Mitgliedschaft von Mitgliedern der Landesregierung in Leitungs- und Aufsichtsgremien auf Erwerb gerichteter Unternehmen

Zum Antrag der Landesregierung - Drucksache 5/232 -

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns zu Wort gemeldet, um an diesem Tagesordnungspunkt 2 etwas anzumahnen und, Frau Ministerpräsidentin, da darf ich um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten. An diesem Tagesordnungspunkt mahnen wir an die Diskussion zu Drucksache 3/50. Als Frau Lieberknecht noch Landtagspräsidentin war, gab es diese Drucksache, in der deutlich gemacht worden ist, dass das Parlament beteiligt sein muss an Aufgaben, die an Gesellschaften übertragen werden, und diese übertragenen Aufgaben aus dem Landeshaushalt finanziert werden.

Wir haben heute eine Vorlage, in der man scheinbar die Aufsichtsführung auf die Minister, also die Regierungsebene, überträgt. Wir haben uns auch entschlossen, der Kurzfristigkeit heute nicht im Weg zu stehen. Insoweit, Kollege Höhn, ist für uns das Parlament keine Spielwiese, sondern wir beteiligen uns konstruktiv an der Diskussion, wollten dieses auch heute nicht aus formalen Gründen anhalten, was wir hätten tun können.

(Beifall DIE LINKE)

Die vorgelegte Liste entspricht auch dem Arbeitsbereich der Minister, die hier aufgeschlüsselt sind. Deswegen ist auch an dieser Auflistung aus unserer Sicht keine Beanstandung anzumerken. Wir möchten darum bitten und werden auch den Antrag auf Selbstbefassung stellen, aber schöner, besser und zielführender wäre es, wenn die Regierung einen eigenen Vorschlag machen würde, an welchen Stellen Aufgaben, die in Gesellschaften übertragen werden, bei denen die Minister die Aufsicht führen, später in den Haushaltsdebatten dann die Gelder zur Verfügung gestellt werden und die Regierung allein entscheiden kann, welche Aufgaben die bisher oder eigentlich in anderen öffentlichen Parlamenten, in anderen öffentlichen Aufgabenstellungen durch das Parlament entschieden werden würden. Insoweit haben wir hier eine Abtrennung von Aufgaben und Aufsichtsführung und werden dann später die Diskussion nur wieder haben, wenn die Haushaltspositionen sind, aber wir werden nie eine Endabrechnung bekommen. Zum Beispiel der Geschäftsbericht der LEG wird zwar veröffentlicht, aber er wird nicht Teil der parlamentarischen Debatte, die Abschlüsse, der Wirtschaftsprüfungsbericht dieser Landesgesellschaft und ähnliche Dinge, werden eben nicht Teil der Parlamentsdebatte, wenn es um die Aufgabenerfüllung geht, die dahintersteht.

Deswegen mahne ich an dieser Stelle für uns als Parlamentarier die Umsetzung der Drucksache 3/50 an und dieses müsste aus unserer Sicht von der Landesregierung erfolgen. Damals war der Appell der Landtagspräsidentin Lieberknecht an den damaligen Ministerpräsidenten, dass die Landesregierung hier eine Vorlage erarbeiten sollte. Wir möchten gern als Parlament auch an der Aufsichtsführung aus der Sicht der Parlamentarier beteiligt werden und nicht nur aus der Sicht der Regierung. Das ist die erste Anmerkung.

Die zweite Anmerkung: Wir bitten um eine Klarstellung, welcher Ehrenkodex für die Landesregierung gilt, wenn Minister oder Staatssekretäre Aufgaben in der Aufsichtsführung übernehmen, als Aufsichtsratsvorsitzender oder als Aufsichtsratsmitglieder. Es gab eine ganze Reihe von Vorkommnissen in den letzten Jahren nicht nur in Thüringen; erinnert sei an den Herrn Müller, den damaligen Bundeswirtschaftsminister, der von seinem Recht als Wirtschaftsminister Gebrauch gemacht hat, eine Sondergenehmigung zur Fusion von Großkonzernen gegeben hat, und nach seinem Ausscheiden aus dem Ministerdienst wurde er Vorstandsvorsitzender genau dieser fusionierten Gesellschaft. Ich denke, dass das ein unerhörter Vorgang ist und dass es eines Ehrenkodexes bedarf, dass ein Regierungsmitglied über seine Regierungsarbeit wenigstens fünf Jahre lang, also so lange wie eine Legislatur dauert, nicht in einer Gesellschaft tätig wird, die auf Erwerb gerichtet ist, für die er vorher politisch zuständig war in der Aufsichtsführung. Da würden wir uns gern wünschen, dass hier ein Ehrenkodex noch einmal in der Schärfe dokumentiert wird, damit klar ist, dass diese Landesregierung hier ein wachsames Auge darauf hat, was die Person macht, die dort Aufsicht führt. Die Untersuchungsausschüsse der letzten Legislatur haben hier ein paar Hinweise gegeben. Ich will nur die Kuriosität in Erinnerung rufen. Da ist ein Aufsichtsratsvorsitzender scheinbar als Privatperson Aufsichtsratsvorsitzender, obwohl er als Minister dorthin geschickt worden ist. Anschließend im Untersuchungsausschuss ist nicht mehr aufklärbar, ob er da nun als Minister gesessen hat, ob er die Fördergelder, die für die Gesellschaft gegeben wurden, als Minister beschleunigt hat und gleichzeitig als Aufsichtsratsvorsitzender faktisch als Privatperson da herumsitzt.

