Kinder und Jugendliche in Thüringen -     Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung – Drucksachen 6/1155/2051 – auf Verlangen der Fraktion der CDU

Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2658


Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere sehr geehrter Kollege Tischner, zur Performance der rot-rot-grünen Landesregierung werde ich gleich noch etwas sagen. Ich weiß nicht, ob Sie das auch in Ihrem Fach hatten, vielleicht sind Sie auch schon dazu gekommen, das zu lesen: Statistische Monatshefte Thüringens. Diese sind auf die Arbeitsmarktentwicklung gerade bei jungen Menschen eingegangen. Da lese ich heraus, dass bei den atypisch Beschäftigten, abhängig Beschäftigen in Thüringen nach Altersgruppen die 15- bis 25-Jährigen im Jahr 2000 noch zu 22,9 Prozent atypisch beschäftigt waren und im Jahr 2014 27,8 Prozent. Das ist nun wirklich kein Ausweis guter Regierungspolitik der vorhergehenden Landesregierung.


(Beifall DIE LINKE)


Insbesondere, wenn man sich ansieht, wen es betrifft. Im Jahr 2014 waren 33,3 Prozent, also genau ein Drittel, aller jungen Frauen atypisch beschäftigt. Bei den Männern waren es genau 25 Prozent. Sie sehen, da ist viel Handlungsbedarf übrig geblieben, den wir natürlich angehen. Auch deswegen ist es gut, dass Thüringen jetzt rot-rot-grün regiert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.


(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir die Erfahrungen und auch die Umfragen oder die Erhebungen aus Dresden mit Pegida, Thüringen mit Thügida und vor allen Dingen natürlich mit Blick auf die Demonstration des rechten Flügels hier im Haus, der AfD, sehen, dann stelle ich fest, wir haben genau im Bereich Jugend eigentlich gar kein Problem. Da laufen keine jungen Menschen mit. Die typischen Thügida-, Pegida- und AfD-Demonstranten sind um die 50. Ich weiß nicht, wie Sie das jetzt damit begründen, dass wir das Wahlalter herabgesetzt haben. Ganz im Gegenteil. Junge Menschen identifizieren sich wesentlich eher mit den Problemen vor Ort. Wir hätten es gerne auch für die Landtagswahlen, das wissen Sie auch, da sind wir leider bei Ihnen nicht weitergekommen. Wir hätten gern junge Menschen auch in ihrer Wahlentscheidung hier auf Landesebene schon ab 16 erfasst. So mussten wir es leider akzeptieren, dass wir es nur im Kommunalwahlrecht etablieren konnten. Junge Menschen werden sich eben genau dort, wo es darum geht, ihren Jugendclub zu erhalten, wo es darum geht, sich vor Ort zu engagieren in den Strukturen, einbringen und werden eher politisiert. Durch die Herabsetzung des Wahlalters ist uns überhaupt nicht bange.


Ich möchte jetzt auf Ihre Große Anfrage „Kinder und Jugendliche in Thüringen“ kommen. Da möchte ich erst mal erfassen, was Sie eigentlich nicht gefragt haben, was ich aber auch für interessant gefunden hätte. Sie haben zum Beispiel nichts – zumindest sehe ich das nicht – zur Gesundheitssituation von Kindern und Jugendlichen, insbesondere den zunehmenden psychischen Erkrankungen und Suchtverhalten in seiner alten und neuen Dimension, zum Beispiel neue Medien oder Spielsucht erfasst. Sie haben nichts zur Familiensituation von Kindern und Jugendlichen erfasst, sie haben nichts zum Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen und wie sich hier die Jugendhilfeförderung entwickelt hat und auswirkt erfasst und – alles nicht abschließend – wie sich das Medienverhalten, insbesondere das Medienverhalten der Kinder und Jugendlichen entwickelt hat und welchen Stellenwert die Medienpädagogik in den Thüringer Schulen und Lehrplänen hat.


Präsident Carius:


Herr Wolf, es gibt eine Anfrage des Kollegen Tischner. Lassen Sie diese zu?


Abgeordneter Wolf, DIE LINKE:


Aber bitte, Kollege.


Präsident Carius:


Dann bitte schön, Herr Tischner.


Abgeordneter Tischner, CDU:


Vielen Dank, Herr Kollege Wolf. Können Sie bestätigen, dass genau die Sachen, die Sie gerade abfragen – gesundheitlicher Zustand von Kindern, Medien usw. ,– bereits Bestandteile anderer Großer Anfragen der CDU-Fraktion bzw. Kleiner Anfragen sind, die ich vor zwei, drei Monaten an die Landesregierung gestellt habe?


