Gesetz zur freiwilligen Neugliederung des Landkreises Wartburgkreis und der kreisfreien Stadt Eisenach, zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes

Anja Müller

Zum Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/7072

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrter Herr Bohl, ich begrüße Sie auch ganz herzlich heute hier im Plenarsaal

 

(Beifall DIE LINKE)

 

zu dem doch recht historischen Tag, das darf ich wohl auch mal sagen. Denn als Einwohnerin der Wartburgregion habe ich irgendwann schon fast nicht mehr geglaubt, dass wir diesen Gesetzentwurf hier und heute beraten. Es war ein sehr, sehr langer Prozess und für viele ehrenamtliche Kreistagsmitglieder des Landkreises und Stadtratsmitglieder der Stadt Eisenach doch nervenaufreibend. Den einen oder anderen hat das schon mal um den Schlaf gebracht, das kann man wohl deutlich mal sagen, weil – ich will es betonen – es war ehrenamtlich, was da in Zusammenarbeit – das darf man auch sagen – mit dem Landrat Krebs, mit Frau Oberbürgermeisterin und Herrn Bohl – Sie haben sich auch immer mit eingebracht – geleistet worden ist. Und selbstverständlich auch Danke an die Staatskanzlei und an Sie, Herr Staatssekretär Höhn, die die Geduld in diesem Prozess nicht verloren haben.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich habe es, glaube ich, jetzt das eine oder andere Mal auch diplomatisch formuliert. Und ich verhehle auch nicht, dass mich manche – und da gucke ich mal zu Herrn Walk – über die Zeitung geführte Debatte nach einer Stadtratssitzung doch manchmal erschreckt hat. Da hätte ich mir das direkte Gespräch schon viel früher gewünscht. Auch wir als Linken-Fraktion haben uns sowohl im Stadtrat als auch im Kreistag häufig zusammengefunden und haben miteinander über den Zukunftsvertrag, der uns vorgelegt worden ist, diskutiert und debattiert. Und da kann man auch sagen: Ja, es war nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen und wir hatten auch nicht immer Spaß aneinander, aber der Wille zur Fusion war bei beiden immer gegeben.

 

Nachdem nun im Dezember letzten Jahres die Fusion von Eisenach und Wartburgkreis am Stadtrat in Eisenach gescheitert ist und die Koalitionsfraktionen ihr Gesetz im Dezember 2018 – wie Frau Scheerschmidt ja schon erläutert hat – zurückgezogen haben, könnte man etwas sarkastisch beginnen und sagen: Neues Spiel, neues Glück. Aber nein, dafür ist dieses Vorhaben zu wichtig und für unsere gemeinsame Wartburgregion steht viel zu viel auf dem Spiel. Ich bin froh, dass sich in den Wochen nach dem Stadtratsbeschluss die Kräfte der Vernunft und des Fortschritts vor Ort durchgesetzt haben. Und da möchte ich noch mal allen ehrenamtlichen Stadt- und Kreistagsmitgliedern danken, aber auch – wie ich es eben schon gesagt habe – der Oberbürgermeisterin Wolf wie auch Landrat Krebs meinen, unseren Respekt aussprechen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem jetzt hier zu beratenden Gesetz zur freiwilligen Neugliederung des Landkreises Wartburgkreis und der kreisfreien Stadt Eisenach wird eine starke Region mit außerordentlich guten Entwicklungschancen entstehen. Sowohl die Aufgabenerfüllung der Stadt als auch des Landkreises wird gestärkt. Wie vorhin schon erzählt: Nachdem im Dezember letzten Jahres das Vorhaben knapp durch den Stadtrat in Eisenach gestoppt worden ist – da waren Sie ja auch daran beteiligt, Herr Walk –, haben sich nunmehr alle beteiligten Seiten auf einen Konsens verständigen können, um somit dieses zukunftsweisende Projekt auf den Weg zu bringen.

 

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Lieber besser als schlechter!)

 

Das Gesetz soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Ich finde, es war von Anfang an schon gut, Herr Walk. Aber bei Ihnen ging es immer wieder von vorne los, wenn es mal diese Position nicht war, dann war es wieder die Kreisstadtfrage, und das – das habe ich eben gesagt – hat viele Ehrenamtliche wirklich Nerven gekostet und ich bin wirklich dankbar, dass die nicht aufgegeben haben.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und ich weiß auch aus internen Gesprächen, auch gerade mit Mitgliedern der CDU-Kreistagsfraktion, dass die auch manchmal an ihrer CDU-Stadtfraktion gescheitert sind, dass die nicht mehr wussten, wo ist jetzt hinten und vorne, wie soll es jetzt weitergehen, was will uns eigentlich die Eisenacher CDU sagen. Also das war kein gutes Beispiel von Demokratie, das war eher Verhinderungsdemokratie, was da manchmal gefahren worden ist.

