Integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung gemäß § 6 Abs. 3 des Thüringer Klimagesetzes / hier: Beratung und Stellungnahme durch den Landtag 1/2

Steffen Harzer

Zum Antrag der Landesregierung - Drucksache 6/7266

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen, einen wunderschönen guten Morgen an einem etwas verregneten Tag, vernieselten Tag! Es ist ja auch Zeit, dass wieder einmal etwas Wasser von oben herunterkommt. Im Sinne von „von oben kommt“ möchte ich mit einem Zitat vom Katholischen Büro Erfurt im Zuge des Anhörungsverfahrens zum Integrierten Maßnahmenprogramm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels im Freistaat Thüringen beginnen. Hier heißt es zu der Klimahysterie: „Die zunehmende globale Erwärmung stellt uns vor große Herausforderungen, denen wir nach übereinstimmender Meinung der Wissenschaft kaum entrinnen, sondern die wir allenfalls abmildern können. Insofern ist es zu begrüßen, wenn die zu erwartenden Folgen des Klimawandels für die einzelnen Bereiche der Gesellschaft und der Wirtschaft abgeschätzt und wirksame Anpassungsstrategien geplant werden. [...] Nicht nur ist mittlerweile zweifelsfrei festgestellt und für alle offensichtlich, dass unsere Art zu leben wesentliche und oft negative Auswirkungen auf unsere Umwelt hat. Es ist auch klar, dass ein ‚Weiter so‘ in vielen Bereichen schlicht keine Alternative mehr darstellt. Anpassungen an die Folgen des Klimawandels muss auch Veränderung unseres Lebensstils bedeuten“, schreibt die katholische Kirche. So viel also auch zu der Hysterie, die Sie jetzt hier zum Ende Ihrer Rede noch beschrieben haben, Herr Gruhner. Dies ist ja nicht nur die Meinung des Katholischen Büros in Erfurt, sondern ist auch die Meinung vom Papst Franziskus, wie er in seiner Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si“ beschrieben hat. Insofern ist es, denke ich, wichtig, dass wir heute nicht umsonst und nicht unnütz über Klimaschutz reden und dass wir auch zum Ende dieser Legislatur das tun, was wir die ganze Legislatur über betrieben haben, nämlich Energiepolitik und Klimaschutz nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen. Es hat eine gewisse Eigendynamik entwickelt, diese ganz Frage des Klimaschutzes, auch bedingt durch Greta Thunberg und auch bedingt durch Fridays for Future.

 

Jahrelang wurde von allen politischen Akteuren im öffentlichen Raum immer wieder beklagt, die Jugend ist unpolitisch, die Jugend tut nichts für die Zukunft. Der Jugend ist es egal, was im politischen Raum passiert. Die Jugend sitzt ja auch heute oben auf den Rängen. Auf einmal geht die Jugend auf die Straße, auf einmal demonstrieren Jugendliche für ihre Zukunft und dann heißt es: Nein, dass dürfen Sie auch nicht, weil, das machen sie am Freitag, das machen sie ja während der Schulzeit. Die sollen es doch am Samstag machen und sollen sich gefälligst da hinstellen und demonstrieren, wenn es keinen interessiert, weil, da fällt keine Schule aus.

 

Aber die Jugend hat sich nicht beirren lassen, die Jugend hat sich politisiert und es ist gut, dass sie sich politisiert. Letzten Freitag sind deutschlandweit 1,4 Millionen Jugendliche auf die Straße gegangen,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

in Erfurt allein 2.000, in Jena 2.000 und weltweit sind Millionen Menschen auf die Straße gegangen, Millionen Jugendliche und haben für ihre Zukunft demonstriert. Ich denke, das ist gut so. Diese Jugendlichen haben mit ihrer Demonstration Pro Klimaschutz und Pro-Klimaschutz-Bewegung einiges auch im öffentlichen Raum bewirkt. Sie haben auch bewirkt, dass unsere Bundesregierung sich endlich bewegt, dass unsere Bundesregierung etwas tut. Ob es richtig ist, darauf kommen wir noch zurück.

