ICE-Trasse Nürnberg-Erfurt-Berlin muss gebaut werden

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1347 -


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich finde es gut, dass das Thema auf die Tagesordnung gekommen ist. Dass so apodiktisch gefordert wird, die Strecke muss gebaut werden, finde ich weniger gut. An der Stelle teile ich die Bedenken des damaligen Verkehrsministers Müntefering, der sich für einen Baustopp ausgesprochen hatte, einmal aus Gründen der Finanzierbarkeit, die anderen Gründe hat uns Frau Doht schon genannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass diese Strecke, die ja insgesamt in der Diskussion stand, eine politische Entscheidung war und nach wie vor die wirtschaftlichen und inhaltlichen Gründe und die Auswirkungen für das Land Thüringen einfach unter den Tisch gekehrt werden. Sie sind ab und zu in der Diskussion hochgekommen. Die Studie des Umweltbundesamts, die sich mit der Entwicklung eines umweltverträglichen Güterverkehrs in Deutschland in Verbindung mit den nationalen Klimazielen befasst, hat diese Probleme noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt.

Hier sollte tatsächlich die Landesregierung ihre Verantwortung darin sehen, dass ein Prüfauftrag und eine Prüfung von der gegenwärtigen Situation und den Auswirkungen auf Thüringen veranlasst werden. Wir wissen, dass die Studie die Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt-Halle-Leipzig als ein kostenträchtiges Prestigeobjekt bezeichnet, das neben „Stuttgart 21“ in guter Gesellschaft ist, und ihre Überflüssigkeit und wenig zielführende Auswirkungen für die Verkehrsentwicklung genau benennt. Die Erkenntnisse sind teilweise nicht neu, die diese Bewertungen hervorrufen. So wissen wir ganz genau, dass die dicht besiedelten Gebiete in Ostthüringen - Saalfeld/Jena - abgehängt werden vom Fernverkehr. Es ist ja zwar sehr löblich, wenn dann gesagt wird, wir müssen eine bessere Anbindung von Jena, Saalfeld und Gera nach Erfurt garantieren, aber das wird die Landesregierung Geld kosten. Es werden Regionalisierungsmittel sein, die dort mit zum Zuge kommen und nicht die Fernverkehrsverbindungen, die bisher bestanden haben. Dagegen sind nicht nur die Anrainerstädte, sondern auch Wirtschaftsverbände schon auf die Barrikade gegangen. Es wird ein immenser Kostenanstieg dieser Strecke immer zu verzeichnen sein. Im Jahr 2002 wurde schon einmal löblich getitelt: „Mit dem ICE ins Milliardengrab!“ Ich will nicht sagen, dass diese Streckenführung billiger geworden ist in der Vergangenheit. Auch die Wirtschaftlichkeit wurde vom BUND schon beizeiten angezweifelt, und zwar was die Vereinbarkeit von Personen- und Güterverkehr anbetrifft.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Da ist diese Lösung, dass man nachts fährt, gerade bei Kenntnisnahme der EU-Verordnung über den Vorrang des internationalen Schienenverkehrs einfach nur eine nette Behauptung, aber sie stellt sich nicht der Realität. Wir fordern deswegen an dieser Stelle nicht nur eine Prüfung, sondern auch eine Sicherstellung, dass gemeinsam mit den Anrainerländern und mit dem Bund eine erneute Diskussion aufgenommen wird, dass die Streckenführung entlang dieser Strecke oder auch in Thüringen mit einer effizienten Vertaktung und einer Steuerung zwischen Personen- und Güterverkehr noch einmal diskutiert wird. Ich will nur sagen: Auf das Problem, dass der Osten beispielsweise in Verbindung nach Tschechien und Polen über eine wesentlich bessere Güterverbindung verfügen muss, ist auch mit dieser Streckenführung und der Konzentration der Mittel in diese Richtung noch nicht einmal angedacht und noch nicht einmal diskutiert worden. Wir wollen deswegen mit der Proklamierung des Baustopps einfach erreichen, dass die Debatte wieder aufgenommen wird, dass wir uns über diese Punkte noch einmal verständigen und dass wir vor allen Dingen auch die Auswirkungen auf das Land Thüringen in finanzieller Hinsicht noch einmal prüfen. Denn wir haben im Moment immer noch die 50 Mio. € in der Schwebe für die Mitte-Deutschland-Verbindung. Da gibt es noch keine konkreten Aussagen. Das heißt also, wenn die Gelder in dieses Projekt der Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt-Halle-Leipzig verstärkt hineingehen - Sie alle wissen, Sie kennen die Meldung der letzten Monate, dass 47 Projekte der Deutschen Bahn nicht bis zu Ende finanziert sind -, dann ist natürlich klar, wenn diese teuren Projekte vorrangig fertiggestellt werden, dann bleibt für den Rest relativ wenig übrig und davon wird auch Thüringen sehr in Mitleidenschaft gezogen.

Wir fordern eine Prüfung des gegenwärtigen Standes, der Perspektiven und der Auswirkungen und vor allen Dingen, dass auch Alternativen noch für eine bessere Verbindung der Entwicklung des Thüringer Verkehrsnetzes in diesem Zusammenhang mitdiskutiert werden. In dem Zusammenhang könnten auch offene Fragen, wie Standsicherheitsprobleme beispielsweise bei der Trassenführung über die Kalianlage bei Roßleben noch einmal mitdiskutiert werden. Ich würde mich dem Titel insofern nicht anschließen, ich würde eine Diskussion fordern wollen im Namen der LINKEN, dass wir nicht einfach weiter so reden, dass wir nicht einfach den gegenwärtigen Stand zur Kenntnis nehmen, aber die Augen und die Ohren schließen.


(Beifall DIE LINKE)

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