Mehr Anerkennung für das Handwerk – Meisterbonus auf 4.000 Euro anheben – Zukunft des Handwerks in Thüringen sichern 1/2

Andreas Schubert

Zum Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/6785

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Hohen Haus und an den Bildschirmen, vor allen Dingen werte Beschäftigte in den Thüringer Handwerksbetrieben, liebe Handwerkerinnen und Handwerker! Herr Kemmerich, mich würde es ja wirklich überraschen, wenn es mal gelingt, etwas mit Ihnen im Ausschuss zu diskutieren. Die Erfahrung in dieser Legislaturperiode ist doch sehr übersichtlich, was die Diskussion von Inhalten mit Ihnen im Ausschuss anbelangt, auch mangels Anwesenheit.

 

Im Jahr 2020 ist es im Ergebnis einer Anhörung in Thüringen endlich gelungen, den Meisterbonus und die Meistergründungsprämie ab dem Jahr 2021 einzuführen. Es ist gut und richtig, dass die FDP dies in ihrem Antrag als positive Entwicklung würdigt. Das war es aber auch mit den begrüßenswerten Inhalten in diesem Antrag, der in großen Teilen von der Realität längst überholt ist – und das wissen Sie, Herr Kemmerich – und im Rest reine Schaufensterrhetorik enthält, mit der die mangelnde Substanz übertüncht werden soll.

 

Was bedeuten die aktuellen Regelungen für die Menschen, die sich in Thüringen für eine Meisterausbildung entscheiden? Die Meistergründungsprämie in Höhe von 5.000 Euro kann seit 2021 bei der Gründung oder Übernahme eines bestehenden Betriebs im Handwerk beantragt werden. Weitere 2.500 Euro werden ausgezahlt, wenn innerhalb der ersten drei Jahre Ausbildungs- und Arbeitsplätze entstehen. Auch der Meisterbonus in Höhe von 1.000 Euro kann bei erfolgreichem Abschluss der Prüfung Anreize schaffen, um sich weiterzuqualifizieren.

 

Die Richtlinie wurde schon im laufenden Jahr, am 1. Januar, angepasst. Nun ist es möglich, auch denjenigen Meisterprüfungsabsolventen die Meisterprämie und den Meisterbonus auszuzahlen, die aus triftigem Grund die Prüfung außerhalb Thüringens abgelegt haben, obwohl diese Meisterlehrgänge auch in Thüringen angeboten werden. Erneut novelliert wird die Richtlinie – und das ist das, was ich sage, was in Ihrem Antrag von der Realität überholt ist, das hat das Wirtschaftsministerium nicht zuletzt in der öffentlichen Haushaltsdiskussion im letzten Monat angekündigt – zum 1. Januar nächsten Jahres, wenn endlich die rückwärtige Begrenzung aufgehoben werden soll, was eine substanzielle Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten zur Folge haben wird, so wie es der Gesetzgeber ursprünglich von Anfang an vorgesehen hatte. Und auch die Fortbildungsabsolventen nach DQR 6 und DQR 7 – das sind die IHK-Berufsbilder – sind inzwischen erfasst. Sie erinnern sich bestimmt, dass im August dieses Jahres der Wirtschaftsminister gemeinsam mit der Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt und der Vizepräsidentin Frau Boos-John dort die ersten Meisterboni überreicht hat.

 

Die Zahlen der seit 2021 ausgereichten Meisterboni im Handwerk sprechen für sich. 2021 konnten 173, im Jahr 2022 sogar 181 Menschen von 478 bestandenen Meisterprüfungen ausgereicht werden. Ab diesem Jahr prämiert das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft erstmals die erfolgreich bestandene Meisterfortbildung in den grünen Berufen. Da gibt es eine ganze Reihe, die dazugekommen sind.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Wofür denn?)

 

Das ist gut und richtig. Im Unterschied von 500 bis 1.000 Euro, je nach Berufsbild, gibt es je nachdem, welche Fortbildungsstufe dort erreicht wird, Bachelor Professional zum Beispiel, inzwischen diese Prämie.

 

Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern ist Thüringen gut aufgestellt und wird sich im kommenden Jahr – ich hatte es angesprochen – mit der neuen Richtlinie noch bessern. Das würdigen im Übrigen auch die Handwerkskammern. Suchen Sie doch mal das Gespräch, bevor Ihnen als FDP nichts anderes mehr einfällt, als zu kritisieren, dass der Meisterbonus bundesweit nicht einheitlich geregelt ist. Gleichzeitig werden hier eine Vervierfachung des Meisterbonus und eine Verdopplung der Meistergründungsprämie in einem Überbietungswettbewerb vorgeschlagen. Aber wie, Herr Kemmerich, verbindet sich das eigentlich mit den FDP-Vorschlägen, die Sie hier seit Jahren wiederholt vortragen, dass der Landeshaushalt 1 Milliarde Euro zu groß ist? Sie haben doch gestern Abend noch von diesem Pult die Überschrift des Rechnungshofs „Einnahmen begrenzen die Ausgaben“ vorgelesen. Wo ist denn Ihr Deckungsvorschlag für die Vervierfachung des Meisterbonus und für die Verdopplung der Meistergründungsprämie?

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Sie machen nur Schaufenster und liefern nichts.

 

(Unruhe Gruppe der FDP)

 

Die Aufstockung würde jedoch die aktuellen Probleme in der Nachwuchsgewinnung im Thüringer Handwerk nicht annähernd lösen. Und das wissen Sie auch, wenn Sie mit Handwerkern reden.

