Gewappnet für den Ernstfall? Reform des Thüringer Katastrophenschutzes endlich angehen!

Donata Vogtschmidt

Zum Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6817

 

Danke schön. Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten ja heute den CDU-Antrag zum Thema „Katastrophenschutz“ und es wurde vorhin ganz kurz schon angesprochen: Eigentlich handelt es sich dabei ja um ein längst überholtes Überbleibsel aus den Haushaltsverhandlungen vom Dezember 2022, weil es die CDU damals nicht, wie eigentlich zunächst vorgesehen, als Entschließung eingereicht hat, sondern es uns seitdem auf der Tagesordnung hier im Plenum begleitet.

 

Der Antrag enthält auch inhaltlich ziemlich viel Überholtes und wir sind als Linke etwas verwundert gewesen, warum die CDU diesen Antrag nicht längst zurückgezogen, sondern gestern noch mal eine Neufassung eingereicht hat, die leider auch weiter einige Fehler enthält. Denn die enthaltene Polemik, dass der Freistaat Thüringen überhaupt nicht in der notwendigen Art und Weise auf komplexe Katastrophen- und Krisenfälle vorbereitet sei und es bisher anders als andere Länder versäumt habe, neue Konzepte für den Katastrophenschutz zu entwickeln, ist ehrlich gesagt auch eine Frechheit, vor allem gegenüber den ehrenamtlichen Aktiven in Thüringen, aber auch den hauptamtlichen Aktiven in den Landkreisen, kreisfreien Städten und auch in den Ministerien. Es ist vor allem auch ignorant gegenüber dem, was wir im Landtag auf den Weg gebracht haben, teilweise ja auch schon im Schulterschluss mit der Union gemeinsam.

 

In den neun Jahren der CDU-Regierung bis 2014 wurden 120 Millionen Euro für den Katastrophenschutz, für die Feuerwehren und auch für die Rettungsdienste bereitgestellt. Das hört sich zunächst erst mal viel an, war aber doch etwas zu wenig und hatte auch einen massiven Investitionsstau, den wir nun als Rot-Rot-Grün also Stück für Stück aufholen müssen, zur Folge. Im Vergleich dazu konnten in den letzten neun Jahren seit 2014 unter der rot-rot-grünen Regierung rund 340 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das entspricht durch diesen Faktor 2,8 fast einer Verdreifachung.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Aber auch aus unserer Sicht ist der Katschutz dadurch noch nicht am Optimum. Das heißt, da geht noch ein bisschen mehr.

Als Linke setzen wir uns auch massiv für die Umsetzung des 1-Prozent-Ziels ein, um in Auswertung der Ereignisse des Ahrtals, aber auch der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine im Notfall ad hoc 22.000 Thüringerinnen und Thüringer versorgen und betreuen zu können.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Dazu haben wir in der Zwischenzeit den Teil der dezentralen Katschutzlager von einst ungefähr 200.000 Euro in den Millionenbereich aufgestockt und ich erzähle auch weiter natürlich gern in jeder Rede von diesem 1-Prozent-Ziel, bis wir es auch in Thüringen endlich in dem Punkt erreicht haben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Wir haben bereits vieles in unserem Freistaat besser gemacht und wollen auch weiterhin gern vieles besser machen, denn ich sagte ja schon, da ist noch Luft nach oben. Dazu wünschen wir uns aber auch einen konsequenten, konstruktiven und auch kollegialen Weg, wie wir dies bereits in der Vergangenheit auch gemeinsam mit der CDU zum Thema „Feuerwehr und Katastrophenschutz“ geschafft haben. Der Antrag enthält jedoch leider immer noch sehr offensichtliche und auch fachliche Fehler, die eine Zustimmung in dieser Form unmöglich machen, aber wir stimmen den Antrag heute ja auch nicht endgültig ab.

