Härtefallfonds zur Abmilderung von Härten in der Rentenüberleitung einführen – finanzielle und rechtliche Benachteiligung von in der DDR geschiedenen Frauen beenden 2/2

Karola Stange

Zum Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/3473

 

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, ich will gar nicht noch mal in die Historie zur Entstehung der Unrechtstatbestände einsteigen. Aber ein bisschen heuchlerisch ist das hier von allen Seiten, so empfinde ich das,

 

(Beifall DIE LINKE)

 

wenn alle sagen, wir sind uns einig. Dann frag ich mich doch ernsthaft, warum die Einigkeit bis heute in Berlin nicht dazu geführt hat, dass endlich eine Lösung für die DDR-geschiedenen Frauen oder die anderen noch offenen 17 Gruppen auf den Weg gebracht worden ist. Warum?

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und es wird ja noch verrückter: Also wenn wir uns über Geld unterhalten, ob das nun 2.500 Euro oder vielleicht 5.000 Euro sind oder ob wir das mit der Grundsicherungsgrenze betrachten müssen und ob das Geld reicht und wie die Länder sich beteiligen, da sage ich immer, gucken Sie zurück in die letzten Jahrzehnte, wenn es der Wirtschaft schlecht ging. Die Pandemie will ich gar nicht nehmen, sondern die wirtschaftliche Phase 2008/2009 sozusagen, wo es der Wirtschaft schlecht ging, da wurden innerhalb weniger Wochen Milliarden zur Rettung von Banken, zur Rettung von Flugunternehmen usw. usf. freigesetzt. Da hatten wir die Gelder parat, aber bei der Gerechtigkeitsfrage, was das Thema „Rente“ anbelangt, da zicken wir bis heute rum und alle Frauen und auch Männer,

 

(Beifall DIE LINKE, AfD, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

die zuhören, denken einfach: Was ist denn mit denen los? Nichts passiert. Herr Worm, und da will ich Sie auch ein Stückchen zurückweisen. Wir haben, als Sie in der Regierung waren, als Opposition – und bei Rente werde ich ganz emotional – eine Vielzahl von Änderungs- und anderen Anträgen gestellt. Ich habe nicht einmal erlebt, dass ein Antrag aus unserer Oppositionszeit nur die Chance hatte, mit eventuell in den Ausschuss überwiesen oder aus dem Ausschuss heraus als gemeinsamer Antrag als Bundesratsinitiative verabschiedet zu werden. Nichts ist passiert, Herr Worm.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Es ist von uns kein einziger Antrag …

 

(Zwischenruf Abg. Worm, CDU: Das können wir ja nachschauen!)

 

Nein, hören Sie auf, das können wir nachschauen, das ist nicht passiert, Herr Worm. Sie haben zwar immer hier vorn gestanden und haben genau wie heute beklagt, dass noch nichts geklärt ist, aber ein gemeinsamer Antrag, der ist hier nicht über die Bühne gegangen. Ich hätte mich erinnert.

 

Und eine weitere Lücke will ich gern schließen, weil das ist mir so einfach, dass man sagt: Na ja, da haben wir einen Einigungsvertrag vergessen. Bei den DDR-Geschiedenen auf der Internetseite – und ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken –, da ist eindeutig formuliert: Mit der Einführung des Westrentenrechts, SGB VI, in den neuen Bundesländern beseitigte der deutsche Gesetzgeber ab 01.01.1997 den Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz für all unsere Alterssicherungsansprüche. Er bewirkte damit drastische Verminderungen der Versicherungsrenten und insbesondere eine frauenspezifische Diskriminierung für uns.

 

Also, es ist schon bewusst passiert mit bundesrechtlichen Gesetzlichkeiten, dass genau diese Dinge, die wir heute beklagen, nicht geklärt worden sind, im Gegenteil, dass die sogar noch verschärft worden sind. Und für meine Fraktion will ich eindeutig noch mal sagen: Der Verein der in der DDR geschiedenen Frauen hat meinen höchsten Respekt über die ganzen 28 Jahre, in denen die unterwegs sind. Da sind viele persönliche Schicksale geschehen. Die haben sich nicht nur bei uns Landtagsabgeordneten in den unterschiedlichen Bundesländern, sondern auch in Berlin bei den Bundestagsabgeordneten immer dafür ausgesprochen, dass es eine gemeinsame Regelung gibt. Sie haben Ideen auf den Tisch gelegt, die auch im Gesetzestext und in Anträgen meiner Fraktion im Bundestag in der 16. und 17. Legislatur auf den Weg gebracht worden sind. Aber die Einigkeit war nicht da, sonst hätten wir das nämlich heute nicht als Thema. Es wurde nicht zugestimmt. Da gab es auch schon die Idee einer eventuellen Lösung über einen Fonds.

 

An der Stelle will ich noch mal aus einem Protokoll vorlesen, auch von der Seite der in der DDR Geschiedenen, nur damit wir es einordnen können, wenn wir uns irgendwie gemeinsam vielleicht freuen oder mit Skepsis den Fonds betrachten. Die haben geschrieben: „Die Ausführungen zum Entwurf des Eckpunktepapiers führten bei allen Mitgliedern des Runden Tisches zu einer großen Enttäuschung. In der anschließenden Diskussion wurde festgestellt, dass der vorgestellte Entwurf nicht zufriedenstellend ist. Dafür haben die Gruppen in den letzten 20 Jahren nicht gearbeitet. Die vorgesehene Fondslösung mit den Erfüllungskriterien“ – über die haben wir bereits gesprochen – „wird nicht zu einer Befriedigung beitragen.“ Ja, das ist es. Ich würde mir wünschen, wenn wir in den verbleibenden Monaten einen Rentenantrag auf den Weg bringen, dass genau das drinsteht, dass wir nicht nur eine Fondslösung haben, sondern eine Insgesamtlösung für all die 17 Gruppen, nicht nur mit den Kriterien, also mindestens zehn Jahre verheiratet oder zehn Jahre berufstätig, sondern wer Unrecht erlitten hat, das muss jetzt beseitigt werden. Danke schön.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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