 

Es ist – denke ich – wichtig, dass wir auch darüber reden, auch heute, wenn in Erfurt eine Klimaschutzdemonstration ist, und auch heute, wenn die Kanzlerin hier nach Erfurt kommt und hier in diesem Saal, den wir dann nicht mehr betreten dürfen, entsprechend empfangen wird. Es ist – denke ich – richtig, darauf zu verweisen und das hat auch die Ministerin gemacht, dass das Klimapaket des Bundes viel zu lückenhaft ist und nicht ausreichend ambitioniert genug, um die Klimaschutzziele von Paris 2015 erreichen zu können.

 

Ich möchte nur mal auf ein Ziel verweisen, was die Kanzlerin vor ungefähr 10 Jahren ausgegeben hat. Zum 01.01.2020 sollten laut Frau Merkel eine Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen fahren. Zum 01.01.2019 waren 90.000 Stück zugelassen. Diese Differenz muss man auch mal sehen und diese Differenz ergibt sich natürlich auch aus der zurückliegenden Politik der Bundesregierung, federführend unter der CDU, dass keine Anstrengungen unternommen wurden, um E-Mobilität überhaupt zu fördern und E-Mobilität auf die Straße zu bringen. Erst in den letzten Jahren wird es entsprechend gemacht.

 

Ich kann da mittlerweile durchaus eigene Erfahrungen mitbringen. Ich fahre seit circa 14 Tagen ein Elektroauto, vier Jahre alt, mit einer Reichweite von 140 km und ich weiß, wie es ist, wenn man ein bisschen mehr Gas gibt und dann die letzten Kilometer überlegt, komme ich denn noch nach Erfurt oder komme ich nicht mehr nach Erfurt. Komme ich noch nach Hause oder komme ich nicht mehr nach Hause. Wenn man dann hier bei einer Ladesäule der Stadtwerke Erfurt steht und der Ladevorgang immer wieder abgebrochen wird, man also nicht laden kann, auch die Erfahrung habe ich gemacht. Ich weiß aber durchaus auch die Vorteile zu schätzen, die so ein Elektrofahrzeug bringt. Das leise Fahren, das gemütliche Fahren, der Anzug, den es auch durchaus hat. Es macht auch Spaß. Ich will diese Erfahrung jetzt hier nicht vertiefen, ich schreibe dazu ein Tagebuch, das kann man dann alles nachlesen.

 

Kommen wir wieder zurück auf Thüringen. Thüringen ist inzwischen auch eins von sieben Bundesländern einschließlich Berlin – auch darauf hat die Ministerin verwiesen –, was bisher ein Klimagesetz verabschiedet hat, und es hat sich damit konkrete Klimaziele gegeben. Das erwarten wir eigentlich auch von Bund, nicht nur ein Klimapaket, sondern auch konkrete Ziele. Was will denn die Bundesrepublik im Bereich Klimaschutz, im Bereich Klimaanpassung erreichen? Ich glaube, dazu ist es notwendig, dass wir hier ein Klimagesetz auf Bundesebenen haben.

 

Ich glaube, es ist auch beispielhaft von Thüringen, dass wir hier vorangehen und den Antrag eingebracht haben, auf den die Ministerin verwiesen hat, Klimaschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Ich bin ganz gespannt, Herr Gruhner, wie am 11. Oktober die Entscheidung dort fällt. Ich bin auch gespannt, wie die Bayern sich verhalten werden. Markus Söder, den Sie vorhin zitiert haben, macht ja hier verschiedene andere Sachen. Gerade, was Wind im Wald betrifft, ist Markus Söder vorbildgebend, Herr Gruhner – auch wenn Sie jetzt so tun, als wenn Sie nicht zuhören würden. Das müssen Sie sich schon mal anhören, dass Herr Söder explizit 100 Flächen im Staatsforst von Bayern für Wind im Wald heraussuchen lässt. Dass wir dort entsprechend Möglichkeiten finden, ist das, was Sie hier verteufeln. Seien wir doch mal ehrlich, wenn Sie von Windkraft reden und sich über Windkraft beklagen – keine Einladung zum runden Tisch –, dann frage ich mich, was mit Ihren fünf Windkraftforen war, wer da eine Einladung bekommen hat oder wer da als Referent geladen worden ist. Da gab es ja nie eine abweichende Meinung zu der vorherrschenden Meinung der CDU.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Sie müssen sich dann schon anhören, dass Sie Windkraft gar nicht wollen. Wenn Sie sagen, wir wollen keine Windkraft im Wald, dann ist ein Drittel von Thüringen schon mal weg. Und wenn Sie dann noch sagen, wir wollen die 10-H-Regelung, dann sind noch mal zwei Drittel von Thüringen weg. Nach Adam Riese ist dann ein Drittel plus zwei Drittel drei Drittel. Bedeutet: Nichts! Wir haben dann in Thüringen keine Windkraft mehr. Wie wir dann in ausreichender Menge unseren Strom erzeugen wollen, das erzählen Sie den Menschen nicht. Also, Herr Gruhner, Sie müssen da schon ein bisschen mehr auch Ihre eigenen Worte zur Kenntnis nehmen und da auch entsprechend darauf reagieren.

Frau Siegesmund hat auch zu Recht darauf verwiesen, dass immer mehr Menschen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen müssen, was die Folgen der Klimaveränderung angeht. Aber es muss natürlich auch darum gehen, dass die Menschen sozial begleitet werden, sodass alle in der Lage sind, Herr Gruhner, ohne soziale Härten ihre Klimabeiträge zu leisten – natürlich auch bei Ihnen im Landkreis Greiz, Herr Gruhner. Das ist der einzige Landkreis – wenn man dann mal über die Mobilität spricht –, der das Azubiticket nicht eingeführt hat. So viel zur umweltfreundlichen Mobilität und zur bezahlbaren, sozial verträglichen Mobilität, die Sie hier eingefordert haben!

Wenn Sie über sozial verträgliche Mobilität reden, über soziale Komponenten, dann muss man Ihnen mal sagen, was die Bundesregierung beschlossen hat: die Pendlerpauschale ab Kilometer 21. Der durchschnittliche Pendler in Deutschland pendelt nach ADAC 16,5 Kilometer. Also ist der durchschnittliche Pendler nicht betroffen. Die Pendler, die sozial schwach sind, die Mindestlohn bekommen, die Aufstocker sind, die bekommen überhaupt keine Pendlerpauschale, weil sie die steuerliche Absetzbarkeit der Pendlerpauschale gar nicht nutzen können. Auch die steuerlichen Modelle, die Sie erwähnt haben, die nutzen denen, die Steuern zahlen. Die nutzen uns als Gutverdienenden, aber die nutzen den Menschen der Mittelschicht, der ärmeren Bevölkerungsmehrheit in Deutschland nichts.

 

(Zwischenruf Abg. Gruhner, CDU: Deswegen wollen Sie eine höhere CO2-Steuer machen!)

 

Auch die 40 Prozent Abwrackprämie für ältere Ölheizungen nutzen den Menschen nichts, wenn sie die 60 Prozent nicht haben, Herr Gruhner. Das sind doch alles Luftnummern, die nur den Vermögenden in dieser Gesellschaft, den gut Verdienenden dieser Gesellschaft etwas nutzen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir brauchen keine steuerliche Absetzbarkeit, wenn man die Menschen, die die Steuern nicht zahlen können, oder die nicht ausreichend Steuern zahlen, dieses gar nicht in Anspruch nehmen können. Wir reden da über Menschen mit niedrigem Einkommen, über Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger, Sozialhilfeempfänger

 

(Beifall AfD)

 

und zum großen Teil mittlerweile auch über Rentner, die sich keine Triple-A-Energieeffizienzgeräte leisten können, und damit auch nichts zur CO2-Einsparung, zur Energieeinsparung tun können.