Abgeordneter Wolf, DIE LINKE:


Herr Tischner, Sie sind ein sehr fleißiger Kollege, das wissen wir. Aber es gibt auch noch andere fleißige Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und vieles dessen, was Sie abgefragt haben, findet sich eben auch schon in den Kleinen Anfragen vieler anderer Kolleginnen und Kollegen hier im Haus. Von daher kann ich Ihre Frage sicher bestätigen, aber Sie werden mir bestätigen können, dass Sie nicht alles hätten fragen müssen. Einfach mal ein Blick in die Dokumentation, dann hätten Sie sich und uns vieles ersparen können.


Aber es ist Ihre Große Anfrage, die wir heute besprechen. Ich will mich zu den von Ihnen erhobenen Fragen in aller gegebenen Kürze äußern. Zu Frage 2 – ich werde natürlich nicht auf alle eingehen, da würde die Zeit nicht reichen, das will ich auch gar nicht, insbesondere natürlich für den Schulbereich jetzt bei mir – fragen Sie nach den Schülerkostensätzen bei den freien Schulen. Hier will ich feststellen, dass an den Grundschulen der freien Schulen die Schülerkostensätze um 5 Prozent zurückgegangen sind und von 2014 auf 2016 um 17 Prozent gestiegen sind. Wer hat vorher regiert, wer regiert jetzt? So viel zu dem, was Kollege Bühl die „Performance“ der rot-rot-grünen Landesregierung nannte. An den Regelschulen 2009 bis 2014 um 3,5 Prozent zurückgegangen die Schülerkostensätze, wir haben das wieder angehoben um 3,5 Prozent und an den Gymnasien von 2009 bis 2014 um 2 Prozent zurückgegangen. Also man hört ja auch immer wieder hier von den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, dass ihr Herz insbesondere für das gegliederte Schulsystem, das kommt ja auch in der Großen Anfrage rüber, schlägt, aber hier ein Rückgang um 2 Prozent in einem doch


(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herz und Verstand!)


– das haben wir alle, Herr Kollege – recht langen Zeitraum. Allein im Bereich Sek II haben wir bis dieses Jahr dort den Bereich mit 30 Prozent mehr Mitteln ausgestattet. Hier sieht man ganz klar: Rot-Rot-Grün hält Wort. Uns ist jedes Kind gleich viel wert, egal ob es in eine freie Schule oder in eine staatliche Schule geht, und wir haben den Kindern an den freien Schulen deutlich mehr in den Schulranzen an staatlicher Förderung getan, das war auch dringend notwendig, natürlich auch mit unserem Koalitionspartner SPD, und da muss man auch mal fragen: Wer hat denn damals wohl für die Streichungen gesorgt, wenn wir es sehr gut mit unserem Koalitionspartner verabreden konnten? Wer war damals wohl verantwortlich? Wer hatte das Finanzministerium? Wollen wir mal lieber darüber schweigen.


Mit der dritten Frage – Schulbauförderung – haben Sie eine Frage gestellt, die auch einen langen Zeitraum erfasst hat. Wenn man sich aber die Schulbauförderung mal ansieht, und zwar nehmen wir nur mal die beiden letzten Haushaltsjahre unter Ihrer Verantwortung, 2013/2014. Frau Tasch, was sagen Sie, wie viel Förderung pro Haushaltsjahr war drin? 17 Millionen Euro pro Haushaltsjahr. Wir haben in unserem ersten Haushaltsjahr allein 53,2 Millionen Euro


(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


in Schulbauinvest gesteckt, in dem Jahr 2016 26 Millionen Euro und im Jahr 2017 41 Millionen Euro, also insgesamt stehen 34 Millionen Euro unter einem CDU-geführten Finanzministerium in den letzten beiden Haushaltsjahren. Wir machen in den ersten drei Jahren allein 120 Millionen Euro als rot-rot-grüne Landesregierung als Schulbauinvest. Ich denke, das ist ein klares Zeichen und eine Auszeichnung eines Erfolgsmodells für gute Bildung und regionale Wirtschaftsförderung unter Rot-Rot-Grün, meine sehr geehrten Damen und Herren.