 

Das Ziel dieser Fusion sollte nun auch allen bekannt sein. Wir möchten die Schaffung von Gebietskörperschaften, die ihre Aufgaben auch unter den sich ändernden Rahmenbedingungen mit umfassender Leistungs- und Verwaltungskraft auf der Grundlage möglichst gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Landesteilen erfüllen können. Es sollen leistungs- und verwaltungsstarke Gebietskörperschaften geschaffen werden, die dauerhaft in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben in geordneter Haushaltswirtschaft sachgerecht, bürgernah, rechtssicher und eigenverantwortlich wahrzunehmen, und die gleichzeitig ein dauerhaft tragfähiges Fundament für die demokratische Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger abbilden. Diesen Zielvorstellungen wird die von der kreisfreien Stadt Eisenach und dem Landkreis Wartburgkreis angestrebte freiwillige Neugliederungsmaßnahme, die Eingliederung der Stadt in den Wartburgkreis und der Aufgabe ihrer Kreisfreiheit, gerecht.

 

Die fehlende Leistungsfähigkeit der Stadt Eisenach ist kein Vorwurf an die Akteure vor Ort, und das wissen wir. Eisenach hat überdurchschnittliche Steuereinnahmen, hat eine unterdurchschnittliche Verschuldung und trotzdem ein Defizit, und das ist im Ausgabenbereich angesiedelt, da – na klar – die Stadt Eisenach einerseits Stadt und andererseits gleichzeitig auch Landkreis in einem ist. Der Stadt Eisenach fehlt eben die solidarische Finanzierung des Fehlbetrags über die Kreisumlage, die auch noch leistungsabhängig von den kreisangehörigen Gemeinden getragen wird. Deshalb muss die kreisfreie Stadt aus ihrem eigenen Steueraufkommen Teile des Defizits für Landkreisaufgaben finanzieren. Jetzt hat die Stadt mit 43.000 Einwohnern zu Recht erkannt, selbst wenn zukünftig Eingemeindungen hinzukommen, ist eben die Wahrnehmung von Landkreisaufgaben, gerade was den Sozialbereich betrifft, effizient zu gestalten, zumal Eisenach wie ein Schwamm eben auch Leistungsbezieher im sozialen Transfersystem anzieht. Das ist nichts gegen die Leistungsbezieher, aber es kostet halt auch viel, viel Geld. Deswegen ist es doch vernünftig, dass dann künftig auch solidarisch leistungskraftabhängig alle kreisangehörigen Gemeinden in Eisenach bestimmte Dinge mitfinanzieren. Die damit verbundene Vergrößerung des Wartburgkreises ermöglicht eine Bündelung der vorhandenen Kräfte sowie eine effektivere und effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen. Die Vergrößerung wird gewährleisten, dass dem Landkreis auch unter veränderten Rahmenbedingungen ausreichend Handlungsspielräume zur Verfügung stehen, um eine sachgerechte Erfüllung aller Aufgaben sicherzustellen und gleichzeitig den steigenden Anforderungen an die öffentliche Daseinsvorsorge gerecht zu werden. Durch die Einkreisung wird die Leistungs- und Verwaltungskraft dieser Stadt auch selbst gestärkt sowie ein großräumiger Interessen- und Lastenausgleich zwischen diesen Städten und den sie umgebenden Landkreisen ermöglicht. Ausdrücklich möchte ich jetzt auch noch einmal deutlich unterstreichen: Der Freistaat fördert diese Neugliederungsmaßnahme mit 46 Millionen Euro. Ja, und da kann man schon mal deutlich sagen, dass dies nicht selbstverständlich ist. Zudem haben sowohl Minister Prof. Hoff als auch Staatssekretär Höhn in den letzten Wochen und Monaten den Prozess persönlich und häufig begleitet. Auch dafür geht ein kräftiges Dankeschön an alle.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ich begrüße ausdrücklich, dass die Stadt Eisenach als große Kreisstadt eingestuft wird und die Tatsache, dass Bad Salzungen Kreisstadt bleibt. Damit ist ein guter Interessenausgleich in der Region geschaffen und eine gleichwertige Entwicklung der beiden wunderbaren Städte – das kann man auch mal sagen – im Wartburgkreis gewährleistet. Es bleibt zu hoffen, dass nunmehr mit der Verabschiedung – dann später des Gesetzes – auch ein Signal an andere Regionen, liebe Ina, in unserem Land gesendet wird, damit auch diese sich auf den Weg zur Schaffung zukunftsfester Strukturen machen. Das können Sie auch getrost – du, als Wink mit dem Zaunpfahl – in die Richtung der Stadt Suhl verstehen. Der Prozess im Wartburgkreis und in Eisenach hat bewiesen, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, wenn auch manchmal ein längerer. Ich hoffe auf eine zügige Beratung im Innen- und Kommunalausschuss als federführendem Ausschuss, aber das Gesetz soll auch an den Justizausschuss überwiesen werden, damit wir dann im September im Landtag abschließend beraten und beschließen können. Dann wäre es doch schön – und da schaue ich noch einmal hoch auf die Tribüne –, wenn wir, wie es so bei einer Hochzeit üblich ist – vielleicht ist es eine Liebesheirat später, vielleicht auch nur eine Vernunftehe –, aber vielleicht doch ein großes Fest machen könnten, wo wir die Regionen zusammenbringen, die Menschen miteinander bekanntmachen. Das würde mich persönlich sehr freuen – und Herr Walk, das wäre doch der Kracher, wenn wir dann auf diesem Fest auch noch tanzen würden und das gebührend feiern. Also, lassen Sie uns gemeinsam zügig im Ausschuss diesen Gesetzentwurf angehen, damit wir dann im September was zum Tanzen haben. Ich danke Ihnen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

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