Ostdeutsche Wintersportstandorte auf Olympia-Niveau – Oberhofer Infrastruktur und Know-how nutzen, tragfähige Strukturen schaffen und gemeinsam Zukunftskonzepte entwickeln

Knut Korschewsky

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/8932

 

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal finde ich es gut, dass in einem Thüringer Sportland – und ich sage bewusst nicht nur „Wintersportland“, Kollege Voigt, sondern „Sportland“ – über Sport im Plenum geredet wird. Das sollten wir endlich auch mal für uns verallgemeinern, denn wir haben nämlich mehr zu bieten als nur Wintersport, wir haben Radrennen, wir haben Schießsport in Suhl, wir haben alles Mögliche, wir haben in Erfurt die Eislaufbahn usw. usf. Da sollten wir auch mal ein bisschen an der Stelle denken. Deshalb bin ich ganz froh, dass man heute auch mal wieder über Sport in diesem Thüringer Landtag redet und dass wir hier auch eine Diskussion dazu haben.

 

Ich möchte aber zu Ihrem Antrag gleich zu Beginn sagen, dass ich finde, dass das ein Gemisch aus unterschiedlichen Anträgen, die man eigentlich hätte stellen müssen, ist. Auf der einen Seite geht es Ihnen – Sie haben doch ausschließlich davon gesprochen – um die Frage „Olympia in Thüringen“ und auf der anderen Seite geht es in Ihrem Antrag in den Punkten 4 bis 6 um die Rolle des Zweckverbandes. Das sind für mich sicherlich in bestimmten Beziehungen Gemeinsamkeiten, aber hier sollte man doch einen kleinen Unterschied machen. Wenn wir über die Rolle des Zweckverbandes und die Aufstellung des Zweckverbandes reden, dann hat das verhältnismäßig wenig mit einer Olympiabewerbung Thüringens für den Rennrodelsport hier in Thüringen zu tun. Deshalb finde ich, das hätte man schon durchaus auseinandernehmen können und man hätte und kann da sicherlich auch noch im Ausschuss weiter darüber reden. Deshalb sage ich jetzt schon, wir werden uns einer Ausschussüberweisung nicht verwehren.

 

Ich möchte aber auf ein paar Dinge mal ganz besonders eingehen. Sie sprechen davon, Thüringen hat viele Rennrodelweltmeister, Olympiasieger, alles hervorgebracht – das ist richtig. Es geht darum, auch nach 2026 den Rodelsport in Thüringen und den Biathlonsport in Oberhof auch weiter zu haben. Aber ich finde, die Landesregierung ist hier erstmal der falsche Ansprechpartner, denn hier geht es darum, dass die Spitzenverbände diese Anträge stellen. Und hier steht überall 2026, weil das ein ganz normaler Vorgang ist, dass die Internationale Biathlon-Union oder auch der Rennschlittenverband, der internationale, immer in 4-Jahres-Rhythmen denkt und alle vier Jahre dann auch wieder die unterschiedlichen Wettkampfstätten für die Weltcups bestätigt. Und da ist nicht die Landesregierung erst mal maßgeblich. Da ist maßgeblich, dass die Spitzenverbände erst mal diese Anträge stellen, dass wir dann auch in diese Richtung hineinkommen. Also hier an dieser Stelle ist die Landesregierung, die Punkte 5 und 6 Ihres Antrags unter Punkt I, der falsche Ansprechpartner.

 

Einen zweiten Punkt, den ich hervorheben möchte: Wenn man über eine Bewerbung redet, dann möchte ich auch wenigstens wissen, was so eine Bewerbung kostet, welche Dinge da eigentlich notwendig sind. Und Sie wollen mir doch nicht erzählen, Kollege Voigt, dass Sie nicht wissen, dass das Internationale Olympische Komitee auch einen gewissen Gigantismus hat und dass der natürlich nicht dazu führt, dass das ohne Kosten ist. Aber Sie sprechen auch nicht von Kosten. Und keiner weiß, wie die Bewerbungsunterlagen überhaupt aussehen. Also ich kenne keine und ich wüsste auch nicht, dass mittlerweile die Bewerbungsunterlagen in Deutschland eingetroffen sind – vielleicht ist es in den letzten zwei Tagen passiert, aber bisher waren sie nicht da; sie sind angefordert worden. Aber wir wissen nicht, was notwendig ist, um so eine Bewerbung überhaupt erst mal machen zu können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

Ein dritter Punkt an der Stelle: Woher wissen wir denn, dass in Italien nicht noch einmal eine Prüfung läuft? Also zumindest nach meinem Kenntnisstand ist es so, dass die italienische Landesregierung doch ein wenig – ich sage es mal – peinlich berührt ist, dass man dort nicht in der Lage ist, solche Rennschlitten- und Bob-Olympischen Spiele dann auch in Italien durchführen zu können. Zumindest nach meinem Kenntnisstand gibt es derzeitig noch mal eine Prüfung der italienischen Regierung, ob nicht die Bahn in Silvano bei Turin, die ja schon einmal als Austragungsort fungiert hat, zu ertüchtigen ist oder ob nicht vielleicht doch ein Neubau infrage kommt. Auch das muss man – glaube ich – mit in Betracht ziehen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will aber auch ganz deutlich sagen, dass die Frage Olympia für uns als Linke doch verhältnismäßig schwierig ist. Ich will auch begründen, warum wir im Moment einer insgesamten Bewerbung Thüringens, nicht nur Thüringens, sondern auch der Bundesrepublik im Moment sehr kritisch gegenüberstehen.