Beim Haushalt 2022 hatten wir als Linke gemeinsam mit unseren Partnerfraktionen von Rot-Rot-Grün Änderungsanträge eingebracht, die Mittel für die Vorhaltung wie Notstromaggregate, Sanitätsausrüstung, Einmalkleidung, Zelte usw. massiv zu erhöhen. Auch in den Vorjahren hatten wir die Mittel schon erhöht. Und auch die CDU hatte einen Änderungsantrag gestellt, den Katastrophenschutzfonds zu erhöhen, um adäquate Ausstattung zu besorgen, aber ohne dies weiter zu konkretisieren. Und auch in diesem Punkt wird der heute beratende Antrag wenig konkret. Wir haben damals schon der CDU aufgezeigt, dass dieser Weg der fachlich falsche Weg ist, da der Fonds erst dann greift, wenn nach § 25 und § 45 des

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Katastrophe eingetreten ist, der Schaden also bereits vorliegt. Ich kann es also nur wiederholen, der Fonds würde dann erst greifen, wenn die Katze aus Sack ist, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wenn der Drops bereits gelutscht ist, werte Kolleginnen und Kollegen.

Wenn wir also präventiv tätig sein wollen und die Ausstattung verbessern wollen, müssen wir beispielsweise die vier dezentralen Katastrophenschutzlager des Landes und die Hilfsorganisationen des Katastrophenschutzes stärken. Und genau das hat die CDU bei den Verhandlungen zum Haushalt 2023 zunächst verstanden und mit uns auch gemeinsam Mittel in genau diesem Bereich umgewidmet und erhöht sowie auf ihre ursprüngliche Änderung verzichtet, sodass jetzt neue Ausrüstung beschafft wird. Das ist auf jeden Fall ein positiver Punkt, denn damit konnten wir die Mittel für 2023 verzehnfachen.

 

Die logische Folge wäre also gewesen, die Forderungen zum Fonds in dem jetzigen Antrag zu streichen. Der ist ja auch bereits mit 2,3 Millionen Euro gut gefüllt und erhält neue Zuweisungen, sobald es Entnahmen gab. Dieser Erkenntnisgewinn hat sich nun also jedoch leider irgendwie in eine Erkenntnisamnesie gewandelt. Denn gerade der massive Krieg gegen die Menschen in der Ukraine und auch die gezielten Angriffe auf die dortigen Energieinfrastrukturen haben es gefordert, dass aus der Bundesrepublik zu Recht Notstromversorger an unsere europäischen Nachbarinnen und Nachbarn in der Ukraine abgegeben werden. Das THW entsandte dazu mehrere Hundert Geräte. Damit sind auch Fähigkeiten jetzt bei uns hier eingeschränkt, die sich teilweise in 2023 kompensieren lassen, aber eben nicht komplett. Umso mehr werben wir dafür, auch 2024 in die Vorhaltung zu investieren. Dazu lade ich auch heute gern schon die CDU ein, gemeinsam mit uns erneut im Millionenbereich im Haushalt 2024 gezielt dort tätig zu werden.

Außerdem enthält jetzt auch der Antrag der CDU noch Selbstverständlichkeiten, die bei uns im Freistaat schon längst umgesetzt werden. Zum Beispiel unter Punkt II Nr. 5 heißt es, dass regelmäßig Katastrophenschutzübungen durchgeführt werden sollen. Dazu ist der Antrag aber eigentlich nicht nötig, da wir in der aktuell gültigen Thüringer Katastrophenschutzverordnung vom November 2020 einen kompletten Paragrafen, § 6, haben, der sich mit der Durchführung der regelmäßigen Übungen befasst. Es ist also eigentlich schon geltendes Recht, was in dem Antrag der CDU aufgelistet ist. Und auch der Punkt Nr. 7, die Überprüfung der Waldbrandüberwachung aus der Luft, ist überholt, denn hier sind wir doch schon einige Schritte weiter.

 

(Zwischenruf Abg. Urbach, CDU: Nur angewendet wird es nicht!)

 

