Kein Ausstieg aus der Kernenergie ohne funktionierende Alternativen – Energieversorgung auch für Thüringen sichern 1/2

Markus Gleichmann

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/7851

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren am Livestream – wenn noch jemand zuschaut! Also verdient hat es der Tagesordnungspunkt nicht, dass jemand zuschaut, muss man ehrlicherweise sagen,

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

weil der Antrag, der hier vorliegt, ist – veraltet wäre ein nettes Wort –, er ist eigentlich unnötig. Das will ich auch ganz kurz deutlich machen und auch gar nicht die Redezeit ausschöpfen.

 

Die CDU möchte durch den Landtag feststellen lassen, dass die deutschen Kernkraftwerke gebaut sind und sicher laufen, weshalb ein Weiterbetrieb in einer Situation, in der jeder Energieträger gebraucht wird, unbedenklich oder sogar angezeigt ist – zu spät, sie laufen nicht mehr –, zweiter Punkt, Deutschland mit Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2, aber auch Brokdorf und Grohnde über fünf bestehende, nicht im Rückbau befindliche Anlagen auf weltweit höchstem technischen und sicherheitstechnischen Niveau verfügte – also, sie laufen auch nicht mehr, das ist jetzt auch schon Vergangenheit. Dann soll festgestellt werden, dass die deutschen Kernkraftwerke bereits abgeschrieben sind und nun zu geringen Kosten Strom produzieren – nein, sie produzieren auch nicht zu geringen Kosten Strom. Das haben sie noch nie, denn wir wissen alle, dass das Märchen der billigen Atomkraft eben ein Märchen ist, denn, wenn man alles zusammenrechnet – von dem Bergbau bis hin zu den Atomendmülllagern –, dann kommen wir zu ganz anderen Zahlen, dann ist es nämlich die teuerste Stromentstehungsart, die wir haben.

 

Weiterhin soll festgestellt werden, dass die Nutzung der Kernenergie insbesondere im Vergleich zur Reaktivierung von alten Kohlekraftwerken mit einem deutlich geringeren Ausstoß an Kohlendioxid verbunden ist. Das kann man sicherlich feststellen, allerdings ist auch hier die Berechnung, die aufgemacht wird, nicht wirklich korrekt, denn aktuell gibt es in Deutschland schon 300.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktives Material sowie 10.500 Kubikmeter hochradioaktive Abfälle, die dauerhaft und sicher gelagert werden müssen. Auch das muss man in die CO2-Bilanz am Ende dazurechnen, auch die Emissionen, die beim Uranabbau, dessen Transport und der weiteren Verarbeitung der Brennelemente entstehen. Auch das muss man alles hinzurechnen. Am Ende ist nämlich gerade der Abbau spaltbaren Urans oder der Prozess, spaltbares Uran zu gewinnen, sehr mühselig. Es müssen 1.000 Tonnen Uranerz abgebaut werden, um 7 Kilogramm Uran zu gewinnen. Wer Ostthüringen kennt, kennt Ronneburg und die Umgebung und weiß, welche großen Herausforderungen es für die Umwelt damals und für die Menschen damals gegeben hat und für die Umwelt heute noch gibt.

 

Dann soll festgestellt werden, dass es wirtschaftlich absurd ist, hohe Millionenbeträge für den Rückbau von Anlagen auszugeben, die sicher und günstig weiterbetrieben werden können. Dazu will ich daran erinnern: Entschieden haben das im Jahr 2011 – am 30. Juni, in der 117. Sitzung des Deutschen Bundestags – die CDU/CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion gemeinsam, also insofern ist es schon merkwürdig, dass der Erkenntnisgewinn jetzt kommt.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Was haben wir noch, was entschieden werden soll? Die CDU fordert, dass die weitere Erforschung der Kernenergie zu noch effizienteren Verfahren führen wird und die Frage der Endlagerung entschieden entspannender wird – das ist auch textlich schwierig. Ja, wann wird diese Endlagerung entspannt, für wen, zu welchem Zeitpunkt, mit welchen Technologien, was machen wir mit dem schon existenten Atommüll und wer bezahlt das in der Zeit? Das sind alles Fragen, die dieser Antrag auch nicht beantwortet.

