Istanbul-Konvention in Thüringen umsetzen: Gewalt gegen Frauen und Mädchen und häusliche Gewalt verhüten und bekämpfen 1/2

Karola Stange

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/1634

 

Werte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörerinnen und Zuhörer am Livestream, der vorliegende Antrag in der Drucksache 7/1634 wartet schon lange auf die Beratung hier im Hohen Hause und ich bin sehr dankbar, dass wir es heute hinbekommen, endlich.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Den Antrag verdanken wir als rot-rot-grüne Koalition – ich denke, die demokratischen Parteien werden dem zustimmen – vor allem den Beschäftigten in den Frauenhäusern und Interventionsstellen, den Beschäftigten in den Frauenzentren, in den Familienzentren, in den Beratungsstellen für Kinder- und Jugendschutz – ich könnte noch eine Vielzahl von Expertinnen benennen, aber die Zeit lässt es an der Stelle nicht zu. Danke für Ihre Anregungen!

 

Wir wollen mit dem Antrag darauf hinweisen, dass Gewalt an Frauen und gegen Kinder ein No-Go ist. Es geht nicht, dass wir es weiterhin nur zur Kenntnis nehmen, sondern wir fordern auf, endlich die Istanbul-Konvention in all seinen Facetten auch in Thüringen umzusetzen. Dafür haben wir den Antrag formuliert und geschrieben und wir möchten, dass es sehr, sehr schnell geht.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Gewalt an Frauen – das sage ich noch mal ausdrücklich – darf nicht unkommentiert weiter hingenommen werden und Gewalt gegen Frauen und Kinder, auch gegen Seniorinnen muss geächtet werden von diesem Landtag aus und überall in Thüringen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP)

 

Wir streiten an der Stelle ausdrücklich auch dafür, dass das Ende der Femizide, der Tötungen von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, endlich sozusagen anerkannt und dass das geächtet wird. Für das Jahr 2019 liegt im Jahresbuch der Polizeilichen Kriminalstatistik eine genaue Aufgliederung von Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung vor. Von 1.497 bekannten Opfern waren demnach 176 männlich und 1.321 weiblich. Neun Straftaten gegen das Leben mit dem Merkmal „Partnerschaft“ in der Opfer-Täter-Beziehung wurden 2020 in Thüringen begangen. Es waren neun Straftaten gegen Frauen. Diese Zahlen sind allein aus dem Hellfeld zu erkennen. Aus diesem Grunde müssen wir diesem Thema noch mal mit mehr Aufmerksamkeit begegnen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, mit dem Beitritt zur Istanbul-Konvention entstand eine völkerrechtliche Verpflichtung, welche auch die Länder und Kommunen bindet. Eine Umsetzung der Konvention in Thüringen ist daher unverzichtbar.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zum Ersten ist diese Erarbeitung eines Aktionsplanes gemäß der Konvention notwendig. Die bisherigen Maßnahmenpläne gegen häusliche Gewalt sollen also in Aktionspläne umgesetzt werden, für die vor allen Dingen auch die Barrierefreiheit verpflichtend ist. Der Aktionsplan muss so erarbeitet werden, dass Gewalt an Frauen weiter zurückgedrängt wird. Mit der Errichtung einer Koordinierungsstelle nach Artikel 10 der Konvention wollen wir, dass diese Stelle umfassend arbeitet und die Akteurinnen vor Ort ihre Empfehlungen mit in diese Stelle hineingeben können und wir die Anregungen aus der Zivilgesellschaft mit aufnehmen.

 

Zweitens ist und muss die Konvention den bestehenden Gewaltschutz und Unterstützungseinrichtungen, die wir in Thüringen haben, das muss erweitert werden. Es war in den letzten Monaten schon immer die Rede davon, dass nach der Konvention in Thüringen ca. 180, 190 zusätzliche Plätze geschaffen werden müssen. Dieser Aufforderung sollten wir uns nicht versagen, sondern alles dafür tun, dass mit zukünftigen Haushalten die finanziellen Möglichkeiten geschaffen werden.

 

Ein dritter Punkt, den wir in dem Antrag als sehr wichtig erkennen und noch mal formuliert haben, ist das Anliegen, dass die Landesregierung im Bundesrat aktiv werden muss, damit Artikel 59 Abs. 2 und 3 der Konvention ausgesetzt wird. Warum sage ich das? Weil wir als Rot-Rot-Grün gern möchten, dass Betroffene von Gewalt, welche ein sogenanntes abgeleitetes Aufenthaltsrecht von ihrem Mann haben, also, dass dieses versagt wird und dass die Frauen, die von ihren Männern geschlagen, gedemütigt oder vergewaltigt werden, einen eigenständigen Aufenthaltstitel bekommen und somit in Deutschland endlich geschützt werden können.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Diesen letzten Satz will ich gern sagen – das ist eine Forderung von dem Juristinnenbund –: Lassen Sie uns gemeinsam an der argentinischen Bewegung orientieren. Da wurde vor Jahren ein Spruch – nicht nur ein Spruch, sondern auch Aktionen getätigt –: Ni una menos. Nicht eine Frau weniger – auch in Thüringen. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien