Kein weiterer Ausbau der Windenergie zu Lasten der Menschen und der Umwelt – Thüringen braucht ein Moratorium für Windenergieanlagen

Marit Wagler

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/49

 

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen, Gäste auf der Tribüne, Frau Präsidentin! Wald, meine lieben Damen und Herren, ist ein Ökosystem, das eine Menschengeneration und länger braucht, um Erträge zu bringen. Fehler, wie das Anpflanzen von Fichtenmonokulturen, die aber zum damaligen Zeitpunkt durchaus sinnvoll waren, fallen uns heute in Zeiten des Klimawandels tierisch auf die Füße.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Thüringen ist mit 34 Prozent mit eines der waldreichsten Bundesländer und in der Vergangenheit war dieses Prinzip des Wirtschaftswalds „Schützen durch Nützen“ die beste Garantie für seinen Erhalt. Den Wald wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen, ist unter den heutigen Bedingungen fast unmöglich. Dafür hat der Klimawandel mit den letzten beiden extremen Dürrejahren gesorgt. Herr Liebscher hat das schon mal erwähnt, nur 15 Prozent der Bäume sind als gesund einzustufen. Dann haben wir aufgrund dieser Schädigung noch mit dem Borkenkäfer zu tun und mit dem Buchenschleimfluss und der Rest – ich weiß nicht, wie es dieses Jahr dann aussieht – wird eventuell dann auch noch erledigt werden.

 

Was passiert? Wir haben ein riesengroßes Überangebot an Schadholz im Wald, die Preise sind im Keller und gleichzeitig wachsen aber die Kosten für die Schadensbeseitigung, Wiederaufforstung und den ökologischen Waldumbau in den Himmel. Und die Wirtschaftsform also, die am meisten dazu beitragen kann, die Folgen des Klimawandels abzupuffern, die wollen Sie jetzt auch noch bestrafen. Thüringen hat rund 200.000 Waldbesitzer und diese befürworten in überwiegender Mehrheit die Windkraft.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

Und diesen nimmt man mit diesem Gesetz ohne Entschädigung die Möglichkeit, erneuerbare, nachhaltige Energien vor Ort zu erzeugen und in forstwirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Gewinn erwirtschaften zu können. Für eine bessere Einschätzung, meine Damen und Herren: Die Pacht für ein Windrad liegt bei circa 40.000 Euro im Jahr. Ein entschädigungsloses Verbot der Windkraft im Wald käme hier einer Enteignung gleich. Das ist eine Sache, werte Damen und Herren von CDU und FPD, die werfen Sie eigentlich sonst meiner Partei vor.

 

Die Forstwirtschaft im Wald muss viele Ansprüche des Bürgers befriedigen, Produktions-, Erholungs- und Ökologiestandort. Nachhaltige, naturnahe Waldbewirtschaftung bedeutet für mich, die Erzeugung regenerativer Energien durch Windenergie zuzulassen. Das ist auch ein Beitrag zum Schutz des Walds.

 

Verhindert man auf 34 Prozent der Fläche, einem Drittel des Landes, aus ideologischen Gründen einen Ausbau der Windkraft, muss man auch eine Alternative aufzeigen. Denn wir haben das vom Bund vorgeschriebene Ausbauziel für regenerative Energien – ich möchte noch mal erinnern: 50 Prozent bis 2030, 80 Prozent bis 2050. Das ist ein Ausbauziel, hinter dem – nebenbei gesagt – die Mehrheit der Bevölkerung steht und das nicht erst seit Fridays for Future.

 

Hier gilt es auch noch zu prüfen, ob der Thüringer Landtag überhaupt die Gesetzgebungskompetenz hat, ein so weitgehendes Verbot wie die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald einzuführen. Der Bundesgesetzgeber hat im Baugesetzbuch den Bau von Windrädern im Außenbereich privilegiert, um überhaupt die Ziele der Energiewende erreichen zu können. Im Landesrecht pauschal auf über einem Drittel der Fläche davon abzuweichen, das könnte ja auch gegen geltendes Bundesrecht verstoßen. Kein anderes Flächenland hat nach meiner Kenntnis ein so weitgehendes Verbot erlassen. In Schleswig-Holstein verbietet man Windkraftanlagen im Wald ab einer bestimmten Höhe, die haben aber nur 10 Prozent Waldanteil und auch noch genügend Möglichkeiten, das offshore zu erreichen.

