Klimafreundliches Bauen fördern – Lehmbauweise entbürokratisieren

Ute Lukasch

Zum Antrag der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/7710

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Lehm kommt ziemlich oft in Deutschland vor, entweder als Schichtablagerung oder als Ansammlung von Lehmgruppen. Nicht zuletzt wegen seiner vielseitigen Verwendbarkeit hat Lehm als Baustoff eine 9.000-jährige Geschichte. Etwa ein Drittel der Menschen lebt auch heute noch, im Zeitalter von Beton und Stahl, in Häusern aus Lehm.

 

Lehm kann je nach Anwendungsgebiet entweder als Lehmstein genutzt werden oder als faserhaltiger Stoff, also gemischt mit Stroh. Zusätzlich mit mineralischen Stoffen wird das oft als Boden verwendet. Der aus alten Mischungen bekannte Pferde- und Kuhmist gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an. Dass der Lehmbau eine gute, moderne und ökologische Alternative zu alternativen Baustoffen ist, zeigt die Praxis.

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

Vorbei sind die Zeiten, als der Lehm noch als Matsch belächelt wurde. Der älteste natürliche Baustoff der Welt hat inzwischen Hochkonjunktur bei Bauherren und Architekten. Kein Wunder, denn diese Mischung aus Ton, Sand und gröberen Bestandteilen wie Kies und Schotter zeichnet sich durch eine hervorragende Energiebilanz sowie vielfältige Einsatz- und Gestaltungsmöglichkeiten aus. Als natürlicher Baustoff ist Lehm beliebig wiederverwendbar, ressourcenschonend und fast überall verfügbar. Lange Transportwege entfallen. Die Verarbeitung erfolgt ohne Zusatz von chemischen Stoffen. Die wärmespeichernden Eigenschaften reduzieren den Heizaufwand und helfen unheimlich, Energiekosten zu sparen.

 

Lehmbaustoffe sind zwar keine Dämmstoffe im klassischen Sinne, aber mit ihnen lassen sich optimale Techniken insbesondere zur Innendämmung von Fachwerkhäusern und anderen Altbauten ausführen. Solche modernen Innendämmsysteme in Kombination mit Lehm sorgen im Sommer und im Winter für angenehme Temperaturen. Das der Lehmputz ein optimales Raumklima erzeugt, schon wegen der Fähigkeit, Feuchtigkeit aufzunehmen und auch wieder abzugeben, ist wohl jedem bekannt. Die relative Luftfeuchtigkeit pendelt sich zwischen 45 und 55 Prozent ein. Das verhindert Schimmelbildung und im Lehm enthaltene Tonmineralien lassen unangenehme Gerüche gar nicht erst entstehen.

Um Lehme als Baulehme verwenden zu können, müssen sie auf Eignung geprüft werden. Die Eigenschaften eines in der Landschaft vorkommenden Lehms ist nicht bekannt und überall auch unterschiedlich. Aber die Verfahren zur Prüfung sind bekannt und können von etablierten Materialprüfanstalten wie einst in Weimar vorgenommen werden, einzig, es muss erlaubt werden.

 

Ein nach DIN hergestellter Lehmbaustoff, also der Lehmmörtel, oder Lehmprodukte wie Lehmsteine brauchen nicht geprüft werden, da diese bereits durch den Hersteller geprüft werden. Dieser Bereich ist unkritisch. Der Einsatz von Lehmbaustoffen ist sowohl in der Sanierung als im Neubau wieder selbstverständlich. Es fehlten lange Zeiten detaillierte Regelwerke. Planern war es häufig nicht möglich, die Leistungsbeschreibung für Lehmbaustoffe und Bauteile eindeutig zu formulieren. Der Bauüberwachung und auch den Sachverständigen fehlten die Grundlagen für die Bewertung der Übereinstimmung bzw. Mangelfreiheit. Dies hat sich in Deutschland mit der Veröffentlichung der DIN-Normen für Lehmsteine, Lehmbaumörtel und Lehmputzmörtel zumindest in diesen wesentlichen Teilbereichen des Lehmbauens grundlegend geändert.

