Handeln gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken

Aktuelle Stunde - Drucksache 5/1437 -


Frau Ministerpräsidentin, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar, dass Sie sich zu Wort gemeldet haben und dass wir damit tatsächlich den Versuch unternehmen können, dass sich dieses Parlament etwas intensiver und vertiefter zu diesem Thema positioniert. Es ist nicht nur eine Frage der Koalition, sondern es ist eine Frage der Zukunftsentwicklung dieses Landes. Ich knüpfe ausdrücklich an die Ausführungen von Herrn Kollegen Machnig an - von der FDP ist er kein Kollege, von mir ist er Gewerkschaftskollege, das unterscheidet uns dann wieder -, er hat auf Opel hingewiesen. In der Opel-Frage haben wir aus sehr unterschiedlichen Perspektiven gemeinsam zum Schluss eine Stellungnahme erarbeitet. Wir haben hier auch eine gemeinsame Parlamentssitzung durchgeführt. Das ist von allen Seiten begrüßt worden. In der Frage, die jetzt ansteht, gebe ich Ihnen ausdrücklich recht, man muss es nüchtern betrachten. Es nützt auch nichts, noch einmal alle emotionalen Betrachtungen an die Wand zu malen, weil ich glaube, die sind allen Beteiligten klar. Dass es dann Kollegen bei Ihnen in der Fraktion gibt, die der Meinung sind, was interessiert uns die Debatte im Westen, als Herr Machnig seine Sozialisation ansprach, finde ich befremdlich, weil ich glaube, dass wir gesamtdeutsch die Verantwortung haben, auf diese gesellschaftliche Debatte zu reflektieren. Und ich bin in der gleichen Zeit politisch sozialisiert worden. Das ist auch die Entstehungsgeschichte der GRÜNEN; das ist die parteipolitische Entstehungsgeschichte der GRÜNEN. Trotzdem glaube ich, um alle diese Fragen geht es gar nicht. Wer ist wann wo mitgelaufen und wer hat vor welchem Atomlager gesessen oder nicht gesessen. Es geht um die Frage - deswegen habe ich Sie angesprochen - der Investitionsplanung. Wenn eine Bundesregierung eine feste Vereinbarung mit Konzernen trifft und nicht irgendeine Vereinbarung, eine, die deutlich mit Unterschriften der Konzerninhaber und deren Repräsentanten sagt, wir steigen aus der Atomwirtschaft in der und der Zeitachse aus, darauf reflektieren alle anderen Beteiligten am Markt. Deswegen verstehe ich die FDP in der Frage überhaupt nicht. Alle anderen Beteiligten orientieren sich auf diesen Vertrag und sagen okay, wenn das jetzt die Grundlage der politischen Entscheidung einer ganzen Bundesrepublik ist, getragen von der Bundesregierung und getragen von allen Akteuren, also der gesellschaftliche Konsens hergestellt ist und die Konzerne unterschreiben das, dann sind die Investitionsplanungen von jedem, der dann anschließend plant, zu bedenken und nicht einfach mit einem Federstrich wegzuwischen. Insoweit geht es um die Thüringer Stadtwerke. Insoweit geht es um die Brennelementesteuer, die dann abgezogen wird von der Berechnung, das finde ich als unglaubliche Vorgänge, die macht den ganzen Vorgang richtig unglaubwürdig. Wir werden übermorgen darüber hier im Hause debattieren. Ich würde mir wünschen, wenn wir da einen größeren Konsens bekommen, dass bestimmte Sachen einfach gar nicht gehen, überhaupt nicht gehen.


Aber zur Frage der Atomkraft sage ich mal, wenn Frau Bundeskanzlerin Merkel nach Litauen fährt, immerhin unser Patenland von unserem Parlament, wir waren gemeinsam dort und haben den Seimas besucht, und hält dann das Hohelied auf Atomkraft in Litauen, dann finde ich das befremdlich. Entweder sagen wir, wir betrachten die bestehenden Atomkraftwerke als Ausstiegsszenario, dann stellen wir uns ein auf regenerative Energie und ich sage ausdrücklich im gesamten Mix, das heißt Wind, Wasser, Biomasse, Solar und nicht nur eine einseitige Geschichte, sondern ein ganzer Mix und damit geht es auch wiederum um Thüringer Interessen. Es geht um die Produktionsseite. Die Solartechnologie hat einen wesentlichen Anteil in Erfurt und in Arnstadt und die Forschung sitzt in Jena, in Erfurt und in Ilmenau. Wir wären doch mit dem Klammersack gepudert, wenn wir dann einfach so tun, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun. Frau Kollegin Lieberknecht, als Abgeordnete spreche ich Sie dann doch an und sage, lassen Sie uns gemeinsam im Parlament nach einem Weg suchen, wie wir zusammen als Thüringer Parlament einen Akzent setzen.

Hamburg, an der Regierung sind wir nun nicht beteiligt, Saarland, an der Regierung sind wir nun nicht beteiligt, aber - Ihre Partei - beide Länder haben deutlich gesagt: Raus aus der Atompolitik und ein Nein zum Ausstieg aus dem Ausstieg. Also ich lade Sie ein, neben Hamburg und Saarland noch weitere Akzente zu setzen, dass wir sagen, dieses unzuverlässige Gebaren, was jetzt an den Tag gelegt wird, kann nicht die Maßgabe sein. Ein 50-Mrd.-Sonderprofit-Portfolio an die großen Stromkonzerne ist eine Wettbewerbsverzerrung der schlimmsten Art.


(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Präsidentin Diezel:


Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit geht zu Ende.


Abgeordneter Ramelow, DIE LINKE:


Ich hätte mir gewünscht, dass die FDP zu der Wettbewerbsverzerrung mal etwas sagt, weil da Kriegskassen von vier Stromkonzernen gefüllt werden gegen alle anderen regionalen, dezentralen Stromproduzenten, und darum muss es gehen, nah am Verbraucher Energie zu produzieren, statt in dieser Megatechnologie weiterzumachen bis in die Steinzeit.


(Beifall DIE LINKE)

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