CO2 ist ein wichtiger Maßstab. Wir holen gegenwärtig – für die Klimaleugner der AfD sei das mal gesagt, für die menschengemachten Klimawandelleugner der AfD – in einem Jahr CO2 aus der Erde, das in einer Million Jahre eingelagert worden ist. Aber der CO2-Preis kann am Ende auch nur ein Feinsteuerungsinstrument sein in einer ordnungspolitischen Maßnahmenkette. Hier muss das Hauptgewicht auf öffentlichen Investitionen und auch auf gesetzlichen Geboten liegen.

 

Ich will nur auf eines hinweisen: zum Beispiel das Ozonloch. Bis heute hätten wir es nicht erreicht, diese Schließung des Ozonloches herbeizuführen, wenn es nicht in den 80er-Jahren ein Verbot von FCKW gegeben hätte. Auch darüber muss man natürlich in verschiedenen Punkten reden, auch über solche Geschichten muss man reden. Eine CO2-Bepreisung muss am Ende durch eine finanzielle Kompensation auch so ausgestaltet sein, dass die untere Hälfte der Einkommensbezieher in Deutschland dadurch in Netto nicht belastet wird und dass eben keine soziale Selektion stattfindet. Die findet mit diesem Maßnahmenpaket der Bundesregierung jetzt statt, mit diesem Kompromiss, der in einer Nachtsitzung getroffen worden ist. Der CO2-Preis muss eine wirklich relevante Lenkungswirkung erzielen, einen klaren Preispfad nach oben haben, denn nur dann wird die Abkehr von fossilen Energieträgern für Zukunftsinvestitionen zum zentralen Kostenfaktor. Beim Preispfad sollten wir uns an den CO2-Schadenskosten orientieren, die vom Umweltbundesamt derzeit auf 180 Euro pro Tonne CO2 veranschlagt werden, sowie am tatsächlich erreichten Fortschritt beim Erreichen der Sektorenziele.

Die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten aber auch wieder verteilt werden. Da gibt es auch konkrete Vorstellungen von unserer Seite, zum Beispiel indem wir diese zu 80 Prozent als Öko-Bonus an alle Haushalte außer dem oberen Viertel der Einkommensbezieher zurückzahlen – in Form einer Pro-Kopf-Pauschale zum Ausgleich der steigenden Kosten für fossile Brenn- und Treibstoffe –, zu 10 Prozent an alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland – in Abhängigkeit von der inländischen Lohnsumme – und zu 10 Prozent über einen Härtefallfonds, der bei Menschen mit niedrigem Einkommen eine unverhältnismäßig hohe Belastung durch den CO2-Preis kompensiert, zum Beispiel als Heizkostenzuschuss für schlecht gedämmte Wohnungen mit veralteten Ölheizungen oder als Abwrackprämie für stromfressende Haushaltsgeräte.

Die erste Gruppe der besonders von der CO2-Abgabe betroffenen Menschen sind Pendlerinnen mit niedrigem Einkommen – ich habe schon darauf verwiesen –, deren Belastung durch steigende Treibstoffpreise durch die gleichzeitige Umstellung der steuerlichen Entfernungspauschale auf ein Mobilitätsgeld ausgeglichen werden könnte. Statt der Absetzbarkeit der Pendlerpauschale zum persönlichen Steuersatz sollten alle Pendlerinnen in Zukunft einen einheitlichen Betrag pro Entfernungskilometer steuerlich gutgeschrieben bekommen. Das Mobilitätsgeld sollte also unabhängig vom individuellen Steuersatz geschrieben werden.