 

Übrigens habe ich auch eine solche Forderung, Anhebung auf 4.000 Euro, im Rahmen der Diskussionen und Gespräche zum parlamentarischen Abend des Handwerks nicht gehört, auch nicht an anderer Stelle. Im Gegenteil, schon bei der Anhörung 2020 hat die AG der Handwerkskammern darauf hingewiesen, dass eine kostenfreie Meisterausbildung nicht notwendig sei, weil die Kosten weitgehend durch die Aufstiegs-BAföG-Regelung gedeckt ist. Priorität eins im Handwerk hat vielmehr eine verlässliche und dauerhafte Finanzierung der aktuellen Regelungen zur Meistergründungsprämie und zum Meisterbonus. Und zu behaupten, dass die Studierendenquote die Hauptursache für den Fachkräftemangel bei den Azubis im Handwerk sei, ist eine Verweigerung der demografischen Realität. Statt immer wieder über die vermeintlichen Überakademisierungstendenzen zu lamentieren, müssen wir über Anreize für das Sammeln von Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern in Handwerksberufen, zum Beispiel bei den Tagen in der Produktion – hieß früher übrigens mal polytechnischer Unterricht –, und auch eine Praktikumsvergütung nachdenken. Dem Fachkräftemangel muss von uns mit einem ganzen Portfolio an Maßnahmen begegnet werden. Auch in den Haushaltsdiskussionen wollen wir als Koalitionsfraktionen dazu einen weiteren Vorschlag einbringen.

 

Anreize sind gut, reichen aber nicht aus, um entscheidende Verbesserungen allein damit zu erzielen. Wir müssen deshalb über zielgenaue Ausrichtung von auch neuen Maßnahmen im Fachausschuss diskutieren, wo wir dann auch gespannt auf den Deckungsvorschlag der FDP warten für Ihre Maßnahmen, Herr Kemmerich. Versuchen Sie doch wenigstens, ein Stück weit Glaubwürdigkeit zu erhalten, was Sie in dieser Legislaturperiode schon zu ganz großen Teilen verspielt haben. Alle erinnern sich bestimmt hier noch in diesem Bundesland an Ihre Ankündigung aus dem Frühjahr 2020, wo Sie auf einer Regierungspressekonferenz angekündigt haben, dass die FDP einen Antrag zur Auflösung des Landtags stellt. Davon haben wir hier nie was gehört und gesehen.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Frau Präsidentin!)

 

Was wir brauchen, sind junge Menschen, die Lust haben, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen und für sich eine langfristige Perspektive in diesem Beruf sehen. Das ist eine wachsende Herausforderung auch mit Blick auf die aktuelle Situation.

 

Präsidentin Pommer:

 

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Montag?

 

Abgeordneter Schubert, DIE LINKE:

 

Ich bin gleich zu Ende mit meinem Text, Frau Präsidentin, dann würde ich die Zwischenfrage zulassen.

 

Präsidentin Pommer:

 

Gern. Herr Montag.

 

Abgeordneter Schubert, DIE LINKE:

 

Was wir brauchen, sind junge Menschen, die Lust haben, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen, die sich eine langfristige Perspektive in diesem Beruf vorstellen können. Und das ist eine wachsende Herausforderung auch mit Blick auf die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt und auch mit Blick auf die Besonderheiten der Generation Z. Nur dann gewinnen wir langfristig auch Menschen, die sich für eine Meisterausbildung und die Gründung von Handwerksbetrieben in Thüringen entscheiden. Das wollen wir als Koalition auf jeden Fall erreichen, denn Handwerk ist eines der wesentlichen Säulen, ein Rückgrat der Thüringer Wirtschaft. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und jetzt gern, Herr Montag, Ihre Zwischenfrage.

 

Abgeordneter Montag, Gruppe der FDP:

 

Vielen Dank. Es ist ja ein Stück weit rhetorisches Talent, das muss ich Ihnen lassen, vom Handwerksthema zur Frage der Neuwahl und Auflösung des Thüringer Landtags zu kommen und dahin gehend auch noch mal meine Frage, Herr Schubert. Ist es Ihnen denn noch erinnerlich, ob es möglicherweise Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Fraktion, vielleicht zwei, gewesen sind, die angekündigt haben, einem Antrag nicht zuzustimmen, wenn er von der FDP kommt? Könnte es auch sein, dass es vielleicht weitere Abgeordnete in diesem Landtag gibt, die genau das ebenso angekündigt hatten für sich und somit ein Antrag gar nicht notwendig war, weil keine Mehrheit dazu – bzw. zurückgezogen worden ist?

 

Abgeordneter Schubert, DIE LINKE:

 

Herr Montag, was mir erinnerlich ist, ist, dass wir hier über einen Antrag der FDP reden und der sich mit der mangelhaften und immer weiter sinkenden Glaubwürdigkeit der FDP nicht besonders gut erklären lässt. Und darauf habe ich hingewiesen, wie sich die Glaubwürdigkeit schon von Anfang an in dieser Legislaturperiode mit Blick auf Ihre Gruppe, die ja im Ergebnis dieser nicht erfolgten Neuwahl entstanden ist, tatsächlich immer weiter verringert hat.

 

Was mir tatsächlich auch erinnerlich ist, ist, dass die FDP damals im Jahr 2021 signalisiert hat, dass sie der Auflösung des Landtags nicht zustimmen will. Und danach waren Sie keine Fraktion mehr, sondern nur noch eine Gruppe, das ist mir erinnerlich.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Rhetorisches Talent!)

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