Kinder schützen, sexuellen Missbrauch bekämpfen, Rechtsstaat in Thüringen stärken!

Anja Müller

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/978

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jede Straftat gegen Kinder und Jugendliche als leidtragende Opfer ist grausam und eine zu viel.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Eigentlich hat Frau Baum, wenn ich Sie aufgreifen darf als Tante, und durch die Oma und die Mutter ersetze, auch schon vieles dazu gesagt. Wir sollten uns aber davon nicht in dieser sehr emotionalen Debatte leiten lassen, sondern im Strafrecht müssen wir eigentlich die Emotionen, so leid es uns auch tut, draußen lassen. Kinder und Jugendliche müssen wir unbedingt vor Straftaten schützen, denn sie haben das Recht auf Schutz und Fürsorge verdient.

 

Straftaten gegen Kinder und Jugendliche, insbesondere der Missbrauch und die Misshandlung von Kindern, müssen konsequent und sehr zeitnah zur Tat bestraft werden. Dabei schöpfen viele Gerichte schon jetzt alle Möglichkeiten aus: Der Strafrahmen geht bis zu 15 Jahren, Frau Marx hat es auch angedeutet, die Möglichkeit, im Anschluss an die Tat Sicherungsverwahrung zu verhängen, Tätigkeitsverbote für bestimmte Berufsfelder, Kontaktverbote, Therapieauflagen und einiges mehr. Aber einige Gerichte schöpfen diese Möglichkeiten eben noch nicht vollständig aus. Hier sollte durch eine verstärkte sachliche Diskussion eine weitere Sensibilisierung für den angemessenen Umgang mit solchen Taten geschaffen werden. Der einfache und – kurz gesagt – populistische Ruf nach Strafverschärfung hilft uns dabei nicht weiter. Wie die eben genannten Fakten belegen, gibt es schon sehr viele brauchbare Instrumente, um konsequent und angemessen auf solch schlimme Straftaten zu reagieren. Entscheidend ist, dass diese Handlungsmöglichkeiten in jedem praktischen Fall auch umfassend zu nutzen sind. Hinzu kommt, dass die Untersuchungen aus der Praxis zeigen: Auch die Drohung mit sehr drakonischen Strafen, wie auch beispielsweise der Todesstrafe, verhindern nicht unbedingt Straftaten – das zeigen uns Beispiele aus anderen Ländern –, denn nicht die Höhe der Strafdrohung hat auf potenzielle Täter die entscheidende Abschreckungswirkung, sondern eher die Angst vor Entdeckung und Aufklärung von Tat und Tätern. Die Begehungszahlen von Straftaten sind erfahrungsgemäß dort besonders gering, wo die Aufklärungsquoten – also die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden – sehr hoch sind, unabhängig von der Strafandrohung.

 

Die Aufklärungsquote von Straftaten gegen Kinder und Jugendliche ist gut, aber eine weitere Erhöhung der Anzahl der aufgeklärten Taten und damit eine weitere Erhöhung des Aufklärungsdrucks auf die Täterinnen und Täter ist aber sicherlich sehr sinnvoll. Das gilt auch für die Bündelung von Ermittlungskompetenzen und fachlicher Ermittlungskapazitäten und -kompetenzen. Diese Bündelung gibt es in der Praxis schon, aber wir müssen sie ausbauen, das steht fest. Auch die besondere fachliche Schulung von Richtern, Richterinnen und Staatsanwälten im Umgang mit diesen Taten und den potenziellen Tätern ist wichtig und findet in der Praxis auch schon statt, hat aber auch noch Ausbaupotenzial. Und der Ausbau dieser Angebote ist sinnvoll, vor allem – jetzt komme ich auf das Internet –, weil das Internet verstärkt als Mittatort eine große Rolle spielt. Auf diesem Feld werden zusätzliche spezielle Fachkompetenzen zur erfolgreichen Aufklärung gebraucht. Aber wichtig ist auch das Umfeld – das soziale Umfeld muss hingucken. Das ist im Übrigen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, eine Art der Prävention. Diese Aufgabe zu präventivem Verhalten und präventiven Maßnahmen kommt eben auch Akteuren wie den Jugendämtern, Ärzten – das ist auch schon erwähnt –, aber auch dem Personal in Kindergärten und Schulen zu. Dazu gehört viel Aufmerksamkeit und Fachkompetenz, und daher sind auch hier spezielle Schulungen ein großes Thema. Denn die Analyse vieler Fälle aus der Vergangenheit zeigt, dass bei näherem Hinsehen Anhaltspunkte für die Problemlagen – eingeschlossen die Tatvorgänge – oft schon recht frühzeitig vorlagen, diese aber nicht richtig beachtet wurden bzw. die Situation nicht angemessen eingeordnet wurde. Deshalb werden in manchen Fällen auch nicht die passenden Schlussfolgerungen gezogen oder sie kamen leider doch zu spät.

Der angemessene Umgang mit Straftaten und der Schutz von Kindern und Jugendlichen haben aber eine ernst gemeinte Diskussion verdient und „ernst gemeint“ heißt eben nicht in 5 Minuten in einer Aktuellen Stunde. Jedoch lade ich morgen alle gern ein, wenn es um den Gesetzentwurf der Staatsziele geht, wo es erstmalig möglich ist, die UN-Kinderrechte – die stärkste Waffe im Sinne der Kinder und Jugendlichen – in die Verfassung einzubauen. Da würde ich mich freuen, wenn Sie mit großer Mehrheit dafür stimmen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

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