Denn auf Vorschlag der Linken, gemeinsamen mit unseren rot-grünen Koalitionspartnern, hat die CDU beim aktuellen Haushalt 2023 der Änderung zugestimmt, zusätzliche 25.000 Euro im Bereich der Sachverständigenkosten für den Brand- und Katastrophenschutz einzustellen, um darüber auch eine Studie genau dazu zu finanzieren, welche die bisherige Bekämpfung analysiert und auch anlässlich der Klimaveränderungen bis 2030 Forderungen trifft. Diese geht also deutlich weiter, soll auch Synergieeffekte mit anderen Bundesländern und Zuständigkeiten in den Blick nehmen. Und der dritte Punkt, ebenso hat auch die Landesregierung seit 2019 damit begonnen, die Drohnenfinanzierung zur Waldbrandbekämpfung in allen Landkreisen anzubieten. Leider haben nicht alle Landkreise bisher das Angebot genutzt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Auch das vorgesehene Kompetenzzentrum Waldbrand an der Feuerwehrschule gibt es ja quasi schon durch die aktuelle gemeinsame Zusammenarbeit von ThüringenForst und der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule und der Arbeit der AG Waldbrandschutz, an der auch das Innenministerium und das Infrastrukturministerium mit angedockt sind. Und auch hinsichtlich der mobilen Einsatzzentralen teilte uns das Innen- und Kommunalministerium bereits mit, dass diese längst im Landesbeschaffungsprogramm KatSchutz enthalten sind. Und der Bedarf von diesem „Labor 5.000“ bereits mehrfach gegenüber dem Bund angemeldet wurde und auch fortlaufend thematisiert werde.

 

Über die geforderte Aktualisierung von Alarm- und Einsatzplänen hat das Innenministerium erst vergangene Woche im zuständigen Kommunalausschuss berichtet und das geforderte Krisenmanagementkonzept befindet sich nach unserem Kenntnisstand aktuell auch in der Ressortabstimmung.

 

Sprich: Alles, was die CDU in diesem Antrag gerade anspricht, ist bereits erfolgt, wird derzeit umgesetzt oder ist fachlich auch nicht geeignet oder erforderlich.

 

(Zwischenruf Abg. Urbach, CDU: Alles, na super!)

 

Ja, super, finde ich nämlich auch!

 

Stattdessen hat der Thüringer Landtag bereits vor vier Monaten einen Antrag zum Katastrophenschutz beschlossen – Sie waren wahrscheinlich fast alle mit dabei –, nämlich in der Drucksache 7/6966 mit dem Titel „Sicher durch Krisensituationen – Katastrophenschutzstrukturen stärken“, eingebracht durch uns, Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Damit wurde auch beauftragt, eine Gesamtinventur einer Katastrophenschutzvorhaltung und eine Überprüfung der Anzahl und Standorte der Katschutzlager anzufertigen.

 

(Zwischenruf Abg. Urbach, CDU: Was ist passiert?)

 

Die Sensibilisierungskampagne „Bevölkerungswarnung und Katastrophenschutz“ und auch eine enge Abstimmung bei der Waldbrandbekämpfung aus der Luft in enger Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern wurden damit beschlossen. Natürlich ist unser Herzstück wie immer die weitere Modernisierung der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule, denn gerade die Schule ist für den Katastrophenschutz das Rückgrat für eine valide Ausbildung. Ich bin deswegen auch hocherfreut, dass nun in der Neufassung von dem CDU-Antrag steht, dass sich die Schule in Bad Köstritz befindet und nicht in Bad Blankenburg, wie Sie das in dem damaligen Entschließungsantrag im Dezember 2022 geschrieben hatten. Deswegen, herzlichen Glückwunsch zum Lerneffekt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Schule in Bad Köstritz liegt und nicht in Bad Blankenburg.

 

Mit dem Haushalt 2023 konnten wir also einen weiteren Personalaufwuchs auch an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule umsetzen, darunter auch viele Ausbilderinnen und Ausbilder für den Bevölkerungsschutz, sodass wir seit dem Regierungsantritt 2014 die Stellenanzahl um 75 Prozent erhöht haben, um Lehrgänge besser abzusichern. Unser Ziel ist und bleibt es, weiterhin die Attraktivität der Schule, aber auch für das Lehrpersonal selbst weiter zu steigern. Hier in dem Antrag also darzustellen, es würde nichts passieren oder es ist alles andere als sachgerecht, ist meines Erachtens schlicht und ergreifend auch unfair den aktuellen Akteurinnen und Akteuren gegenüber. Da wir jedoch bei dem Thema weiter an der Tradition des konstruktiven gemeinsamen Miteinanders hier im Thüringer Landtag festhalten wollen, möchten wir den Antrag gern gemeinsam auch weiterhin im Innen- und Kommunalausschuss fortberaten und stimmen der Ausschussüberweisung trotz fachlichen Bedenken zu.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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