Erstens: Der Schulsport in Deutschland ist in einer desolaten Situation, das wissen wir alle. Das 2017 von der Kultusministerkonferenz gestellte Ziel, in jeder Klassenstufe wöchentlich mindestens drei Stunden Sportunterricht zu gewährleisten, wird weiterhin deutschlandweit deutlich verfehlt. Ursachen sind vor allem das Fehlen von Sportstätten sowie Sportlehrerinnen und Sportlehrern. Gleiches gilt auch für den Schwimmunterricht. 60 Prozent aller Kinder können bis zum Ende der Grundschule nicht sicher schwimmen.

Zweitens: Auch im Breitensport sowie im Gesundheits- und Rehasport gibt es zahlreiche Baustellen. Hier gibt es unvermindert einen großen Mangel an Sportstätten und Schwimmbädern, an finanzieller Förderung sowie an ehrenamtlichen Helfern, insbesondere an Übungsleiterinnen und Übungsleitern. Der Sanierungsstau – und da sage ich Ihnen auch für Thüringen nichts Neues – bei Sportstätten und Schwimmbädern wurde 2016 mit über 30 Milliarden Euro beziffert. Aufgrund zu geringer Mittel von Bund, Ländern und Kommunen ist das Defizit weiter gewachsen. Wir wissen auch in Thüringen, dass von 1 Milliarde Euro Sanierungsstau auszugehen ist. Der auch von der Linken geforderte „Goldene Plan Sportstätten“ in den kommenden 15 Jahren mit mindestens 1 Milliarde Euro pro Jahr durch die Bundesregierung wird nicht angegangen trotz eines Versprechens, das Herr Horst Seehofer in seiner Zeit als Minister auch mal gegeben hat. Und damit steht das weiter alles infrage.

 

Drittens: Unbefriedigend ist auch die Förderung des Spitzensports durch den Bund. Die 2016 beschlossene Spitzensportreform war von Beginn an ungeeignet zur Lösung der Probleme und ist nun gescheitert. Ein ähnliches Schicksal scheint aus unserer Sicht auch der jetzt von der Ampelkoalition angestrebten Reform bevorzustehen.

Und viertens: Mit ihrer Strategie Sportgroßveranstaltungen betreibt die Bundesregierung eine Gigantomanie bei ausgewählten Sportevents. Mit den European Championships 2022 in München, den Invictus Games 2023 in Düsseldorf oder der Fußballeuropameisterschaft der Männer 2024, während für andere große Sportveranstaltungen deutlich weniger Geld und Engagement des Bundes eingesetzt werden. Diese Gigantomanie lässt berechtigte Zweifel an den Versprechungen, dass Olympische und Paraolympische Spiele in Deutschland nachhaltig und bescheiden organisiert werden können.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Für uns als Linke steht im Vordergrund, dass wir nicht bei Olympia die immer fortwährende Gigantomanie weiter betreiben, sondern dass der olympische Gedanke im Mittelpunkt steht, nämlich völkerverbindend, jugendverbindet, damit wirklich wieder Olympia zu Olympia gemacht wird. Wir hoffen, dass wir bei allen berechtigten Forderungen und bei allen Wünschen, die wir haben – auch ich wünsche mir durchaus Olympische Spiele hier in Deutschland, aber nicht unter den Bedingungen, wie derzeit das Internationale Olympische Komitee vorangeht, wie das Internationale Olympische Komitee aus unserer Sicht heraus Geld zum Fenster hinausschmeißt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Ein letzter Satz: Ich habe gesagt, wir verschließen uns auch nicht einer Überweisung an den Bildungs- und Sportausschuss. Wir sind bereit, auch weiter darüber zu diskutieren. Vor allen Dingen sollten wir darüber diskutieren, wie es gelingt, so wie bisherige Veranstaltungen, Großveranstaltungen, die Weltcups in Oberhof, vor allen Dingen zukünftige Großveranstaltungen – beispielsweise plant der Thüringer Schießsportverband, wenn alles gut geht, eine Weltmeisterschaft 2030 im Schießsportzentrum in Suhl – zu sichern und solche Dinge weiter nach vorne zu bringen. Ich glaube, im Moment steht die Zeit nicht an, dass wir 2026 eine Teilolympiade weit weg von Cortina d‘Ampezzo hier in Thüringen durchführen sollten. Herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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