Weiterhin stellt die CDU fest, dass die deutsche Energieversorgung weder derzeit noch in naher Zukunft allein durch Wind- und Sonnenenergie zu gewährleisten sein wird. Das stimmt. Natürlich brauchen wir den massiven Ausbau dieser beiden und aller anderen erneuerbaren Energien, die wir haben. Wir leben aber auch in Deutschland nicht irgendwie isoliert in der Welt, sondern wir leben in einem staatenübergreifenden europäischen Strommarkt. Insofern ist auch hier der Austausch insbesondere erneuerbarer Systeme gegeben. Und mit diesem Märchen der Dunkelflaute und der sich daraus ergebenden Blackout-Gefahr werden wir uns später bei dem Antrag der AfD noch intensiver beschäftigen. Das will ich jetzt gar nicht genauer ausführen.

 

Am Ende möchte die CDU noch, dass die Landesregierung aufgefordert wird, für die fünf bestehenden und nicht in Rückbau befindlichen Druckwasserreaktor-Kraftwerke neue Brennelemente, zum Beispiel aus Kanada, zu erwerben. Auch das ist zu spät. Die Atomkraftwerke sind im Rückbau befindlich. Die Brennelemente aus Kanada würden auch Geld kosten, das würde auch quasi der Feststellung, die die CDU vorher wollte, entgegensprechen, dass Kernkraft die günstigste Art und Weise ist und dass ja alles quasi weiterlaufen könnte, wie es ist. Also das funktioniert auch nicht.

 

Am Ende muss man übrigens auch sagen, dass die Atomkraftbranche sich ja freigekauft hat mit 38 Milliarden Euro für alles das, was mit dem Rückbau und mit den Folgen der Atomkraft in Deutschland zu tun hat. Und das, was darüber hinausgeht – wir wissen ja jetzt schon, dass es teurer wird –, das zahlt am Ende der Steuerzahler. Also Atomkraft ist alles, aber nicht günstig.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zum letzten Punkt: Die CDU möchte die Landesregierung auffordern, gegenüber der Bundesregierung deutlich zu machen, dass die Nutzung der Kernenergie mindestens bis zum Ende dieses Jahrzehnts fortgesetzt wird. Auch das ist zu spät und wenn man jetzt konsequent sein will, so als CDU, müssten Sie mal einen Vorschlag machen, wo in Thüringen Atomkraftwerke gebaut werden können. Da gibt es ja nur wenig Möglichkeiten. Wir brauchen ja genügend Wasser, das heißt, es kann eigentlich nur an der Saale entstehen. Wenn Sie dann konsequent sind, dann müssten Sie sagen, der Standort vielleicht bei Unterwellenborn oder so in der Ecke würde funktionieren. Aber dann müssen wir auch noch ein Endmülllager schaffen, da müssen wir gucken – ich habe vorhin Ronneburg schon angesprochen –, vielleicht Reaktivierung der Schächte dort.

 

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Nein, die werden gerade geflutet!)

 

Auch wenn vielleicht nicht im besten Gestein. Das müssten Sie alles mal erklären, wenn Sie sagen, Sie möchten die Atom- und Kernenergie weiterführen.

 

Aber am Ende ist es auch zu spät und da will ich auch quasi enden mit meiner Rede und ich will enden mit den Worten von dem Kraftwerkschef Carsten Müller, der ist Betreiber des Isar 2 gewesen. Er stellte am Ende vor Kurzem fest: „Wir müssen Klartext sprechen, unseren Mitarbeitern gegenüber, aber auch der Bevölkerung gegenüber, wo wir stehen, was wir können und was wir aber auch nicht können. Heute haben wir die schwere Entscheidung getroffen, wir werden die Anlage nicht mehr weiterfahren können, es geht technisch und organisatorisch nicht mehr.“

 

Die Atomkraft in Deutschland ist am Ende und am Ende ist auch meine Rede. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien