Lebenswirklichkeiten im Jahr 2020 anerkennen – Thüringen zu einem digitalen Bundesland machen

Philipp Weltzien

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 7/1132

 

Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream, wenn der Ministerpräsident a. D. bei der Suche nach einem Lastenrad auf das Thema „Digitalisierung“ stößt und sich dann beim Herunterladen einer PDF doch sehr träge anstellt und sich dann einen Volkhochschulgrundkurs in Sachen Digitalisierung von der AfD geben lassen muss, spricht das doch Bände über die Kompetenz der FDP in Sachen Digitalisierung.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, FDP: Danke, das ist sehr kollegial! Arrogant bis zum Gehtnichtmehr!)

 

Aber geschenkt. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen haben uns doch recht deutlich gezeigt, wie wichtig das Thema „Digitalisierung“ ist. Deswegen will ich Ihnen die Aktualität des Themas ja gar nicht absprechen. Die Notwendigkeiten des digitalen Ausbaus wurden in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens diskutiert und auch die Chancen einer digitalen Wende bei allen bestehenden Missständen und auch Herausforderungen immer wieder hervorgehoben. Für die Wirtschaft und die Unternehmen, die ihre Betriebe zu digitalen Organisationen umstrukturiert haben, hat dies eine enorme Bedeutung gehabt und vermutlich oftmals darüber entschieden, wie gut sie in der Lage waren, die Corona-Krise zu bewältigen bzw. aktuell noch zu bewältigen. Vermutlich sind viele Unternehmen aber auch einfach überfordert, wenn es um das Thema „Digitalisierung“ geht. Skepsis und mangelnde Sensibilität sowie Überforderung bei der Frage, ob das eigene Unternehmen überhaupt Ansatzpunkte zur Digitalisierung bietet, werden dabei sicherlich eine Rolle spielen.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Thema verfehlt!)

 

Aber die Zukunft gehört den digitalen Organisationen. Zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen sich die Unternehmen deswegen verstärkt auf den Weg machen, um mithilfe der Digitalisierung ihre Betriebe krisenfest, zukunftssicher und nachhaltiger zu gestalten.

 

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Schon mal gehört? Öffentlicher Zugang!)

 

Wir als R2G lassen die Wirtschaft dabei nicht allein. Frau Marx hat es jetzt eben schon kurz angesprochen: Die Thüringer Politik hat mit dem Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum in Ilmenau bereits kostenlose Beratungsangebote auf den Weg gebracht. Praxisnahe Demonstrations- und Umsetzungsprojekte bieten Digitalisierung zum Anfassen. Regionale Betriebe können sich so bei der Umsetzung von Lösungen für konkrete Probleme Unterstützung holen.

 

In den öffentlichen Verwaltungen ist die Lage ähnlich kompliziert. Erste Schritte in die richtige Richtung sind hier allerdings schon vollzogen worden. Die Gründung der KIV Thüringen GmbH im Mai – auch mit den ersten Beitritten der Kommunen – soll den digitalen Umbau in den Kommunen vorantreiben und die Verwaltungsorganisation dabei unterstützen. Durch intelligente Datenmanagementsysteme, mit passenden Workflows sollen Verwaltungsvorgänge digitalisiert und vor allen Dingen vereinfacht werden. Das wird die Grundlage und das Rückgrat für das dringende E-Government sein.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die digitale Infrastruktur nach Corona muss aus linker Perspektive vor allem für die öffentliche Daseinsvorsorge und für Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben da sein. Zudem ist die Digitalisierung in der Wirtschaft notwendig. Dennoch braucht es eine Entgrenzung der Arbeitswelt für die Beschäftigten, damit sie vor zusätzlicher Überlastung geschützt werden. Im Koalitionsvertrag beschreiben wir als Grundsatz: „Den Herausforderungen, Risiken und Chancen der Digitalisierung werden wir uns stellen. Unser Ziel ist es, dass alle Menschen kompetent und selbstbestimmt an der digitalen Welt teilhaben […] und gleichzeitig um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten wissen. Sowohl die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie als auch der Ausbau des E-Government in Landes- und Kommunalverwaltungen wollen wir vorantreiben.“ Die Aktuelle Stunde der FDP – das sehen Sie selber – kommt einfach viel zu spät. Längst haben wir uns als R2G gemeinsam mit den Verwaltungen in den Kommunen und der Wirtschaft auf den Weg gemacht, um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen. Ein paar ungeduldige Kommunen haben sich bereits der KISA in Sachsen angeschlossen. Bei allen anderen Kommunen werbe ich dafür, dass sie sich der KIV anschließen, damit wir möglichst einheitlich in den Thüringer Kommunen verfahren können und einen Flickenteppich in den Verwaltungen durch unterschiedliche Applikationen vermeiden. Meines Erachtens sollten aber auch Investitionen von Serverkapazitäten vor Ort nicht unbedingt von den Kommunen selber getätigt werden. Die Zukunft liegt doch hier ganz klar in Cloud-Speichern, in gemeinsamen Rechenzentren, in einheitlichen zentralisierten Applikationen und entschlackten Verwaltungsvorgängen. Die Corona-Pandemie hat uns die Schwachstellen von versäumten Digitalisierungsprozessen deutlich vor Augen geführt. Thüringen ist ein starkes Bundesland. Wir werden weiter konstruktiv an diesen Prozessen arbeiten, die Folgen der Krise bewältigen und gemeinsam mit den Thüringerinnen und Thüringern unseren digitalen Weg fortsetzen. Vielen Dank.

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