Das kann so nicht funktionieren. Wenn man als Minister Tätigkeiten übernimmt in einer Gesellschaft, die für das Land tätig ist, dann muss der Minister als Minister da sitzen und da muss er auch als Minister im Zweifelsfall dem Parlament Rede und Antwort stehen für die Dinge, die da geschehen. Es kann nicht sein, dass man da hinterher sagt, an der Gesellschaft sind aber 2 Prozent der GmbH oder Aktienanteile durch eine andere Gesellschaft gezeichnet und diese 2 Prozent sind dann der Schutz des Privatvermögens und deswegen gibt es keine parlamentarische Debatte. Das kann so nicht funktionieren und deswegen haben wir heute gesagt, wir möchten es freundlich vortragen: Wir wünschen uns einerseits eine Vorlage der Landesregierung, was den Ehrenkodex angeht. Das können wir im zuständigen Ausschuss. Aus unserer Sicht wäre der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Technologie ein geeigneter Ausschuss. Es könnte auch der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wir brauchen aber eine parlamentarische Diskussion über diese Dinge und, meine Damen und Herren, im Zweifelsfall müsste man eine gesetzliche Regelung schaffen, wenn es da Unklarheiten gibt. Ich sehe die Unklarheiten im Bund. Ich sehe die Unklarheiten auch in den Landesparlamenten. Ich glaube, hier ist ein bisschen mehr Klärung notwendig.

Um eines möchte ich bitten: In der Liste - und das war der Grund, warum wir gesagt haben, also maximal wird es bei uns ein paar Stimmenthaltungen geben, aber wir werden uns der aktiven Bearbeitung nicht verweigern -, die uns heute vorliegt, sind es wirklich Ministerpositionen, deren Funktion in der direkten Bearbeitung des Ministeriums liegen. Das ist völlig in Ordnung. Wir mahnen aber, dass Minister dieser Landesregierung keine Aufsichtstätigkeit übernehmen sollten in Unternehmen, die auf Erwerb gerichtet sind, die mit dem Land nichts zu tun haben. Also diese Trennlinie bitten wir doch durchzuhalten und da auch eine klare Grundposition dem Parlament mitzuteilen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich sagen, wenn ein Staatssekretär ein Unternehmen, ein Landesunternehmen führt als Aufsichtsratsvorsitzender, also die höchste Kontrollfunktion hat, wenn dieser Staatssekretär in der Zeit, in der er noch im Amt ist, von dem von ihm Kontrollierten, nämlich der Geschäftsführung, sich ein Honorarvertrag erarbeiten lässt, in einer fünfstelligen Größenordnung und niemand bemerkt dabei, dass das schon ungehörig an sich ist, dass schon der Vorgang allein alarmierend und empörend ist, das veranlasst mich noch einmal, deutlich zu machen, liebe Vertreter der Landesregierung, wir erwarten hier eine Bringschuld der Landesregierung, dass klar gesagt wird: Ein Mensch, der für die Landesregierung in irgendeiner Funktion tätig ist, muss immer wissen, dass er in seiner Funktion gebunden ist an sein politisches Amt, das er in der Regierung hat, und niemals mit der gleichen Firma, in der er dort arbeitet, private Verträge vorbereiten darf. Deswegen gehört aus unserer Sicht ein fünfjähriges Gebot dazu, so lange wie die Legislatur eines Landtags dauert, so lange sollte es eine strikte Trennung zwischen der Aufgabenwahrnahme als Aufsichtsführung aus der Regierung und einer späteren Tätigkeit in einem solchen Unternehmen geben. Das hat nichts damit zu tun, dass man an seiner freien Berufswahl gehindert wird. Worum es geht, ist, dass man das eine nicht benutzen darf, um das andere später sozusagen privatisiert vorzubereiten.

Der alarmierende Vorgang hat gerade hier in Thüringen stattgefunden. Es ist jetzt offensichtlich bereinigt, das ist auch gut so. Aber dass es niemand bemerkt hat, weder der Aufsichtsrat noch die Geschäftsleitung, das finde ich das eigentlich Problematische. Da reicht es mir nicht, wenn die Ministerpräsidentin und der zuständige Minister sagen: Nein, wir finden das nicht gut. Das ist zwar klar, da ist auch die Formulierung offenkundig klar gewesen, aber offenkundig hat sonst niemand von den Beteiligten ein Gefühl dafür gehabt, dass das so nicht geht. Deswegen unsere Bitte, hier einen klaren Ehrencodex vorzusehen, das Minimum wäre ein Bekenntnis, dass keine Mitgliedschaften in Aufsichtsgremien wahrgenommen werden, die auf Erwerbstätigkeit gerichtet sind, die außerhalb der Zuständigkeit unseres Landes sind, die nichts mit der Funktion der Regierung zu tun haben, das bitten wir klarzustellen.

Wir bitten auch - in Anlehnung an Drucksache 3/50 - dem Parlament Gelegenheit zu geben, aus seiner eigenen Mitte Personen zu benennen, die geeignet sind, bei den Landesgesellschaften in Aufsichtsräten mitzutun. Und unsere letzte Bitte: Die abgerechneten Jahresergebnisse dieser Gesellschaften gehören dem parlamentarischen Gang zugeordnet, das heißt, sie müssen Teil der Abrechnung des Haushaltsregimes unseres Landes sein. In diesem Sinn mahne ich heute freundlich eine Konkretisierung im neuen Jahr an und wollte den Weihnachtsfrieden nicht weiter stören. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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