 

Was überhaupt noch nicht erwähnt worden ist und was, denke ich, auch ein wichtiger Punkt ist, wenn wir über Klima und Klimaschutz reden, ist natürlich die ganze Frage: Umweltzerstörung durch Kriege in dieser Welt und auch Umweltzerstörung durch Kriege, die mit deutschen Waffen in dieser Welt betrieben werden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Auch darauf muss man, glaube ich, in einer Debatte hinweisen: dass in den bewaffneten Konflikten dieser Welt alle sieben Minuten weltweit ein Mensch durch eine deutsche Waffe getötet wird. Nicht nur das ist schlimm, aber auch diese Umweltzerstörung dann. Da müssen wir mal nach Syrien gehen, wie dort flächendeckend durch den Krieg Land zerstört worden ist, Land unbewohnbar gemacht worden ist. Man kann es auch im Irak sehen, man sieht es jetzt im Jemen, wie dort die Kriege die Umwelt zerstören, wie sie Umwelt für Menschen nicht mehr erlebbar machen und wie wir als reiches Europa, als reiche Länder zuschauen und dieses mit ermöglichen, indem wir dort nicht dafür sorgen, dass Kriege nicht mehr stattfinden, und stattdessen noch als deutscher Exporteur von Waffen unsere Waffen dahin bringen.

 

Ich glaube, wir haben da genug zu tun, auch darüber zu reden, wie wir zukünftig eine friedliche Weltordnung wollen, wie wir eine friedliche Weltordnung herbeiführen und wie wir auch die Klimazerstörung in einer friedlichen Weltordnung verhindern wollen.

Gehen wir weiter im Text: Im April dieses Jahres legte unser Umweltministerium die Abhandlung „Umweltwirtschaft in Thüringen. Leitmärkte, Zahlen und Fakten“ vor. Darin sind zum Beispiel Unternehmen aufgelistet, die im Zusammenhang mit erneuerbaren Energieformen, Speichertechnologien, umweltfreundlicher Mobilität, Energieeffizienz, Energieeinsparung und auch Gewässerschutzmaßnahmen einerseits viel für den Umwelt- und Klimaschutz tun, andererseits auch selbst davon profitieren, weil sich die Maßnahmen – richtig angewandt – am Ende auch wirtschaftlich positiv auswirken. Solche Initiativen sind insgesamt gut für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung in Thüringen und darüber hinaus. Das Positive, denke ich, ist am Ende dann dabei auch, dass Thüringen nicht nur an eine Seite der Medaille, sondern an beide Seiten der Medaille denkt: mit der integrierten Energie- und Klimaschutzstrategie für die Klimavorsorge und mit dem integrierten Maßnahmenprogramm zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels – IMPAKT – auch die andere Seite beleuchtet.

 

Da bin ich auch wieder beim Wald. Die Ministerin hat sehr deutlich klargestellt, dass dieser, wenn er intakt ist, sehr zu einem gesunden Klima beitragen kann. Herr Gruhner, ich weiß nicht, wo Sie zusätzlichen Wald, wie Sie angemahnt haben, in Thüringen haben wollen. Zusätzlicher Wald bedeutet ja auch wieder Fläche, die bereitgestellt werden muss. Wollen wir jetzt landwirtschaftliche Nutzfläche, Grünfläche oder städtische Fläche dazu nehmen, wollen wir auf irgendwelchen Flächen, auf denen die Besiedlung abgenommen hat, die Häuser abreißen und dort Bäume pflanzen, um dort zusätzlichen Wald bereitzustellen? – Nein, es muss klares Ziel sein: Wir müssen den Wald, den wir haben, umbauen.