(Beifall DIE LINKE)


Zu Ihrer siebten Frage – Erfahrungen mit dem Modellprojekt „Weiterentwicklung der Thüringer Grundschulhorte“: Wie sah denn die Situation vor 2008 aus? Wir erinnern uns noch alle daran, dass die CDU-Alleinregierung damals die Horte an die freien Träger abgeben wollte. Das war ja die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Althaus damals noch. Daraufhin, nach massiven Protesten der Eltern, der Gewerkschaften, kam es zu diesem Modellprojekt nach § 12 Thüringer Schulgesetz, aber bis dahin, bis 2008, wurde so gut wie keine Stelle neu besetzt an den Thüringer Horten. Da war Notstand überall. Dann hat man Geld in die Hand genommen, man konnte auch gar nicht anders, ein Jahr vor der Landtagswahl. Was hat sich entwickelt? Es hat sich positiv entwickelt, das stimmt, aber – und jetzt Zitat aus Ihrer Anfrage –: „Signifikante Unterschiede zwischen Schulen mit traditionellem Hortangebot und Schulen im Modellvorhaben, die eine pädagogische Entscheidung zu Gunsten des einen oder anderen Angebots rechtfertigen würden, konnten allerdings nicht festgestellt werden.“ Welche Situation haben wir jetzt? 96 Prozent der Beschäftigten sind von den Kommunen in einem noch nie dagewesenen Kraftakt eines Betriebsübergangs von einem Tarifsystem ins andere übergegangen, nämlich von den Kommunen ins Land. Die Angebote an den Horten, die Ganztagsangebote, sind erhalten geblieben und ich danke auch noch mal dem Team. Das sind einerseits natürlich die Kommunen, die mitgemacht haben, andererseits die Schulämter, das Ministerium und natürlich auch der Hausspitze dafür, dass das auch gelungen ist, dass die Ganztagsangebote in Thüringen erhalten worden sind und jetzt weiter ausgebaut werden konnten. Ich denke, auch das ist ein starkes Zeichen einer guten rot-rot-grünen Bildungspolitik.


Zu den Fragen 13 und 17: Hier ist natürlich besonders gut zu sehen, dass sich Kollege Tischner auch noch einmal hat aufschreiben lassen, was im Bereich Schulentwicklung gemacht worden ist. Kann er sich jetzt über das Bett hängen und kann immer wieder darin lesen. Aber die Art der Fragestellung macht dann deutlich, wie sich die CDU zu der von ihr ungeliebten Schulart Thüringer Gemeinschaftsschule denn wirklich verhält. Die Thüringer Gemeinschaftsschule ist eine eigenständige Schulart nach § 6a. Das haben Sie gar nicht abgefragt, sondern haben es immer in Kontrast gestellt zu Ihrem gegliederten Schulsystem. Also wer da nicht ganz klar herausliest, was damit eigentlich gemeint ist, der kann solche Anfragen auch nicht wirklich verstehend lesen.


(Unruhe CDU)


Zu den Fragen 17 und 18 und fortfolgend dann 20, Unterrichtsausfall und deren Ursachen: In der Regierungszeit von Schwarz-Rot, also schwarzes Finanzministerium, hat sich der Unterrichtsausfall im Schnitt verdoppelt. Die Gründe sind hier auch schon häufig im Plenum besprochen worden. In dem allgemein gültigen Schulbereich sind in dieser Zeit, in Ihrer letzten Regierungszeit, nach Zahlen des Statistischen Landesamts 624 Vollzeitbeschäftigteneinheiten bzw. 4,6 Prozent abgebaut worden. Da muss man sagen, das war noch unter Auslaufen des Floating-Modells. Dadurch sind auch noch mal die Vollzeiteinheiten hochgegangen. Das heißt, real war es natürlich mehr. Kollege Emde, das wissen Sie auch, das muss ich Ihnen nicht weiter erklären. Am berufsbildenden Bereich, da haben wir natürlich auch besonders starke Schülerrückgänge waren es 609 Vollzeitbeschäftigteneinheiten bzw. 18 Prozent.


(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Wolf, Sie wissen, dass die GEW dem Floating-Modell zugestimmt hat. Denken Sie daran!)


Sie können doch gern fragen.


Von den von Ihnen 2009 bis 2014 geplanten 2.500 Neueinstellungen – in Erinnerung an Ihren Koalitionsvertrag – haben Sie nicht einmal 1.200 realisiert. Nicht einmal die Hälfte haben Sie geschafft. Ich möchte auch noch mal sagen, dass Kollege Matschie damals in Verantwortung als Bildungsminister in den letzten Haushaltsverhandlungen des Doppelhaushalts 2013/2014 von Ihrem Finanzminister 127 Stellen pro Jahr angeboten bekommen hat. Es ist Kollege Matschie zu verdanken, den ich jetzt heute leider nicht mehr sehe, dass 400 rausgekommen sind. Es war nicht Ihre Politik. Es war die Politik unseres Koalitionspartners SPD.


(Unruhe CDU)


Das setzen wir auch fort, indem wir heute feststellen können, dass wir in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 jeweils 500 unbefristete Lehrer eingestellt haben. Wir haben weiterhin 100 Lehrervollzeiteinheiten zur Aufbau einer Vertretungsreserve. Wir haben 150 DaZ-Lehrer eingestellt, wir haben 200 befristete Lehrer durch steigende Schülerzahlen eingestellt. Das ist ein Ausweis, das ist ein klarer Ausweis einer starken und erfolgreichen rot-rot-grünen Bildungspolitik, einer klaren und starken rot-rot-grünen Bildungspolitik,


(Unruhe und Heiterkeit CDU)


meine sehr geehrten Damen und Herren. Nur so können wir auch wirklich Unterrichtsausfall und Langzeiterkrankung begrenzen. Wenn wir bei dem Thema sind,


(Unruhe CDU)


da stelle ich fest, dass die Langzeiterkrankten auch zugenommen haben und dass wir da eine Riesenaufgabe haben. Aber Frau Ministerin Klaubert hat diese Woche mit dem Hauptpersonalrat in ihrem Ministerium eine Rahmenvereinbarung Gesundheitsmanagement unterschrieben, deren Grundlagen von dem Minister a. D. Matschie schon im Personaldeckungskonzept Schule gelegt worden sind. Das nenne ich vorausschauende Personalpolitik, dass im Bereich Gesundheitsmanagement getan wird, so wie wir es hier in unsrem rot-rot-grünen Lehrergesundheits-Antrag auch besprochen und beschlossen haben. Das ist kluge vorausschauende Politik an den Schulen. Sie haben nur gekürzt und gestrichen, das muss man doch hier mal feststellen.

Was auch gut in Ihrer Anfrage ist, dass Sie festgestellt haben, dass die Lehrkräfte im Schnitt – das wusste ich zwar selber – mit 62,6 Jahren in den Ruhestand gehen. Genau das ist die Zahl, die in den Personalentwicklungsverhandlungen zugrunde gelegt worden ist, die mit der Altersübergangsquote gemeint ist. Wenn ich diese Zahl nehme, dann weiß ich auch, dass wir in den Haushaltsjahren 2018/2019 jeweils mindestens 800 Vollzeiteinheiten an Lehrern als Ersatzbedarf haben. Genau das wird die Grundlage unserer Verhandlungen in den Haushaltsverhandlungen sein. Ich fordere auch hier einmal die CDU auf, sich da nicht wieder zu verweigern, wie sie es in den letzten Haushaltsverhandlungen getan hat, und nicht nur mit plakativen allgemeinen Anträgen, sondern mit ganz konkreten Vorstellen auch einmal dem Thüringer Wähler und der Thüringer Wählerin zu zeigen, wie Sie denn eigentlich Thüringen gestalten wollen.


(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Die haben Sie doch alle weggestimmt, die ganzen Anträge!)


Lassen Sie mich schließen – Sie sind doch gleich dran, dass haben wir doch gehört, Kollege Tischner – mit dem Hinweis, dass die Große Anfrage der CDU nicht viel Neues erbracht hat, dass Sie die Regierungsarbeit von Rot-Rot-Grün mit den erhobenen Zahlen stützt und wir in den Beratungen zum KitaG, zum inklusiven Schulgesetz und vor allem zu den anstehenden Haushaltsberatungen diese natürlich auch mit als Grundlage nehmen. Von daher, mein herzlicher und großer Dank für die Beantwortung der Großen Anfrage der CDU an die Landesregierung. Einen weiteren Beratungsbedarf im Ausschuss sehen wir allerdings nicht.


Sehr geehrter Kollege Tischner, ich denke nach meinen Ausführungen ist Ihnen jetzt auch klar geworden: Die Performance von Rot-Rot-Grün gestalten wir und die gestalten wir gut! Vielen Dank!


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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