Gesetz zur Aufhebung des Thüringer Klimagesetzes

Katja Maurer

Zum Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 7/3375

 

Sehr geehrte Damen und Herren, werte Präsidentin! Ich möchte in meiner Rede zunächst Sie, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream, ansprechen und etwas mit dem aufräumen, was Sie gerade gehört haben, und Sie möglicherweise aufwecken, sollten Sie gerade eingeschlafen sein, da diese Debatte tatsächlich sehr wichtig ist und es um eine sehr wichtige Angelegenheit geht.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Natürlich möchte ich Sie an dieser Stelle auch sehr herzlich willkommen heißen zu dieser Debatte. Im vorliegenden Tagesordnungspunkt geht es also um das Thüringer Klimagesetz. Das sollten Sie vielleicht wissen, sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer: Erst 2018 hat der Thüringer Landtag dieses Gesetz beschlossen und hat damit als erstes Land der neuen Bundesländer so ein Papier vorgelegt. Und das war gut, denn damit haben wir jetzt einen konkreten Rahmen für klimafreundliches Handeln vereinbart und verbindliche Ziele zur Treibhausgasminderung gesetzt. Da geht es um ganz konkrete Dinge, zum Beispiel um Anforderungen an die zukünftige Energieversorgung. Es geht auch um unser Ziel, einen nahezu klimaneutralen Gebäudestand zu bauen, zu sanieren und wir reden auch unter anderem über den öffentlichen Personennahverkehr. Es geht also um ganz konkrete Dinge, die Sie zu Hause betreffen, die jeden und jede einzelne Person in Thüringen betreffen.

 

Nun hat die AfD vor einigen Monaten eingereicht, dass dieses wichtige Klimagesetz aufgehoben werden soll. Damit beschäftigen wir uns an dieser Stelle. Noch mal konkret: Es geht der AfD nicht darum, das Gesetz zu ergänzen, zu erweitern, zu korrigieren, wie gerade eben gesagt worden ist, es geht nicht darum, konkrete Änderungsvorschläge einzureichen, das Gesetz – das sehr jung ist – soll einfach gelöscht werden.

Ich will Ihnen sagen, warum das quasi eine politische Bankrotterklärung ist. Es geht der AfD nicht um die Bewältigung eines Problems, dass immer mehr Menschen auch in Thüringen trifft. Ich Sie mal an die Folgen der Starkregenereignisse in Thüringen erinnern, an die Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, an die Menschen, die zukünftig ihr Zuhause verlieren könnten. Nein, es geht der AfD nicht um diese Menschen, wie Sie gerade eben beschrieben haben, es geht Ihnen um pure Selbstdarstellung.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Mir ist schon klar, dass die AfD einzig und allein solche Anträge vorlegt, damit sie mal wieder eine nette Pressemitteilung rausgeben kann. Das machen Sie ja permanent, sich irgendein Thema raussuchen mit genügend Provokationspotenzial und dann dieses Thema ins Unendliche zu verkürzen, um dann wieder einen kleinen Öffentlichkeitsmoment für sich zu haben. Obwohl Sie eigentlich ja mittlerweile begriffen haben müssten, dass Ihre Anträge, Ihre Gesetze nicht einfach nur ein Tweet oder irgendein Post auf Facebook sind, mit dem Sie mal eben wieder etwas Öl ins Feuer gießen könnten. Das, was Sie hier zu Papier bringen, hat tatsächlich Einfluss auf das Leben der Menschen. Irre, wie man mit diesem Wissen so ein Gesetz abschaffen will.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zweitens ärgert mich die Initiative der AfD, weil sie die Menschen damit bewusst verunsichern wollen. Ich kann darauf mal genauer eingehen. Weder in Ihrem Gesetz selbst noch eben in der Begründung verlieren Sie ein Wort zu den Gesetzen des Bundes, zu Verpflichtungen des Klimaabkommens. Kein Wort zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – darauf gehe ich dann später noch ein –, kein Wort zu den Grundlagen, die uns als Land zurecht binden, weil das Ihr sogenanntes Gesetz, Ihren sogenannten Entwurf nämlich obsolet machen würde. Und bei aller Fantasie – und ich halte wirklich nichts von Ihrer Arbeit –, aber so verschroben können selbst Sie nicht sein, dass an Ihnen vorbeigegangen ist, dass wir dazu verpflichtet sind, das Klima und damit auch unsere Umwelt zu schützen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Also, ist das, was Sie hier tun, wie immer pure Provokation, pure Irrlichter, die Sie hier von sich geben, damit Sie mal wieder ganz kurz glänzen können.

Ich will Ihnen eins sagen: Ich glaube Ihnen das nicht. Ich nehme Ihren Irrsinn nicht ernst, dass Sie noch immer nicht an den Menschen gemachten Klimawandel glauben, dass Sie ernsthaft nicht begreifen, welchen Einfluss CO2 hat, und warum wir Treibhausgase eindämmen sollen. Ihnen Dummheit zu attestieren, das würde Ihnen gerade recht kommen.

