Neue Strukturen für Thüringen

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1636


Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform und die Diskussion um diese Reform haben in Thüringen Fahrt aufgenommen, sie haben begonnen. Auch wenn einige politische Vertreter durch dieses Land ziehen und immer noch glauben, mit politischen Positionen die Reform zu verhindern, diskutieren doch sehr viele Landräte, diskutieren sehr viele Bürgermeister, Gemeinderäte und auch viele Bürgerinnen und Bürger genau darüber, welche Zielvorstellungen wie und in welcher Form am Besten erreicht werden können. Manchmal ärgert mich, dass wir zu Beginn dieser Reform, nachdem wir gerade als Rot-Rot-Grün ein Leitbild mit den Leitplanken und Zielkorridoren vorgelegt haben, oftmals in der Diskussion nur darauf reduziert werden, was diese Reform kostet oder an Geld bringt oder letztendlich auch auf die Frage reduziert werden, wo denn die künftigen Landkreisgrenzen lang laufen und welche Stadt zukünftig auch Kreissitz bleibt. Ich denke, wir sollten alle Fragen beantworten, aber alle Fragen auch zur richtigen Zeit beantworten. Jetzt geht es darum, genau die Leitblanken dieser Reform zu beschreiben, die qualitativen Ziele zu beschreiben und auch deutlich zu machen, was Motive und was Gründe für diese Reform sind.


Der Innenminister hat auf Beschluss des Thüringer Landtags im September ein Leitbild vorgelegt und hat bei fünf Regionalkonferenzen mit anwesenden Gemeindevertretern, mit politischen Vertretern diskutiert – die Regionalkonferenzen wurden wissenschaftlich begleitet – und auch argumentiert.


(Unruhe CDU)


Frau Tasch, es wurde nicht nur vorgestellt, sondern es wurde diskutiert.


(Unruhe CDU)


Und eines müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen, dass das Leitbild, Frau Tasch, das im September im Entwurf vorgelegt wurde, einen Umfang von 17 Seiten hatte; das Leitbild, was die Landesregierung im Dezember verabschiedet hatte, einen Umfang von nahezu 80 Seiten. Nun können Sie sagen, das ist einfach nur aufgebläht. Aber wenn Sie ganz genau in das Leitbild hineinschauen, dann sind doch Kritiken, Fragen, die in den Regionalkonferenzen vorgetragen worden sind, genau in diesen abschließend beschlossenen Entwurf aufgenommen worden und das macht doch auch gerade Sinn.


(Unruhe CDU)


Da will ich aber auch deutlich machen, dass wir aus diesem Diskussionsprozess etwas mitnehmen müssen, nämlich dass es uns vielleicht am Anfang dieses Diskussionsprozesses nicht ganz gelungen ist, deutlich zu machen, warum wir eigentlich die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform angehen.


(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wie zu DDR-Zeiten – Ihr gebt vor, was richtig sein soll!)


Die gemeindliche Ebene hatte am Anfang den Eindruck gewonnen, dass die finanziellen, die strukturellen Probleme des Landes durch Gemeindestrukturveränderungen nun gelöst werden müssen. Das war nicht das Ziel, aber es war der Eindruck, der entstanden ist. Ich denke, durch die stärkere Betonung auch des Bestandteils der Funktional- und Verwaltungsreform im Leitbildentwurf ist deutlich geworden: Was ist auch der Anteil des Landes? Was ist der Anteil unserer Diskussion um Aufgaben, die künftig in diesem Land bewerkstelligt werden müssen, und was ist auch der Anteil, der auf gemeindlicher Ebene vollbracht werden muss?


Ich will auch auf zwei andere Punkte eingehen, die in diesen fünf Regionalkonferenzen eine große Rolle gespielt haben und sich dann im Ergebnis auch im schlussendlichen Leitbild wiederfinden. Das sind die Frage des Identitätsverlusts, die angesprochen worden ist, und die Frage des befürchteten Demokratieverlusts in größeren Strukturen. Ich finde es richtig, dass dieses Leitbild genau darauf Antworten gibt, dass wir diese Einwände ernst nehmen und dass wir damit natürlich auch in die weitere Diskussion gehen, beispielsweise im Vorschaltgesetz oder beispielsweise durch eine Stärkung der Demokratie auf gemeindlicher Ebene durch Änderung der entsprechenden Gesetze, bei der Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern bei Bürgerentscheiden, aber auch im Wechselverhältnis zwischen Verwaltung, praktisch der Exekutivverwaltung, Bürgermeister, Landräte auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Gemeinderäte. Das zeigt doch, dass diese Diskussion auch Auswirkungen hat auf Entscheidungen dieser Landesregierung. Das finde ich richtig. Wir finden es auch richtig, wenn der Landtag die Landesregierung beauftragt, etwas zur Diskussion vorzulegen wie dieses Leitbild, dass es auch der Landtag ist, der dann diese öffentliche Diskussion um das Ergebnis führt. Deswegen haben wir den Antrag eingebracht, weil wir uns der öffentlichen Debatte um dieses Leitbild nicht scheuen müssen, weil wir uns nicht drücken wollen, sondern weil wir diese Diskussion um dieses Leitbild sehr offensiv führen wollen, weil wir genau von dieser Reform, Frau Tasch, überzeugt sind.


(Unruhe CDU)


(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das interessiert Sie einen Scheißdreck, was die Leute davon halten!)


Ich bin froh darüber, Frau Tasch, dass es Ihnen die 5 Minuten nicht gelungen ist, meine Rede derartig zu unterbrechen, dass ich von dem Inhalt, den ich sagen wollte, nichts vermitteln konnte. Vielen Dank.


(Unruhe CDU)


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir können ja Beißringe verteilen!)

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