 

Das Thema „Windkraft im Wald“ – das merken wir heute, das haben wir auch schon früher gemerkt – ist ein sehr emotionales. Ich möchte jetzt hier noch einmal an Herrn Liebscher, Herrn Adams und Herrn Prof. Dr. Hoff anschließen und noch einmal einige Tatsachen zusammenfassen, damit man das vielleicht mal ein bisschen objektiver beurteilen kann. In Thüringen haben wir bisher nur zwei Windräder im Wald – zwei! Die Angst vor großflächigen Rodungen kann ich Ihnen nehmen. Es sollen vorwiegend, das wurde hier schon so oft gesagt, Waldstücke genutzt werden, die bereits stark geschädigt sind. Alle Waldflächen, die versiegelt werden, werden in derselben Größenordnung wieder aufgeforstet, es wird immer ein Ausgleich geschaffen, es geht kein Wald verloren. Dieser Fakt relativiert auch gleichzeitig die Furcht vor einem Zerschneiden dieser geschlossenen Baumdecke durch Schneisen und Zufahrtswege. Denn wir haben in Thüringen hauptsächlich Wirtschaftswald. Und dieser Wirtschaftswald ist bereits durch ein ausgedehntes Wege- und Stromtrassensystem super erschlossen. Nichtsdestotrotz bedeutet der Bau von Windkraftanlagen natürlich immer auch einen Eingriff in das Forstökosystem. Deswegen sieht das Thüringer Waldgesetz auch vor, nur dort Windkraftanlagen zuzulassen, wo keine Schädigung des Waldes zu erwarten. Besonders schützenswerter Wald ist bereits jetzt ausgenommen. Nichtsdestotrotz freue ich mich als Biologin ungemein, dass es fraktionsübergreifend so ein hohes Interesse am Schutz des Waldes und so eine Wertschätzung der ökologischen Funktion des Waldes gibt. Allerdings muss dieses Interesse auch ein ehrliches sein. Die Regionalplanung muss genügend Vorranggebiete ausweisen können, um das vom Bund vorgegebene Ziel des Windkraftausbaus zu realisieren. Das haben wir in Thüringen schon jetzt nicht gegeben und das wissen hier auch alle.

 

Wenn nun ein Drittel der Fläche in Form des Waldes wegfällt, wie wollen wir dann dieses Ziel erreichen? Das wird hier einfach nicht ehrlich beantwortet. Wollen wir auf die Landwirtschaft ausweichen? Ich befürchte, dann haben Sie etwas Ähnliches in petto. Eine ehrliche, wertschätzende Diskussion und eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den betroffenen Akteuren hat der Wald, das grüne Herz Deutschlands, verdient. Das müssen wir leisten, um die landesweite Energieversorgung durch nachhaltige erneuerbare Energieträger sicherzustellen. Da hat die Politik auch die Aufgabe, die Bedürfnisse der 200.000 Waldbesitzer, nämlich derer, die sich ernsthaft um den Wald kümmern und sorgen, und der Mehrheit der Windkraftbefürworter ernst zu nehmen und abzuwägen auch gegen die zum Teil berechtigten Argumente der Windkraftgegner. Das geht am besten, wenn wir das in einer fairen Diskussion tun, mit einer Überweisung an den entsprechenden Ausschuss und wenn wir dieser Diskussion in einer mündlichen Anhörung den Raum geben. Denn es muss irgendwo entlarvt werden, wenn die Sorge um den Wald nur vorgeschoben ist, um das eigentliche Ziel, den Windkraftausbau zu stoppen, zu verschleiern. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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