 

Ich glaube, Sie sind einfach nicht in der Lage Schlussfolgerungen zu ziehen, und Klimaschutz ist Ihnen einfach zu wenig sexy, zu wenig aufregend, es passt nicht auf einen Ihrer verschrobenen, zu kleinen, blauen A5-Flyer, und deswegen leugnen Sie lieber, statt zu lösen.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Ein Klimagesetz, sehr geehrte Damen und Herren, das braucht nämlich Seiten über Seiten. Der Maßnahmenkatalog, das war viel Arbeit. Aber Ihre Propaganda, dafür haben Sie genau einen einzigen Satz gebraucht. Ich zitiere aus Ihrem Antrag: „Lösung: Das Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird aufgehoben.“

 

(Beifall AfD)

 

Wahnsinn. Das können Sie direkt vertwittern. Für diesen Schmarrn brauchen Sie nicht mal eine Kürzung.

 

Und drittens: Der Antrag ist genauso fatal, weil er konkrete weitreichende Folgen für alle hätte, würden wir ihn positiv abstimmen. Nicht zu versuchen, die Klimakrise abzuwenden, das kostet nämlich richtig, richtig viel Geld.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und wissen Sie was? Auch Ihre Wählerinnen und Wähler müssen blechen, wenn wir Politik so machen, wie es die AfD will. 670 Milliarden Euro – um genau zu sein – kostet uns die Klimakrise in Deutschland. Das hat das MCC Klimaforschungsinstitut erst veröffentlicht. Also, wem wollen Sie eigentlich erzählen, dass Ihr Antrag irgendwelche Einsparungen bringt? Denn so schreiben Sie es ja selbst, Zitat: „Keine Mehrkosten, vielmehr würde die Aufhebung des Gesetzes“ – damit meinen Sie unser Thüringer Klimagesetz – „für eine Einsparung von Mehrkosten in der Wirtschaft, beim Bürger und in der Verwaltung sorgen.“ Was für ein Quatsch!

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Diese Menschen, die Bürger, von denen Sie sprechen, die gerade so im Mittelfeld leben, die stehen gerade an einem Kipppunkt. Diese Menschen haben tatsächlich Sorgen, Angst, wie sich die Klimakrise auf ihr Leben auswirken wird. Schauen Sie sich dazu bitte gerne mal die neuesten Statistiken an. Die haben jetzt schon Probleme, ihre Miete zu zahlen, zur Arbeit zu kommen, die Lebensmittelpreise zu bezahlen. Für diese Menschen muss es doch unser Ziel sein, eine Lösung anzubieten. Aber diese Lösung bieten Sie nicht an. Sie wollen ein Gesetz löschen. Das war es. Während wir das machen, tagtäglich daran arbeiten, etwas zu verbessern, sitzen Sie bockig in der Ecke – schauen Sie sich selbst einmal an – und verschränken die Arme, und das ist einfach nur unwürdig für dieses Haus.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Schauen wir uns zuletzt noch einmal eine andere Perspektive an. Ich habe es ja vorhin schon mal angerissen: die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 zum Klimaschutzgesetz des Bundes.

 

Präsidentin Keller:

 

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Abgeordneten Thrum?

 

Abgeordnete Maurer, DIE LINKE:

 

Nein, vielen Dank.

 

Präsidentin Keller:

 

Nein, Herr Thrum.

 

Abgeordnete Maurer, DIE LINKE:

 

Also, ein Gesetz von diesem Jahr. Darüber haben wir in diesem Haus schon sehr oft gesprochen, und da hätten Sie eigentlich zuhören können. Das Bundesverfassungsgericht verlangt dort nämlich vom Staat, und damit auch – hören Sie zu – von den Bundesländern, ein aktives zielgerichtetes Handeln zum Klimaschutz mit Blick auf den Schutz zukünftiger Generationen. Und woher nehmen sie diese Verpflichtung? Das Bundesverfassungsgericht leitet diese Verpflichtung von den Umweltstaatszielen aus dem Grundgesetz ab, und jetzt wird es spannend: Auch die Thüringer Verfassung enthält in Artikel 31 ein solches Umweltstaatsziel, sogar inhaltlich ausführlicher als im Grundgesetz. Mit Staatszielen ist es so: Die schreiben wir nicht einfach auf, um sie uns an die Wand zu hängen. Diese Ziele sind ein Auftrag, und in diesem Auftrag müssen wir arbeiten. Und wissen Sie noch? Als Sie Abgeordnete geworden sind, haben Sie sich eigentlich diesem Auftrag verpflichtet. Angesichts dessen ist die Aufhebung des Thüringer Klimagesetzes einfach nur weltfremd.

 

Egal welchen kruden Ideen Sie nachhängen, ob Sie den Fakten zum Klimawandel nun Glauben schenken oder nicht: Thüringen in Unsicherheit zu bringen, nur, weil Sie einmal wieder eine Schlagzeile brauchen, ist einfach verantwortungslos. Da unterscheiden wir uns, Sie sich von dem Rest des Hauses. Sie sind nur der Schlagzeile verpflichtet. Wir dagegen machen uns an die nur schwer zu lösende Aufgabe, wirklich an der Klimaerwärmung etwas zu ändern. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dateien