Keine Experimente mit unseren Kindern – Lernmethode „Lesen durch Schreiben“ abschaffen!

Torsten Wolf

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/350

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus und natürlich auch am Livestream und oben auf der Empore! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen der AfD-Fraktion, kennen Sie denn den Unterschied zwischen Dr. Google und Ihrem Hausarzt? Vielleicht fragen Sie sich, was hat denn das eine jetzt mit dem anderen zu tun? Ich kann es Ihnen gern erklären. Dr. Google ist zusammengefasst die Meinung vieler anonymer, nicht greifbarer Menschen irgendwo im Netz, die ihre Meinung zu irgendetwas kundtun, ihren Sachverstand können Sie nicht einschätzen, Sie haben überhaupt keine Kenntnisse darüber, was dort eigentlich verbreitet wird. Bei Ihrem Hausarzt/Ihrer Hausärztin – und ich nehme an, dem werden Sie vertrauen –, da wissen Sie, der oder die ist examiniert, macht regelmäßig Fortbildungen, hat Praxiserfahrung und weiß, wenn Sie krank zu ihm oder zu ihr kommen, wie Sie behandelt werden müssen.

Warum sage ich Ihnen das? Genauso verhält es sich mit Ihrem Antrag. Unsere Lehrerinnen und Lehrer, das ThILLM, die Wissenschaftler verwenden jeden Tag große Mühe und großes Engagement darauf, unseren Kindern in den Schulen mit hoher Sachkompetenz, regelmäßig fortgebildet und mit einem Erfahrungsschatz, der – das muss man auch mal so sagen – uns in Vergleichsstudien, IGLU zum Beispiel, auch immer auf dem ersten oder zweiten Platz bundesweit sieht, um unsere Kinder tatsächlich zu dem besten Schulerfolg, zu den besten Ergebnissen in der Schule zu führen. Das passiert häufig unter hohen Voraussetzungen. Um es mal anders zu sagen, wieder ein Vergleich: Der Wartesaal ist oft voll, wir haben heute diskutiert, ob manche Medikamente immer rechtzeitig zur Verfügung stehen, wie sie sein müssten, aber an unseren Lehrerinnen und Lehrern, an den Lehrmitteln, an den Büchern, die verwendet werden, liegt es ganz sicher nicht.

 

Nun haben Sie wiederholt, also auch in anderen Bundesländern, sich mit dem Thema einer Methode beschäftigt: Lesen durch Schreiben. Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass wir in der letzten Legislatur dieses Thema intensiv im Bildungsausschuss besprochen haben. Ich kann Ihnen die ganzen Vorlagen mal sagen, dann können Sie die vielleicht mal nachsehen. Tatsächlich ist es so, dass wir uns über die IQB-Studie im Bildungsausschuss mehrfach intensiv auseinandergesetzt haben. Tatsächlich ist es so, dass die Landesregierung, beauftragt durch den Bildungsausschuss in 2017 – das hat auch die Kleine Anfrage der Abgeordneten Muhsal ergeben –, alle Schulen, alle Grundschulen, alle Gemeinschaftsschulen mit Primarbereich befragt, welche Lehr- und Lernmittel und welche Methoden sie denn einsetzen. Ihnen müsste also bekannt sein, dass das, was Sie hier als Berichtsvorlage einfordern, schon längst vorliegt, nämlich das von über 500 Grundschulen gerade einmal 15, also 3 Prozent in etwa, nach der reinen Methode „Lesen durch Schreiben“ unterrichten und auch die entsprechenden Lehr- und Lernmittel anwenden. Ansonsten sind das meistens Methoden, die sich ineinander mischen, die auf das Kind bezogen sind und wo es auf den hohen Sachverstand und die Sensibilität auch der Lehrkräfte ankommt, dort den richtigen Methodenmix anzuwenden. Sie erwarten hier von uns allen Ernstes, dass wir Ihnen zustimmen, diese Methode, die zu 3 Prozent angewandt wird und die nun wahrlich nicht an dem Ergebnis, wo im Übrigen alle Bundesländer in diesem Level abgesunken sind, der IQB-Studie verantwortlich sein kann. Erwarten Sie tatsächlich, dass wir das hier Ihnen zugute schreiben? Das werden wir natürlich nicht tun, weil wir

 

(Zwischenruf Abg. Henkel, CDU: Warum nicht?)

 

– das kann ich Ihnen genau sagen –, weil wir hohes Vertrauen, und da sind wir wieder bei Dr. Google oder dem Hausarzt, da wir hohes Vertrauen darin haben, dass unsere Lehrkräfte, dass das ThILLM, dass das Ministerium die für das einzelne Kind beste Methodik oder eben Methodenmix wählen können. § 3 Abs. 1 der Lehrerdienstordnung, § 2 des Schulaufsichtsgesetzes usw. usf., alles sagt, dass Thüringer Lehrerinnen und Lehrer Methodenfreiheit haben, dass ihre fachliche Kompetenz zählt, Herr Höcke.

 

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Warum gucken Sie mich denn so an?)

 

Weil Sie Lehrer sind! Vielleicht können Sie ja Ihren Kollegen auch mal hin und wieder einen Hinweis geben.

 

Dementsprechend ist es nicht zielführend, was Sie hier fordern, und wir werden das auch nicht unterstützen.

 

Anders verhält es sich tatsächlich mit den Anträgen der CDU und der FDP, die sehr differenziert dem nachgehen, dass eine Herausforderung im Schriftschreiberwerb vor Ort tatsächlich aufgenommen wird und dem nachgegangen wird. Da würden wir uns freuen, wenn wir diese Anträge der CDU und der FDP im Ausschuss weiter diskutieren können. Wir würden das auch unterstützen mit Überweisung an den Bildungsausschuss. Ich kündige hiermit schon an, dass wir als Rot-Rot-Grün auch gern unsere Überlegungen mit hinzugeben würden, im nächsten Plenum dann einen eigenen Antrag noch mit, sodass wir dann ein umfassendes Diskussionsspektrum im Bildungsausschuss haben, unter anderem was zum Beispiel die erste Phase der Lehrerbildung, aber auch die Fachberatung anbetrifft. Auch Schulentwicklung steht da im Mittelpunkt. Da gibt es sicherlich einige Punkte, die man intensiv diskutieren und besser machen kann. Dementsprechend beantrage ich für meine Fraktion die Überweisung der Anträge der FDP und der CDU an den Bildungsausschuss. Dem AfD-Antrag – das habe ich eben ausgeführt – werden wir nicht zustimmen. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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