 

In den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden zehntausende Wohneinheiten – Herr Bergner ist mit einer bildhaften Geschichte seiner Eltern darauf eingegangen – gebaut. Damals gab es die DIN-Normen noch und als der Lehmbau aus der Mode geriet, wurden diese abgeschafft. Erst die ökologisch bedingte Renaissance des Lehmbaus erzeugte neuen Regelungsbedarf. Ende der 90er-Jahre betraute das Deutsche Institut für Bautechnik den Dachverband Lehm mit der Formulierung der neuen bauaufsichtlichen Grundlage. Das Resultat waren die Lehmbauregeln. Sie sind Bestandteil der Musterlinie der technischen Baubestimmungen und in fast allen deutschen Bundesländern Bestandteil der Liste der technischen Baubestimmungen. Die Anwendung der Lehmbauregeln wurden jedoch auf Wohngebäude mit maximal zwei Wohneinheiten sowie zwei Vollgeschossen eingeschränkt. Dies bedeutet eine weitgehende Anwendung von Lehmbautechniken in der Regel durch Beantragung der Zustimmung im Einzelfall, die sehr kosten- und zeitaufwendig ist. Die Normen gelten nur für die im Werk hergestellten Lehmbaustoffe. Wird Lehm hingegen auf der Baustelle gemischt, im Idealfall auf dem eigenen Grundstück ob seiner Eignung geprüften Lehm in der Baugrube, dann gelten weiterhin die Lehmbauregeln des Dachverbandes. Also wir bewegen uns da nicht ganz in einem rechtsfreien Raum, aber in einem bürokratischen und auch teuren Raum.

 

Kaum ein Baumaterial eignet sich so gut für die Kreislaufwirtschaft wie Lehm. Er ist an vielen Orten vorhanden, bedarf keiner gesundheitsbeeinträchtigenden Zusatzstoffe und ist bedenkenlos rückführbar. Das Material ist vor Ort verfügbar, vor Ort verwertbar und vor Ort entsorgbar.

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

Lehm kann mit geringem Energieeinsatz aufbereitet und damit ohne Qualitätsverlust mehrfach wiederverwendet werden. Lehm fällt vor allem bei großvolumigen Bauvorhaben als Aushub an und kann unterschiedliche Bauaufgaben übernehmen und fungiert in diversen Bereich als Ersatz CO2-intensiver Materialien wie Zement und Beton. Lehm ist das sozialste Material überhaupt,

 

(Beifall Gruppe der FDP)

 

was uns als Rot-Rot-Grün sehr entgegenkommt. Lehm kann ich mit den Händen formen, Lehm ist ein gesundes Material. Ich kann ihn so oft recyceln, wie ich will, ohne Qualitätsverlust, und ich kann noch einen Garten obendrauf pflanzen, nur keine Möhren, das wird nichts, das habe ich ausprobiert.

 

(Heiterkeit DIE LINKE)

 

Und ich kann mit seiner Verarbeitung Arbeitsplätze schaffen, in dem ich Menschen vor Ort einbinde, vom Stampfen der Wände bis hin zur Gestaltung und der Böden. Ob das in den Ausführungen zur Bauordnung zu regeln ist, wie die FDP in ihrem Antrag vorschlägt, oder ob wir uns da nicht in dem Entledigungswillen aus dem Bereich der Kreislaufwirtschaft beschäftigen müssen, sollten wir in den weiteren Befassungen zum Thema klären.

In diesem Sinne, lasst uns gemeinsam den Weg gehen und den notwendigen Raum in den Regelwerken schaffen. Es gibt einige richtig gute Beispiele. Ich will nur einige nennen: die Kita „Glückskäfer“ in Alach, das „Familienhotel“ in Weimar, die Andachtskapelle im Zentralklinikum in Suhl oder in Kombination mit Stroh das Strohballenhaus in Weimar. Das zeigt, dass man – bildlich gesehen – aus Stroh und Lehm Gold machen kann.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Lassen Sie uns im Ausschuss gern darüber diskutieren und die optimale Lösung finden. Die Koalition freut sich auf die Debatte und wird einer Überweisung an den Ausschuss zustimmen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Sehr geehrter Herr Bergner, ich hätte noch eine Bitte: Die Pressemitteilung ist raus, dass die Landesregierung die Bauordnung überarbeitet. Ich hätte gern, dass wir beides zusammen diskutieren. Ich persönlich würde mich über eine mündliche Anhörung zu einem bestimmten Thema freuen, da es noch andere alternative Baustoffe gibt.

 

(Zwischenruf Abg. Bergner, Gruppe der FDP: Genau!)

 

Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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