 

Ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen, Herr Gruhner. Ich war 18 Jahre Bürgermeister einer der waldreichsten Kommunen in Thüringen. Wir haben bereits 1996 unter meiner Ägide angefangen, den Wald umzubauen, weil wir einen klugen Förster hatten. Und dieser Wald ist heute Beispiel für viele andere, die Waldbau betreiben, die Waldumbau machen. Aber auch dieser Wald hat Schäden. Wir hatten erst im letzten Stadtrat darüber einen Bericht, dass auch dort 5.500 Festmeter Borkenkäferholz angefallen sind, dass auch dort knapp 300 Festmeter Dürreholz angefallen sind, die jetzt erkennbar sind. Ich möchte nicht darüber reden, was vielleicht erkennbar ist, wenn der Winter vorbei ist und gewisse Bäume dann nicht mehr ausschlagen, weil sie dürre sind. Er hat auch darauf hingewiesen, woran es liegt, dass die Bäume – Flachwurzler – dürr werden, weil einfach die ökologischen Verhältnisse, die Verbindungen zwischen den Grundwasserleitern und der Oberfläche, nicht mehr da sind und dass es zwei, drei, vier Jahre mit normalen Niederschlägen dauert, bis die wieder aufgebaut sind, bis dort wieder Wasser erscheint. Und es gibt Beispiele in Thüringen, da hat man Messungen in 1,5 Metern Tiefe gemacht und festgestellt, dass seit zwei Jahren in 1,5 Metern Tiefe kein Wasser mehr ankommt.

 

Auch das ist Realität und das sind Sachen, die eine Landesregierung nicht beeinflussen kann, Herr Gruhner. Es tut mir auch wirklich leid, beim besten Willen, da können Sie auf die Landesregierung schimpfen und einprügeln, das kann sie nun mal wirklich nicht leisten. Wir können nicht Bäume pflanzen, wie Sie es schaumäßig machen, die dann gegossen werden, damit sie überhaupt überleben, weil Sie die im Sommer gepflanzt haben. Also bitte: Hier müssen wir schon ein bisschen die Kirche im Dorf lassen.

Ich kann auch in anderen Bereichen durchaus mitreden, die Ministerin hat vorhin Gotha, Erfurt und Jena benannt,

 

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

ich will dann auch mal Hildburghausen benennen. Wir haben zu meiner Zeit das erste Windrad in Südthüringen gebaut, das läuft heute noch, nach 20 Jahren. Wir haben zu meiner Zeit das damals größte Solarkraftwerk gebaut, wir haben zu meiner Zeit die Fernwärmeversorgung der Stadt zu 70 Prozent auf erneuerbare Energien umgestellt und wir haben zu meiner Zeit begonnen, in der größten Kläranlage einen Faulturm zu bauen, um dort die Energie für die Betreibung der Kläranlage zu nutzen. Also auch ohne staatliche Anreize konnte man schon immer viel machen, wenn man es denn gewollt hat.

Es ist wichtig, wenn wir mit dem Programm Zielgruppen in den Blick nehmen – Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen –, so wie wir es auch mit dem Klimagesetz tun und auch dort zum Beispiel die Fernwärme in den Blick nehmen, dass wir fordern, in vier Jahren Konzepte zu erstellen, wie die Fernwärmebetreiber ihre Netze auf erneuerbare Energien umstellen.

 

Viel tut unser Land auch für den klimafreundlichen Umbau im Bereich der Mobilität, als diejenigen mit den höchsten Klimaschädlichen Emissionen. Es geht um die Umkehr hin zu emissionsarmen bis emissionsfreien Antrieben, wie E Motoren oder Wasserstoff. Bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen sollte aber künftig stärker auch darauf geachtet werden, aus welchen Quellen die Rohstoffe für die Batterien stammen. Wir werden ja eine große Batteriefabrik in Thüringen am Erfurter Kreuz bekommen. Ich denke, wir müssen darauf achten, wo das Kobalt herkommt, dass es eben nicht durch Kinderarbeit gefördert wird, dass nicht die Natur zerstört wird bei der Gewinnung von Lithium wie im Norden Chiles in der Atacama-Wüste. Ich denke, auch dort gibt es klimafreundliche Alternativen und klimafreundliche Gewinnungsmethoden. Deshalb müssen wir auch hier – und das ist mein Appell – auf die Herkunft der Dinge achten, die wir für unser Leben nutzen.

