Klassenfahrten in Thüringen – fester Teil des Schulalltags

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 6/1121


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne, insbesondere Kollege Busch und Kollege Sommer vom Thüringer Lehrverband, die uns heute hier ihre Aufmerksamkeit schenken! Die Klassenfahrten bzw. das Lernen am anderen Ort gehören zum ganzheitlichen Lernen dazu und sind und bleiben unverzichtbarer Bestandteil des Bildungsbegriffs in Thüringen. Die „Thüringer Allgemeine“ titelte am 11.09.: „Thüringer Schüler, Lehrer und Eltern fürchten um ihre Klassenfahren“ und meinte, dass aufgrund des Rückgangs der im Haushalt 2015 eingestellten und zur Verfügung stehenden Mittel für Klassenfahrten um 600.000 Euro, 150 Jahre, nachdem der Jenaer Reformpädagoge Karl Volkmar Stoy die Klassenfahrten als Lernen an einem anderen Ort vorschlug und praktizierte, was an sich schon eine Verkürzung ist, da Stoy es um den möglichst hohen Praxisbezug in der pädagogischen Ausrichtung der Schule und in der Lehrerbildung ging, dass also Rot-Rot-Grün die Klassenfahrten abschaffen würde, mutmaßte die TA. Das ist zwar eine zulässige journalistische Zuspitzung, die jedoch sachlich völlig falsch ist.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber in den Thüringer Redaktionen sitzen eben keine Juristen und versierte Haushälter oder gar Bildungsexperten, sondern Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, mittels ihrer sprachlichen, journalistischen Möglichkeiten auf Entwicklungen hinzuweisen, und das ist auch gut so. Wichtig ist, zu wissen, dass die Haushaltsmittel für Klassenfahrten von 1,4 Millionen Euro in 2014 auf 800.000 Euro in 2015 zurückgefahren wurden. Warum haben wir uns dazu schweren Herzens und in Abwägung anderer Möglichkeiten entschieden? Ich möchte dazu aus dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport zitieren, der sich auf Grundlage eines Antrags meiner Kolleginnen und Kollegen der CDU zuletzt damit beschäftigte. Im Jahr 2013 wurden von den eingestellten etwa 1,447 Millionen gerade mal 546.000 Euro abgerufen, also 900.000 Euro nicht gebraucht. Im Jahr 2014 wurden von den eingestellten 1,45 Millionen gerade mal 563.000 Euro abgerufen, also wieder gut 900.000 weniger abgerufen als eingestellt oder – anders gesagt – knapp 40 Prozent wurden über mehrere Jahre hinweg lediglich abgerufen, und dies wohlgemerkt unter der Planungssicherheit eines Doppelhaushalts. Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben wir die Verkürzung des Titels „Klassenfahrten“ in 2015 gewählt.

Wie sieht es nun dieses Jahr aus? Wie wir im Ausschuss hören konnten, wurden zwar – das habe ich schon gesagt – 800.000 Euro eingestellt, aber mit Stand 17. September 490.000 Euro noch gar nicht abgerufen. Das heißt, es sind 61 Prozent der Haushaltsmittel für Klassenfahrten, die im Moment noch zur Verfügung stehen. Obwohl es so ist, gibt es natürlich auch immer wieder Schulen, die mit ihrem Budget, mit ihren Planungen nicht hinkommen. Es ist gut, dass Ministerin Dr. Klaubert, der ich von hier aus auch noch mal nachträglich zum Geburtstag gratuliere,


(Beifall CDU, DIE LINKE, AfD)


es sich sofort zur Aufgabe gemacht hat und Planungssicherheit für diejenigen Schulen hergestellt hat, die eben nicht genügend Mittel derzeit haben, und zwar indem ein Ausgleich zwischen den Schulen über die Schulämter und – wenn das nicht gelingt – über die Schulamtsebene hinweg auf Ministeriumsebene gefunden wird. Ich halte die jetzige Lösung erst mal für hinreichend. Nach meinen Kenntnissen wurden auch bisher alle beantragten und genehmigten Klassenfahrten nachträglich bezahlt, was durch den Haushaltsbeschluss im Juli, der nicht unbedingt früh da war, was nicht anders ging, aber im Jahr 2010 war es ja auch nicht anders. Falls dies noch nicht überall passiert ist, stehe ich für die betroffenen Schulen und Lehrer als Ansprechpartner gern zur Verfügung.


(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nebenberuflich!)


Genau!


(Heiterkeit CDU)


Man kann sich natürlich fragen, was sich nun geändert hat. So viel hat sich gar nicht geändert, denn schon im Jahr 2012 gab es vom Bundesarbeitsgericht ein Urteil, welches besagte, da es ja Dienstfahrten sind, dass Klassenlehrer gar nicht von sich aus auf die Zahlung der Mittel verzichten dürfen. Nun ist es so, dass nicht alle Fahrten – das wissen wir auch – unbedingt reines Lernen am anderen Ort sind. Manche haben auch, ich sage mal, einen leicht touristischen Touch. Aber ich möchte mal auf eines verweisen, was ich letzte Woche auch gesehen habe: In meiner Heimatstadt Jena gab es ein Highlight der Physik. Da waren auf dem Eichplatz viele Zelte aufgebaut, organisiert von der Stadt, von der Uni, von der Firma Zeiss.



Präsident Carius:


Jetzt muss ich Sie bitten, zum Ende zu kommen.



Abgeordneter Wolf, DIE LINKE:


Ja. 50.000 Menschen haben daran teilgenommen. Das war ein gutes Zeichen für Lernen am anderen Ort.


Ich möchte abschließend das TMBJS auch auffordern, das, was im Ausschuss angekündigt worden ist, nämlich eine zügige Ausarbeitung und Umsetzung einer Richtlinie mit den Gewerkschaften anzugehen.



Präsident Carius:


Jetzt muss ich Sie auffordern, Ihre Rede zu beenden, Herr Wolf. Danke schön, Herr Wolf.



Abgeordneter Wolf, DIE LINKE:


Vielen Dank.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



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