Finanzbehörden deutlich schwieriger werden.

 

Das, meine Damen und Herren, nenne ich „polemisch“ und ich möchte des Weiteren sagen: Die Belegausgabepflicht ist ganz bewusst technologieneutral ausgestaltet. Sie muss nicht auf Papier vonstattengehen und damit kann der Beleg per E-Mail kommen, er kann per Handy kommen oder er kann in anderer geeigneter technischer Weise zur Verfügung gestellt werden; Beispiele wären da der QR-Code oder das sogenannte NFC-System, also Nahfeldkommunikation. Interessant dazu ist, was das „Handelsblatt“ in der Ausgabe vom 27.01.2020 schreibt – ich darf zitieren –, die Überschrift: „Die Bonpflicht sorgt für einen Innovationsschub im Handel“. In dem Artikel geht es darum – nicht meine Worte, das Handelsblatt –, dass die Vorteile von elektronischen Systemen dargestellt werden.

 

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Handelsblatt ist ein typisches Propagandablatt!)

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Da gibt es unter anderem auch das Beispiel von einer Bäckereikette – Bäcker wurden ja schon angesprochen –, in dem genannten Beispiel eine Bäckereikette mit 14 Filialen. Der Eigentümer dieser Bäckereikette hat auf das neue System umgestellt und auf einen elektronischen Bon mittels QR-Code. Das heißt also rein praktisch: Sie haben ein Kundendisplay vor sich stehen, dort wird dann ein QR-Code angezeigt, Sie können diesen QR-Code mit Ihrem Handy scannen, Sie können es aber auch sein lassen, denn es gibt keine Belegannahmepflicht. Mit diesem System – es hat 2.500 Euro in dem Beispiel gekostet – spart das Unternehmen 24 km Papierbons. Damit spart es im Jahr – an diesem Beispiel – 3.300 Euro bei 2.500 Euro Einsatz bzw. Investition. Ich hatte das eingangs genannt. Das sei nur als ein Beispiel genannt. Meine Damen und Herren, solche Beispiele gibt es viele – das wurde schon gesagt.

 

Ich würde gern auch namens meiner Fraktion diesen Antrag hier weiter im Haushalts- und Finanzausschuss beraten. Dort können wir darüber reden, wie die sogenannte Papiermüllflut durch Kassenbonpflicht in anderen Ländern funktioniert und welche Erfahrungen zum Beispiel Österreich, Tschechien, Portugal, Slowenien und Schweden mit der Belegausgabepflicht gemacht haben. Sind die Steuerhinterziehungen in Italien zurückgegangen, seit dort die Bonpflicht besteht? Man hört, dass durch die Kontrollen der Guardia di Finanza – der italienischen Finanzpolizei – die Steuereinnahmen gestiegen seien und die Belegpflicht dazu beigetragen habe. In Italien gab es die Annahmepflicht des Kassenbons durch den Kunden, in Deutschland – wie gesagt – nicht.

Am Ende, meine Damen und Herren, bleibt es eine Abwägung. Ziel ist und bleibt der Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug in Deutschland – das wurde schon gesagt – von geschätzten 10 Milliarden Euro jährlich, für Thüringen wären das dann grob reichlich 100 Millionen Euro, wenn ich das mal so sagen darf.

 

Die Bonpflicht selbst scheint aktuell notwendig, um das Ziel zu erreichen. Sie ist momentan wohl das kleinere Übel. Perspektivisch wird der technologische Fortschritt die Papierform überflüssig machen. Prof. Voigt hat das ja auch treffend „steinzeitlich“ genannt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die Beschleunigung dieses Fortschritts, Unterstützungsmöglichkeiten für den Handel usw. können wir gern reden. Welche Möglichkeiten zur Verbesserung es vielleicht noch gibt, können wir auch gern diskutieren. Es wurde zum Beispiel eine Bagatellgrenze genannt, Herr Kemmerich. Darüber können wir gern reden. Aus Steuereinnahmesicht hat sich, zumindest was wir in den anderen Ländern sehen, die Belegausgabepflicht bewährt. Doch mit dem Blick auch auf die Erfahrung anderer Länder stellt sich natürlich auch die Frage: Warum sollte man etwas stoppen, wenn es funktioniert? Im Englischen heißt das: „Never stop a running system“. Das gilt für so vieles, im Übrigen für eine Rot-Rot-Grüne Landesregierung. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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