Beide genannten Programme – das IEKS als auch das IMPAKT – wurden ausführlich im Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz debattiert und ich denke, wir haben auch eine ganze Reihe von guten Vorschlägen, Anregungen im Zusammenhang mit der schriftlichen Anhörung bekommen. Da die Legislaturperiode aber unmittelbar vor ihrem Ende steht, konnten viele Zuschriften nicht mehr tiefgründig ausgewertet werden. Deshalb wäre es gut, wenn die neue Landesregierung und der neue Landtag sich dieser Aufgabe annehmen und auch viele dieser Zuschriften entsprechend bewerten.

 

Zum Abschluss will ich nur noch mal aus dem aktuellen „Spiegel“ etwas zitieren für unsere Atomkraftfans von der AfD. Die Risiken der Atomkraft, denke ich, sind bekannt. Die Atomendlagersuche, die gerade läuft, die braucht ja Voraussetzungen, dass über 100.000 Jahre dort nichts passiert. Thüringen ist ja auch betroffen; es war ja erst eine Veranstaltung diese Woche auch in Erfurt dazu – Endlagersuche. Ich möchte gar nicht die Reaktion der AfD sehen, sollte Thüringen in die nähere Auswahl kommen, was dann die AfD veranstaltet: Die böse Landesregierung hat hier nichts gemacht, die Ministerin hat nicht dafür gesorgt oder der Ministerpräsident, dass wir nicht für die Endlagersuche infrage kommen. Ich möchte es gar nicht hören. Aber wie gesagt, das werden wir dann erst im nächsten Jahr wissen, ob Thüringen in der näheren Auswahl ist. Aber Atomkraft wird global, Herr Kießling und Ihre Kollegen, immer unwichtiger. Die Kernkraft macht global nur noch 10 Prozent des Strommixes aus. Das sind 7,5 Prozent weniger als im Hochjahr 1996. 7,5 Prozent – das hat sich fast halbiert am globalen Strommix. Weltweit sind 80 der 417 Reaktoren älter als 41 Jahre und damit über dem eigentlichen Betriebsdatum. 192 sind älter als 31 Jahre und 46 Reaktoren werden gerade neu gebaut, 27 davon dauern etwas länger – der BER lässt grüßen –, werden deutlich teurer, Projekte werden deutlich teurer wie in England derzeit. Neue Kernkraftwerke rechnen sich nur noch mit öffentlichen Subventionen, was dazu führt, dass sich die Kosten auf 112 Dollar pro Megawattstunde steigern gegenüber Photovoltaik von 36 Dollar pro Megastunde oder Windenergie mit 29 Dollar pro Megawattstunde. Auch das sind reale Zahlen. Diese basieren auf den Aussagen des Nuklearanalysten Mycle Schneider, der Berater unter anderem der Internationalen Atomenergie-Organisation ist, der UNESCO, der WWF – das ist also auch kein heuriger Hase, der diese Zahlen ermittelt hat, untersucht hat und die aktuell im „Spiegel“ nachlesbar sind.

 

Zum Abschluss, ganz zum Abschluss will ich nur noch mal darauf hinweisen: Wir müssen aufpassen, dass Artensterben hat begonnen; das Artensterben in Deutschland, weltweit hat begonnen. Es gab in der Geschichte der Erde fünf große Artensterben, das erste vor 440 Millionen Jahren, das letzte vor 66 Millionen Jahren. Von großen Artensterben spricht man immer dann, wenn 75 Prozent der Arten aussterben. Auch das, sagt die Wissenschaft, steht uns eventuell bevor, wenn wir nicht handeln. Und eines sollte uns zu denken geben, das sagt mein 16-jähriger Sohn immer zu mir; wenn wir uns darüber unterhalten, sagt er: Vater, du musst immer sagen, bei diesen fünf großen Artensterben ist immer die dominierende Spezies ausgestorben. Vor 66 Millionen Jahren waren es die Dinosaurier, tun wir alles dafür, dass es nicht in 100 Jahren der Mensch ist. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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