Mögliche Bedrohung bürgerlicher Rechte durch eine Corona-Teststrategie in Thüringen

Dr. Iris Martin-Gehl

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/2800

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer am Livestream! Herr Dr. Lauerwald, Sie haben sehr viel erzählt über Tests, über Möglichkeiten, die die Corona-Tests bieten, aber Sie haben recht wenig dazu gesagt, wie Sie Ihren Antrag begründen wollen. Dazu gibt es nur zwei Sätze. Dass Sie die Einschränkung von Bürgerrechten gefährdet sehen, wenn getestet wird – das, mit Verlaub, halte ich für abwegig.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Thüringen hat bundesweit die höchste Inzidenzzahl an Corona-Erkrankungen. In einer solchen Situation Maßnahmen zur Senkung dieser Zahlen als Bedrohung von Grundrechten anzusehen, zugleich aber immer wieder sofortige Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen einzufordern, ist in meinen Augen widersinnig, es ist geradezu abwegig. Es macht mich fassungslos, dass hier allein die Rede von der möglichen Bedrohung von Rechten durch vorgeschriebene Corona-Tests ist, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, wie es um die Rechte der Menschen steht, die durch diese Tests zu schützen sind. Und das wiederum sind wir alle, also auch diejenigen, die in diesen Tests eine Bedrohung sehen.

 

In Ihrer Begründung behaupten Sie, dass die Landesregierung in der massenweisen Anwendung der Tests den Königsweg aus der Krise sehe. Wie Sie darauf kommen, ist mir ein Rätsel, denn es ist ja ausreichend kommuniziert, dass die Tests nur eine Maßnahme sind, die im Dreiklang mit Impfungen und Kontaktnachverfolgungen sowie ergänzend zu den nach wie vor geltenden Hygieneregeln zum Einsatz kommen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen und uns wieder Stück für Stück in ein normales Leben zurückzuführen.

 

Sie sprechen weiter von einem allgemeinen Testregime, das mit bürgerlicher Freiheit und Selbstbestimmung ebenso wenig vereinbar sei wie eine allgemeine Impfpflicht. Also, dass es eine allgemeine Impfpflicht gäbe, ist mir nicht bekannt. Und was Sie unter einem allgemeinen Testregime verstehen, das muss wohl Ihr Geheimnis bleiben.

 

Nun erwähnen Sie aber auch rechtliche Bedenken, die – das wird Sie nicht überraschen – ich nicht teile. Ja, soweit Corona-Tests schon vorgeschrieben sind, etwa bei dem Betreten von Krankenhäusern und Pflegeheimen, werden Grundrechte eingeschränkt. Aber dies ist rechtlich zulässig und sogar geboten, nämlich zur Wahrung des höherwertigen Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dass bei der Abwägung kollidierender Grundrechte der Gesundheitsschutz Priorität besitzt, das liegt auf der Hand und das haben Gerichte in vielfältiger Weise gerade in der Corona-Zeit bestätigt.

 

Bedenken sehe ich im Gegensatz zu Ihnen auch nicht in Bezug auf die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, denn die Corona-Tests im Dreiklang mit Impfen und Kontaktnachverfolgungen – ich hatte es bereits erwähnt – sind das angemessene und ohne Frage das mildere Mittel im Vergleich zum strengen Lockdown mit Schließung aller Geschäfte und Einrichtungen, mit strikten Besuchsverboten in Alten- und Pflegeheimen, mit Tätigkeitsbeschränkungen für bestimmte Berufsgruppen, etwa im Bereich körpernaher Dienstleistungen.

 

Eigentlich ist dieses Thema aber weniger ein rechtliches, sondern vielmehr ein ethisch-moralisches. Ich jedenfalls empfinde die Fragestellung dieser Aktuellen Stunde als beschämend und unwürdig für dieses Hohe Haus.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Für mich ist es ein Gebot menschlicher Vernunft und solidarischer Mitmenschlichkeit, dass wir alle Fürsorge füreinander tragen, dass wir Verantwortung füreinander übernehmen und uns und andere schützen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dazu gehört für mich auch, sich vor Präsenzveranstaltungen im Landtag und vor allem vor dem Plenum testen zu lassen

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und auch, der Empfehlung der Präsidentin folgend, am Platz eine Maske zu tragen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Es ist bedauerlich, dass dies hier nicht von allen so gesehen wird und wir stattdessen über Bedrohung unserer Rechte, über Einschränkung bürgerlicher Freiheit und Selbstbestimmung debattieren müssen. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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